In den letzten Jahren ist die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in den deutschen Medien enorm gestiegen. Die Präsenz von Migranten ist zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Insbesondere die Deutschtürken genießen es, eine größere Rolle in den alltäglichen Medien einzunehmen. Ihre Präsenz macht sich bemerkbar in Fernsehserien, wie zum Beispiel "Gute Zeiten, Schlechte Zeiten", in der Ismail Sahin die Rolle von Deniz spielt, Video-Jockeys wie die VIVA-Moderatorin Gülcan, die sogar zusammen mit Mustafa Sandal die türkische Pop-Musik mit dem Lied "Moonlight" wieder mal auf den deutschen Bildschirm brachte, bis hin zu Journalisten wie Erkan Arikan, der bis letztes Jahr n-tv-Moderator war und jetzt Redaktionsleiter beim WDR ist.
"Multi Kulti ist hip" heißt das Motto der Medien. Auch sie reagieren auf die Tatsache der Migration, indem sie verstärkt Migranten und Menschen mit Migrationshintergrund einstellen, oder auch über die Probleme in diesem Kontext stärker berichten. Insbesondere im Film, im Fernsehen und der Musikbranche nehmen Migranten eine immer bedeutendere Position ein. Vor allem in Deutschland ist dies der Fall, wo viele Deutschtürken sich einen Namen gemacht haben. Schließlich leben in Deutschland rund 2,5 Millionen Türken, und einige sehen es als ihre Aufgabe, eine Brücke zwischen Deutschland und der Türkei zu bauen. Sie wollen nicht zwischen den Stühlen der zwei Kulturen sitzen, sondern aus beiden Stühlen einen Stuhl machen.
Somit kamen Menschen wie Kaya Yanar, Ekrem Bora, Fatih Akin und Nursel Köse ins Rampenlicht. Was haben die deutsch-türkischen Kulturstars zu bieten?
Der 19-jährige Deutschtürke Ekrem Bora, besser bekannt als Eko Fresh, bietet Deutschland schlagfertige und provokante Rap-Songs an. "Deutschland sucht keinen, wir haben einen Superstar". So stellt sich Eko Fresh auf seinem Track "König von Deutschland" vor und landete damit auf Platz 15 der Charts. Sein Debüt-Album "Jetzt kommen wir auf die Sachen", das sofort ausverkauft war und für eine große Überraschung in der Hip-Hop-Underground-Szene sorgte, hat ihm bei den Juice Awards den Preis als "Bester Newcomer 2002" beschert. Hierdurch hat der Türke aus Mönchengladbach einen sicheren Platz in der Rap-Szene in Deutschland erobert.
Zu seinem Erfolg hat ihm Savas Yurderi, besser bekannt als Kool Savas, verholfen. Der 29-Jährige, dessen Vater Türke und Mutter Deutsche ist, wird gelegentlich mit dem Weltstar Rapper Eminem verglichen. Sein Album hat in Deutschland in der Szene Rekorde gebrochen. Er selber sieht die türkischen Jung-Stars als Teil der deutschen Kultur, die diese bereichern.
Zum ersten Mal seit 18 Jahren bekam ein deutscher Film (beziehungsweise ein deutsch-türkischer) einen Goldenen Bären verliehen. Fatih Akin, der 30-jährige Deutschtürke aus Hamburg, hat die höchste Auszeichnung der 54. Berlinale für seinen Film "Gegen die Wand" gewonnen. Nach den Erfolgen seiner Filme "Im Juli" und "Solino" ist dies der nächste große Schritt gewesen. In seinen Filmen behandelt Akin das Leben der Gastarbeiter, aber nicht nur der türkischen. In Solino erzählte er die Geschichte einer italienischen Familie, die im Duisburg der 60er-Jahre die erste Pizzeria der Stadt eröffnete. Auch über die eigene Familie hat er ein Film gedreht: "Wir haben vergessen zurückzukehren" (2001) erzählt die Geschichte der Einreise seiner Eltern in den 60er-Jahren. Sein neuestes Werk "Gegen die Wand" handelt von einer jungen türkischen Frau, die heiratet, um sich aus dem traditionsverhafteten Elternhaus befreien zu können.
