Wortlaut der Reden
Peter Kittelmann, CDU/CSU | Peter Harald Rauen, CDU/CSU >> |
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ehmke, um der Redlichkeit willen müssen Sie zugestehen, daß wir bis in die letzten Jahre hinein im Bundestag Beschlüsse über die Hauptstadtgestaltung Berlins gefaßt haben. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE) Sie haben den Eindruck erweckt, als wenn Herr Brandt der einzige Lebende unter denjenigen sei, die das mitgestaltet haben. Herr Ehmke, Sie sollten sich, bevor Sie etwas Falsches behaupten, die Haushaltsausschußunterlagen ansehen. Ich habe in meiner Zeit als Bezirkspolitiker in Berlin und in den 15 Jahren, die ich jetzt hier im Deutschen Bundestag bin, immer angemahnt, daß wir die großen Flächen in der Innenstadt Berlins freihalten sollen. Diese sind alle freigehalten worden, obwohl Berlin viele Gelegenheiten gehabt hätte, diese zu bebauen. Dies geschah im Hinblick auf das Versprechen, daß dies die Flächen für die zukünftige Hauptstadt Deutschlands, für Parlaments- und Regierungssitz seien. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU -- Zuruf von der CDU/CSU: Sehr weitsichtig!) Dies alles, Herr Ehmke, wollen Sie nicht wahrhaben. Wem nutzen Sie damit? (Dr. Horst Ehmke [Bonn] [SPD]: Haben Sie dem Einigungsvertrag zugestimmt oder nicht?) Meine Damen und Herren, ich habe mich ernsthaft mit dem Gedanken auseinandergesetzt, den gerade junge Menschen immer wieder vorbringen, indem sie sagen -- ich habe das von Kollegen aus dem Hause vernommen --, daß sie als in der Nachkriegszeit Geborene echt und fest mit der Bonner Demokratie verbunden sind. Dafür habe ich Verständnis. Aber Bonner Demokratie heißt eben auch Berlin. Ich erinnere daran, die Nachkriegsdemokratie war das große Verdienst vieler, vieler Berliner Politiker. Ich erinnere an Ernst Reuter; ich erinnere an den hier sitzenden Willy Brandt und an Herrn Vogel, die in Berlin und in Bonn gewirkt haben; ich erinnere an Johann Baptist Gradl, an Jakob Kaiser, Ernst Lemmer, Hermann Ehlers, Franz Amrehn. Das sind alles Menschen, die das Grundgesetz ausgefüllt haben, die mitgearbeitet haben und in deren Kopf nie der Gedanke aufgekommen wäre, daß sie angesichts der Tatsache, daß sie in Bonn gearbeitet haben, nachher als Zeuge dafür benannt werden, daß sie in der Nachkriegszeit an der Bonner Demokratie mitgearbeitet haben. Nein, Sie haben an der deutschen Nachkriegsdemokratie mitgearbeitet. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Ich darf auch etwas zur Befindlichkeit sagen. Ich glaube, Herr Ehmke, ich habe niemanden aus den neuen Bundesländern hier reden hören, der nicht auch auf die Befindlichkeit aller Menschen in Deutschland, also auch auf die Menschen in Westdeutschland, Bezug genommen hat. Ich würde mich freuen, wenn Sie nicht den Versuch machten, zwischen den Menschen in den neuen Bundesländern und den Menschen in Westdeutschland zu differenzieren oder diese zu spalten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE) Ich habe noch eine Bitte. Die Bonner Bürger haben diese Stadt mitgestaltet und auch die Demokratie miterlebt. Wir Politiker, die wir seit langer Zeit hier sind, haben durch die unmittelbare Kontaktaufnahme zu den Bürgern durchaus eine breite Diskussionsgrundlage. Nur, die Demokratie in Deutschland unter persönlichen Opfern haben vor allen Dingen die Menschen in Berlin (West) mitgestaltet, indem sie standgehalten haben bei der Blockade, beim Chruschtschow-Ultimatum. Sie sind nach dem Bau der Mauer nicht aus Berlin »geflohen« oder »ausgewandert«. Sie haben also durch ihren persönlichen Einsatz dafür gesorgt, daß uns Berlin erhalten geblieben ist, daß dieses Berlin, wie der Bundeskanzler, wie Willy Brandt und viele andere es heute gesagt haben, die Voraussetzung dafür war, daß wir heute die Wiedervereinigung Deutschlands erlangt haben. (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Dr. Wolfgang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE]) Deshalb möchte ich auch etwas zu den Kollegen aus den neuen Bundesländern -- speziell denen in meiner Fraktion -- sagen. Ich habe Verständnis dafür, daß Sie mit Bitterkeit und teilweise auch mit Haß an die Zeit der kommunistischen Willkür, die in der ehemaligen DDR auf der Tagesordnung war, zurückdenken. Wir wissen auch, daß diese Willkür von Ost-Berlin ausging; bloß, meine Damen und Herren, es sind nicht Honecker oder Walter Ulbricht, über die wir heute sprechen, sondern wir sprechen gemeinsam über das große Beispiel, das uns die Berliner Bevölkerung im westlichen Teil der Stadt und -- leidend -- all die Menschen in der ehemaligen DDR gegeben haben. Sie haben auf den Tag der deutschen Einheit hingearbeitet. Ich als Westberliner bitte herzlich, uns nicht zu nahe zu treten, uns, die wir Jahrzehnte in dieser Stadt gearbeitet haben, indem Sie uns heute sagen: Von Berlin ging für uns immer etwas Schlechtes aus. -- Das war nicht das Berlin, über das wir hier sprechen! (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des Abg. Dr. Wolfang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE]) Ich habe auch Verständnis für den Antrag von Heiner Geißler -- ich bitte, auch darüber nachzudenken --, der ja im wesentlichen ein Stück Versöhnung anbietet. Wenn ich als Berliner Sie hier heute bitte, für Berlin zu stimmen, wenn Heiner Geißler mit seinem Antrag keinen Erfolg hat, dann deshalb -- hier appelliere ich vor allem an die jüngeren Abgeordneten, egal ob sie sich festgelegt haben oder nicht --, weil diese Entscheidung ein wichtiger Beitrag zur Glaubwürdigkeit vor der Geschichte ist. Wer heute so tut, als hätten wir uns nicht verpflichtet, beleidigt diejenigen, die Deutschland in der Nachkriegszeit im wesentlichen aufgebaut haben. Das sind die großen deutschen Kanzler von Adenauer über Kiesinger, Erhard, auch über Willy Brandt und Helmut Schmidt vor allem bis Helmut Kohl. Ich danke Ihnen. (Beifall bei der CDU/CSU) Vizepräsident Hans Klein: Das Wort hat der Abgeordnete Peter Harald Rauen. |