Wortlaut der Reden
Dr.-Ing. Dietmar Kansy, CDU/CSU | Birgit Homburger, FDP >> |
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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten sind uns in Hunderten von Resolutionen, Erklärungen, Briefen usw. viele Argumente pro und contra Berlin und pro und contra Bonn vorgetragen worden; darunter waren viele ernsthafte, abwägende, leider auch einige anmaßende und rechthaberische wie z. B. die eines Bonner Professors für Römisches Recht, der ernsthaft behauptete, nur von diesseits des Limes könne Deutschland vernünftig regiert werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, der Herr ist in der Zeit stehengeblieben, über die er lehrt. (Heiterkeit -- Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE) Aber, meine Damen und Herren, bei den Stellungnahmen für Bonn stehen neben allen historischen und pragmatischen Überlegungen die Zukunft dieser Region und die Angst Tausender, Zehntausender von Menschen im Mittelpunkt -- Angst um ihren Arbeitsplatz, vor einem eventuellen Umzug, vor dem Abstieg der Region. Die Berlin-Befürworter erinnern zu Recht hauptsächlich daran, daß diese Stadt verbunden ist mit dem Willen des deutschen Volkes zur Einheit in Freiheit, wie es heute morgen Wolfgang Schäuble und Willy Brandt so eindrucksvoll dargestellt haben. Deshalb war es bis zu dem Tag, wo die Einheit plötzlich da war, völlig unbestritten und selbstverständlich, daß Berlin Hauptstadt wird, und zwar nicht als leere Hülse, sondern mit Parlament und Regierung. Meine Damen und Herren, wir Politiker, alle in diesem Haus, haben das über Jahre hinweg gesagt. Ich persönlich kann deswegen heute nichts anderes reden als das, was ich während dreier Jahrzehnte politischer Arbeit geredet habe. (Zuruf von der SPD: Wunderbar!) Dennoch bin ich zunächst bereit, wenn auch schweren Herzens, den Versuch zu unterstützen, eine Aufgabenteilung herbeizuführen, die keine Mogelpackung zu Lasten Berlins ist. Das ist für mich der Vorschlag Heiner Geißlers, den er heute morgen begründet hat. Das Parlament ist das Herz dieser Demokratie. Der Bundestag in Berlin im zusammenwachsenden Deutschland und Europa auf der einen Seite, und hier der größte Teil der Arbeitsplätze -- die Menschen bangen darum -- auf der anderen Seite, das ist unbequem, ist nicht optimal, aber ich sage aus meiner langjährigen Arbeit in diesem Parlament und als Arbeitsgruppenvorsitzender einer großen Fraktion, der viel mit Ministerien, Behörden und Verbänden zu tun hat: Das ist machbar. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP) Weil das machbar ist, sollte das versucht werden, so meine ich, damit wir Wunden vermeiden können, von denen wir heute nicht wissen, ob wir sie jemals schließen können. Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch wenige Sätze zu einem Problem sagen, zu dem hier wieder etwas vorgetragen wurde, was falsch ist. Norbert Blüm hat damit angefangen, und es hat sich zehnmal wiederholt: Eine Konzentration auf Berlin würde das restliche Deutschland ausbluten. (Dr. Norbert Blüm [CDU/CSU]: Richtig, siehe Paris!) Das ist falsch. Die Raumordner -- so heißt das -- in ganz Europa sind in der großen Mehrheit der Auffassung, daß die prosperierende Zone Europas die Region Südengland, der Beneluxstaaten, von Rhein, Main, Donau, Neckar und Norditalien ist und nicht Berlin, das Schwierigkeiten haben wird, sich im vereinten Deutschland, im vereinten Europa zu behaupten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen aus den neuen Bundesländern! Lassen Sie Ihre Interessen nicht gegen Berlin ausspielen! Das geht zu Ihren Lasten. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Jetzt noch ein versöhnliches Wort. Da wird Angst vor dieser Stadt gepredigt. Wir wissen alle: Berlin ist lauter als Bonn, unbequemer als Bonn, holpriger als Bonn, ist ein Gesicht mit Sommersprossen, wie Hildegard Knef einmal gesungen hat. Ist es deswegen wirklich häßlicher als manches geölte und gepuderte Gesicht in Westdeutschland? Ich meine nicht. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der FDP, der SPD und des Bündnisses 90/GRÜNE) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat die Abgeordnete Birgit Homburger. |