Die Heimat Akins ist Hamburg und die seiner Eltern die Türkei. Diesen Background nutzt er thematisch, um die Migrationsgeschichte und ihre Folgen auf die Leinwand zu bringen. Hierbei ist er jedoch immer bemüht, dass seine Filme nicht klischeehaft, verallgemeinernd oder vereinfachend sind. Sie behandeln auch nicht ausschließlich die Integrationsprobleme, die bei den Migranten bestehen. Der Regisseur und Drehbuchautor zeigt das Leben so, wie es ist. Somit übernimmt er eine Aufgabe, die ihm vielleicht nicht bewusst ist, das Verständnis zwischen Menschen zu verbessern.
Seit den Kölner Comedy-Festival 2000 brachte Kaya Yanar die Migranten mit ins Spiel. Der 31-jährige Frankfurter bedient sich mit seiner Art von Ethno-Comedy der politisch inkorrekten Form des Witzes. Er erlaubt sich - und kann es sich erlauben - über Ausländer und Deutsche im Sprachenmix der dritten Generation Witze zu machen. Seit Anfang 2001 hat Yanar auf SAT 1 seine eigene Comedy-Sendung "Was guckst du?"... Ein Standardsatz, der bei vielen Türken fällt, wenn man Ihnen zu lange in die Augen schaut. Die Sendung ist ein Mix aus Stand-up-Nummern, Sketchen und irgendwo in der globalen Medienlandschaft aufgeschnappten Kuriositäten und lockt wöchentlich Zuschauer ins Studio und vor den Fernseher.
Über seine Witze lachen nicht nur die Migranten selbst, er spricht auch ein großes deutsches Publikum an. Was Yanars Comedy ausmacht, ist ohne Zweifel der deutsch-türkische Sprachmix, den er als Jugendlicher auf dem Schulhof oder an der Frankfurter Konstablerwache gelernt hat. Mit seiner Art bringt er die Menschen verschiedener Kulturen zusammen und zeigt ihnen seinen Respekt. Die Begründung der Jury des Civis-Medienpreises für die Verleihung an Yanar war: "Er bewertet nicht die Identitäten, sondern karikiert mit liebevollem Blick die jeweiligen Stärken, Schwächen und typischen Verhaltensweisen und spielt humorvoll mit den Nationalitäten. Kaya Yanar gelingt ein Perspektivenwechsel: das Objekt wird zum Subjekt, er karikiert scharfsinnig das Land, in dem er lebt - und er bringt es zum Lachen. Übereinander, miteinander."
Auch Schriftsteller nutzen das Medium Sprache, um einen eigenen Stil zu entwickeln, wie beispielsweise Feridun Zaimoglu. Der 40-jährige Schriftsteller, der im Alter von sechs Monaten nach Deutschland kam, ist eigentlich von Beruf Arzt und Maler, aber hat auch sein Talent fürs Schreiben entdeckt. Er wird oft als der "Neue Malcom X" bezeichnet. Zaimoglu, der seine Geschichten auf Deutsch schreibt, erzählt von der ersten, zweiten und dritten Generation der Türken in Deutschland. Mit dem Sprachenmix aus Türk-Deutsch und Straßenslangs treibt er die deutsche Sprache an ihre Grenzen, und dieses Spiel mit der Sprache sorgte für den Erfolg.
Die deutschtürkischen Kulturstars fühlen sich in Deutschland zu Hause. Dass sie sich in der deutschen Kulturszene einen Platz erobert haben, ist allen bewusst. Dass Menschen wie Kaya Yanar oder Fatih Akin so erfolgreich sind, ist kein Zufall, denn nicht nur die Türken sehen sich die Filme von Fatih Akin an oder lesen die Bücher von Feridun Zaimoglu, sondern auch die jungen Deutschen. Der Zusammenstoß der zwei Kulturen durch die Migration und das Heranwachsen der zweiten Generation haben eine neue Kultur hervorgebracht, die in diesem Bereich, in dem immer etwas Neues gesucht wird, auf positive Resonanz stößt. Unbewusst ist es diesen Künstlern gelungen, Menschen zusammen zu bringen, das Verständnis zwischen ihnen zu verbessern und Gemeinsamkeiten hervorzuheben. Kilicli Ayca
Kilicli Ayca ist Mitarbeiterin des Zentrums für Türkeistudien.