Nun liegt sie im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses von Berlin, die seit etwa anderthalb Jahren geplante Reform der Geschäftsordnung für die 141 gewählten Volksvertreter des Landes Berlin. Eigentlich sind sich die fünf Fraktionen - SPD, CDU, PDS, FDP und Grüne - einig. Sie wollen die Rede- und Diskussionsfreude im ehemaligen Preußischen Landtag, wo das Hohe Haus unter Vorsitz des ehemals Regierenden Bürgermeisters Walter Momper untergebracht ist, eingrenzen. Doch wenn es um die Einzelheiten geht, endet die Gemeinsamkeit schnell.
So bestehen die Grünen darauf, dass sich in der neuen Geschäftsordnung beide Geschlechter wiederfinden. Das regt viele Mitglieder der anderen Parteien auf, die fürchten, dass sich die Geschäftsordnung ebenso "schrecklich wie langweilig" lese, zumal solche Papiere ohnehin keine literarische Freude verursachten. Gegenwärtig sucht man nach Lösungen, wie vermieden werden kann, künftig immer wieder zu lesen: "Die Abgeordnete/der Abgeordnete." Immerhin gibt es im Plural keine Probleme zwischen den Parteien. Denn für rot und grün sowie für schwarz und gelb heißt es gleichermaßen "die Abgeordneten".
Die Berliner Abgeordneten haben das gleiche Problem wie ihre Kollegen im Deutschen Bundestag. Sie können einfach ihre einmal gewählte Präsidentin oder Präsidenten für die Dauer einer Legislaturperiode nicht mehr abwählen. Nicht zuletzt hatten die Grünen gehofft, das Problem im Rahmen der Neuordnung der Geschäftsordnung lösen zu können. Doch das Thema ist vom Tisch. Es findet sich keine erforderliche Mehrheit für eine solche Änderung.
Die Grünen haben dabei selbstverständlich den amtierenden Präsidenten im Auge, den sie im Verdacht haben, Amt und Beruf nicht immer genau zu trennen. Dass die Grünen Momper nicht immer grün sind, hat etwas mit der gemeinsamen politischen Vergangenheit zu tun. Zur Wendezeit stand Momper einem rot-grünen Senat vor. Es gab reichlich Ärger.
Ungelöst ist auch noch die Frage, ob das Abgeordnetenhaus weiterhin erst ab 13 Uhr tagen soll. Und zwar immer donnerstags, wie sich dies seit einem halben Jahrhundert eingebürgert hat. Die Folgen sind den Mitgliedern allgegenwärtig. Nicht selten verhakt man sich bis Mitternacht in Hauptstädtisches oder oft auch sehr Lokales. Wenn man dagegen schon um 10 oder 11 Uhr mit den Plenarsitzungen beginnen könnte...
Bei dieser Frage spielt auch der Rundfunk Berlin Brandenburg (RBB) wegen der Übertragungszeiten eine Rolle. Je früher das Abgeordnetenhaus tagt, desto weniger kommt der Sender bei Übertragungen nicht in Konflikt mit seinem Abendprogramm. Sender gegen das Prinzip des Halbtags-Parlaments? Man wird sich einigen (können).
Doch der Einwand folgt auf dem Fuß. Es gebe Kolleginnen und Kollegen, so argumentieren zahlreiche Mitglieder des Abgeordnetenhauses, die müssten tagsüber arbeiten. Da sei es schon für sie wichtig, wenigstens den gesamten Donnerstagvormittag ihrem Beruf nachgehen zu können. Man wird sehen, ob und wie man sich im Rechtsausschuss einigen kann.
Die Redezeit, soviel steht bereits fest, soll verkürzt werden. Bei Großen Anfragen von bislang zehn auf fünf Minuten, in Aktuellen Stunden von 15 auf zehn Minuten. In den beliebten Fragestunden dürfen bislang vier Nachfragen gestellt werden, künftig sollen es nur noch zwei sein. Auf diese Weise können mehr Fragen zu unterschiedlichen Sachthemen gestellt werden.
Das alles wird von manchem Abgeordneten viel Disziplin verlangen, vor allem von denen, die es bislang nicht gewohnt waren, sich kurz zu fassen - es sei denn, sie werden im Rechtsausschuss die mit großer Mehrheit verabredeten Kürzungen der Redezeiten wieder zu Fall bringen. Doch damit rechnet gegenwärtig niemand. Zumal die Befürworter einer Reform der Geschäftsordnung nicht nur sich selbst, sondern auch die Öffentlichkeit im Blick hat. Je kürzer die Reden und je mehr Themen abgehandelt werden, desto interessanter wird das Plenum auch für die Bürger.
Auch in Zukunft werden die Plenarsitzungen mit der Fragestunde beginnen, der sich eine Aktuelle Stunde anschließt. Dann folgen die Schwerpunktthemen. Künftig sollen die Fraktionen - unabhängig von ihrer Größe - solche Themen im Wechsel auf die Tagesordnung setzen können. Auch dadurch soll das Parlament lebendiger werden.
Im Abgeordnetenhaus ist man zuversichtlich, dass sich die Fraktionen bis zur parlamentarischen Sommerpause (Beginn ist der 27. Juni) geeinigt haben und einem möglichst einmütigen Ja im Plenum nichts mehr im Wege steht. Einschließlich der Geschlechterfrage im Text.