Wortlaut der Reden
Harald B. Schäfer (Offenburg), SPD | Wolfgang Kubicki, FDP >> |
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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Verlauf der heutigen Debatte zeigt: Niemand in diesem Hause macht sich die Entscheidung leicht. Beide Seiten tun sich mit ihrer Entscheidung also schwer. Beide Seiten haben jeweils gute Gründe für sich. Ich will mich in meinem Beitrag auf einen Gesichtspunkt konzentrieren, der in der Debatte bislang nicht angesprochen worden ist. Als jemand, für den Ökologie Kernstück der Politik ist, ist neben den allgemeinen politischen und historischen Gesichtspunkten auch die Beantwortung der Frage von entscheidender Bedeutung, welche Lösung die umweltverträglichere Lösung ist. Wir müssen die Entscheidung »Bonn oder Berlin« auch einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterziehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD -- Dr. Wolfgang Bötsch [CDU/CSU]: Sehr wahr!) Dies ist für mich durchaus keine nebensächliche Frage. Im Gegenteil, wir wissen, daß wir bei allen Entscheidungen, die wir zu treffen haben, heute von Anfang an auch die Frage der ökologischen Folgewirkungen mit zur Entscheidungsgrundlage machen müssen, sie in unsere Entscheidung einbeziehen müssen. Dies gebietet uns heute die ökologische Verantwortung. Bei der Entscheidung muß der ökologische Imperativ gelten, daß jeweils die Lösung zu wählen ist, die mit dem geringsten Verbrauch an Umwelt, an Energie und an Rohstoffen verbunden ist. Wer diese Fragestellung als irrelevant, als nebensächlich bezeichnet, der hat die Dimension der ökologischen Frage, auch die Dimension in historischer Tragweite, nicht verstanden. Heute kann überhaupt kein Zweifel mehr daran bestehen, daß die großen Zentren, daß die Megastädte Kumulationspunkte unserer ökologischen Probleme sind. Während wie debattieren, leidet z. B. die Bevölkerung Athens unter furchtbarem Sommersmog, der zu erheblichen Gesundheitsgefährdungen führt. Paris, London und Stockholm haben ähnliche Probleme. (Reinhard Freiherr von Schorlemer [CDU/CSU]: Das Bonner Klima ist aber auch nicht besser!) Es ist nicht schwer, vorherzusagen, daß auch Berlin schon bald und in wachsendem Maße vor ähnlichen Problemen stehen wird. Wir dürfen diese Probleme nicht ohne Not und sehenden Auges noch weiter verschärfen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Natürlich müssen wir Berlin schon heute bei der Bewältigung seiner immensen Verkehrsprobleme helfen. Aber mit der Verlagerung des Regierungs- und Parlamentssitzes nach Berlin tun wir genau das Gegenteil: Wir verschärfen die heute vorhandenen ökologischen Probleme zusätzlich. Zumindest dies müssen wir bei unserer Entscheidung bedenken. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU) Aber es geht im Kern nicht nur um die ökologischen Probleme Berlins. In den neuen Bundesländern haben wir ökologische Altlasten gewaltigen Ausmaßes. Zur Zeit reichen die Mittel nicht einmal aus, diese Altlasten zu erfassen, zu bewerten und zu sichern. Von einer Sanierung sind wir weit entfernt, weil dafür kein Geld vorhanden ist. Ein Bruchteil der Mittel, die ein Umzug kostet und die wir dafür aufwenden müßten, genügte, mit dieser zentralen Aufgabe in den neuen Bundesländern sofort effektiv anfangen zu können. Dies sind Probleme -- ich weiß das --, die manchem profan vorkommen. Ich glaube aber, es täte uns allen gut und stünde uns gut an, die anstehende Entscheidung mit etwas mehr Pragmatismus anzugehen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP) Mit Symbolik, so wichtig sie sein mag und auch ist, können wir Menschen weder Arbeit geben noch reine Luft zum Atmen verschaffen. Darum lassen Sie uns bitte in Bonn bleiben und mit Hochdruck an den wirklichen Problemen der neuen Länder arbeiten. Bonn ist auch ökologisch die bessere Lösung. (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, der FDP und des Bündnisses 90/GRÜNE) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Es spricht jetzt der Abgeordnete Wolfgang Kubicki. |