Unglaublich, aber wahr: 300 befrackte Herren aus Politik, Wirtschaft und Seefahrt sind neuerdings nicht mehr unter sich, wenn sie zum "Schaffermahl" ins Bremer Rathaus kommen. In diesem Jahr war erstmals seit 459 Jahren eine Frau dabei: die Containerschiff-Kapitänin Barbara Massing (43). Bisher waren Damen nur im Nebenraum erlaubt: Ausgewählte Begleiterinnen - darunter die Frauen von Bundespräsidenten und Kanzlern - speisten separat unter sich und durften ihren nebenan tafelnden Gatten allenfalls von einer Empore aus zulächeln.
Das fünfstündige Mahl wird von der Stiftung "Haus Seefahrt" veranstaltet, einer Art Sozialkasse für Kapitäne. Mitglied dürfen auch Frauen werden, wenn sie ein Kapitänspatent vorweisen sowie in Bremen leben und arbeiten. Bisher hat aber nur Barbara Massing die Aufnahme beantragt und dann auch ohne große Vorstandsdebatte bewilligt bekommen. Und wer Mitglied ist, darf nach einiger Zeit auch am Schaffermahl teilnehmen.
"Kapitän Massing" legt auf die männliche Anrede Wert ("Das ist eine Berufsbezeichnung") und sieht sich nicht als Frauenvorkämpferin. Sie wollte lediglich an der Tradition teilhaben, "dass man als Bremer und als Kapitän irgendwann auch Mitglied im 'Haus Seefahrt' wird". Bisher habe sie "nur positive Reaktionen" erfahren - sowohl im Saal als auch bei Kollegen.
Das Schaffenmahl wurde bislang auch als "ältestes Brudermahl der Welt" bezeichnet. Ob man es künftig "Bruder- und Schwestermahl" nennt?