Wortlaut der Reden
Dr. Wolfgang Bötsch, CDU/CSU | Dr. Christine Lucyga, SPD >> |
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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Ich beabsichtige, nur wenige Bemerkungen zu machen; denn die Argumente sind, wie ich glaube, zu dieser Stunde schon weitgehend ausgetauscht. (Beifall im ganzen Hause) Deshalb möchte ich von § 34 der Geschäftsordnung Gebrauch machen, in dem die Saalmikrophone sogar als erster Ort genannt sind, von dem aus man Ausführungen machen kann. Ich möchte mir erlauben, einiges zum Verlauf der heutigen Debatte zu sagen. Wenn die Vorfelddebatte, d. h., was in der Vorbereitung auf die heutige Debatte gesagt wurde, in der gleichen Art und Weise geführt worden wäre wie die heutige Diskussion -- das war leider nicht immer der Fall --, könnte das insgesamt ein Beispiel sein, wie wir in einer solchen Frage die Auseinandersetzung führen könnten. (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und der SPD) Ich möchte auch sagen: Ich bin froh, daß wir uns dazu entschieden haben, die Abstimmung offen durchzuführen, und allen Versuchungen, die an uns herangetragen wurden und die wir im Innern vielleicht sogar etwas gehegt haben, nämlich geheim abzustimmen und dafür die Geschäftsordnung zu ändern, widerstanden haben. (Zustimmung bei der CDU) Ich glaube nämlich, es ist nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht eines jeden Kollegen im Hause, seine Meinung offen zu sagen und sie dann auch in der Abstimmung kundzutun. Wir haben die heutige Debatte fair geführt. Im Vorfeld war das leider nicht immer der Fall. Das ging bis hin zu einer Anzeige, in der heute Graf Lambsdorff wegen seiner Entscheidung für Bonn, die er im Vorfeld bekanntgegeben hat, in einer für mich inakzeptablen Weise angesprochen wird. Heute hat sich auch gezeigt, wie richtig es war, daß wir uns zu einem sehr frühen Zeitpunkt darauf verständigt haben, daß die heutige Abstimmung keiner Fraktions-, Partei- oder Koalitionsdisziplin zugänglich sein kann. Ich glaube, das war eine gute Entscheidung. Auch das müssen wir, die wir in der Öffentlichkeit nicht immer mit so guten Noten -- mit schlechteren Noten, als wir es eigentlich verdient haben -- dargestellt werden, einmal vor der Öffentlichkeit sagen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD) Zur Sache: Ich hege große Bedenken und große Skepsis dagegen, Bundesregierung und Bundestag räumlich zu trennen; (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ich will das nicht verhehlen. Die Bundesregierung ist -- ich bitte, das nicht mißzuverstehen, Herr Bundeskanzler -- auch »Dienstleistungsunternehmen« nicht nur für das Parlament insgesamt als Kontrollorgan, sondern auch für viele einzelne Abgeordnete. Das gilt sowohl für die Regierungsfraktionen als auch für die Opposition. Ich halte das für ganz wichtig; das hat für mich einen großen Stellenwert. Ich sage das als einer, der sich in den vergangenen Wochen öffentlich als Befürworter des Parlaments- und Regierungssitzes Bonn bekannt hat und dies auch heute wiederholen will. Es ist hier viel von Symbolen geredet worden. Ich meine, wir sollten die Frage nicht nur symbolisch betrachten; ich habe mich vielmehr aus politisch-historischen, aus praktischen, aber auch aus finanziellen Gründen entschieden. Man kann Entscheidungen aus der Geschichte begründen, ich glaube aber, nicht nur aus der Geschichte der Vergangenheit, sondern auch aus dem, was Geschichte sein wird. Ich stimme denen zu, die dieser Auffassung sind. Aus der europäischen Zukunft heraus, die einmal Geschichte sein wird, halte ich es für nicht akzeptabel, zumindest jedenfalls für nicht sinnvoll, jetzt einen kompletten Parlaments- und Regierungssitz neu aufzubauen, wenn wir in wenigen Jahren die Politische Union -- das ist das Ziel wohl aller hier im Hause -- geschaffen haben werden. Es war keine Symbolik, meine Damen und Herren Kollegen, daß wir gewaltige Anstrengungen für benachteiligte Regionen schon in der Bundesrepublik Deutschland unternommen haben. Nein, nicht mit Symbolik, sondern mit täglicher Arbeit haben wir das bewältigt. Die tägliche Arbeit heißt heute: Arbeit für Dresden, für Leipzig, für Rostock, für Schwerin, für Güstrow und die Regionen, auch für Berlin -- jawohl. Das kann aber nicht darin bestehen, daß wir dort nur Symbolhandlungen aufbauen und gleichzeitig -- ich sage das als einer, der nicht in Bonn beheimatet ist -- in der Bonn-Region ohne Not neue, auch soziale Probleme dadurch schaffen, daß wir die Probleme jetzt in den neuen Ländern lösen wollen. Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Bötsch, der Nachteil des Saalmikrophons ist, daß Sie das rote Licht nicht sehen können. (Heiterkeit -- Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD) Dr. Wolfgang Bötsch (CDU/CSU): Insofern mein Schlußwort: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, bei Abwägung all der Argumente, die heute vorgetragen worden sind, Ihre Entscheidung für die bundesstaatliche Lösung, wie sie genannt wird, zu fällen und für den Regierungs- und Parlamentssitz Bonn Ihre Stimme abzugeben. Vielen Dank. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP und der SPD) Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin, die Sie gerade den Zwischenruf gemacht haben: Zu Ihrer Beruhigung, die kleine Überziehung des Kollegen Bötsch hielt sich etwa in dem Rahmen, in dem seine Vorredner überzogen haben. Was die Benotung -- auch da gab es Zeichen -- anbetrifft: Der sicherste Weg zu guten Noten ist immer, sie sich selbst zu erteilen. (Heiterkeit bei der CDU/CSU) Als nächste hat unsere Kollegin Dr. Christine Lucyga das Wort. |