Wirtschaft und Arbeit. SPD und Bündnis 90/Die Grünen wollen verhindern, dass es durch die geplante EU-Fusionsrichtlinie zu einer "Flucht aus der deutschen Mitbestimmung" kommt. In einem Antrag ( 15/3466), den der Bundestag am 1. Juli zur Beratung an den Wirtschaftsausschuss überwiesen hat, heißt es, seit vielen Jahren arbeite die Brüsseler Kommission an dem Richtlinienentwurf. Dieser regele vor allem die Angaben, die im Fusionsplan enthalten sein müssen.
Es seien dies die Offenlegung des Fusionsplans, die Möglichkeit einer Fusionsprüfung durch gemeinsam bestellte Sachverständige, die Rechtskontrolle sowie die Arbeitnehmermitbestimmung. Eine Lösung sei bisher stets an der Frage der Arbeitnehmerbeteiligung gescheitert. Bei der "Europäischen Gesellschaft" als der künftigen europäischen Aktiengesellschaft sei ein politischer Kompromiss gefunden worden, der eine Kombination von Verhandlungen zwischen Unternehmens- und Arbeitnehmerseite und beim Scheitern dieser Verhandlungen eine zwingende "Auffangregelung" vorsieht.
Diese Lösung stellt nach Meinung der Koalitionsfraktionen einen "ausgewogenen Kompromiss" zwischen den unterschiedlichen Mitbestimmungstraditionen in der EU dar. Der Entwurf der Fusionsrichtlinie weiche aber von diesem Kompromiss ab. Die Verhandlungslösung solle hier nur dann angewendet werden, wenn im Sitzland der fusionierten Gesellschaft keine Mitbestimmungsregelungen gelten. Sind sie vorhanden, sollen diese für die gesamte neue Gesellschaft gelten, auch wenn unter Umständen günstigere Mitbestimmungsnormen in Unternehmensteilen in anderen Mitgliedstaaten verdrängt werden. Dieser Unterschied zwischen der Richtlinie über die "Europäische Gesellschaft" und der Fusionsrichtlinie sei nicht zu rechtfertigen, so die Koalition.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass die Mitbestimmung bei grenzüberschreitenden Fusionen so geregelt wird wie bei der Europäischen Gesellschaft. Die EU-Regelungen dürften nicht zu einem Wettbewerb um möglichst niedrige Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer einladen. Im Fusionsplan sollten auch Angaben über die Folgen der Fusion für die Arbeitnehmer sowie ihre Vertretung enthalten sein, heißt es in dem Antrag.
Ebenfalls an den Wirtschaftsausschuss überwiesen hat der Bundestag einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Einführung der Europäischen Gesellschaft ("Société Européenne", SE; 15/3405). Dem Entwurf liegen die EU-Verordnung über das Statut der SE und die EU-Richtlinie zur Ergänzung des Statuts hinsichtlich der Arbeitnehmer-Beteiligung zugrunde. Die Verordnung tritt am 8. Oktober dieses Jahres in Kraft. Da sie zahlreiche Regelungsaufträge und Wahlrechte für den nationalen Gesetzgeber enthalte, sei ein Ausführungsgesetz erforderlich, so die Regierung. Ziel sei es, die Rechtsform der SE als europäische Kapitalgesellschaft für europaweit tätige Unternehmen in Deutschland einzuführen.