So viel Euphorie gab es nie zuvor nach einer Umweltkonferenz. Als "Meilenstein für den Klimaschutz" feierte Bundesumweltminister Jürgen Trittin die "Renewables 2004" Anfang Juni in Bonn. Von einem "vollen Erfolg" sprach am Ende auch Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul. Und selbst in den Medien, die vorangegangene globale Konferenzen häufig als "Rohrkrepierer" gebrandmarkt hatten, konnte man diesmal häufig das Wort "Aufbruchstimmung" lesen. Beflügelt wurde die Veranstaltung in Bonn auch durch die Ölpreise auf dem Weltmarkt, die just in den Tagen der Konferenz neue Höchststände erreichten.
Tatsächlich klingt das Ergebnis der Tagung erfolgsversprechend: 165 freiwillige Aktionen und Verpflichtungen wurden zur Aufnahme in das verabschiedete Aktionsprogramm eingereicht. Besonders ambitionierte Ziele erklärten China, die Philippinen sowie die Weltbank. So plant China, den Anteil erneuerbarer Energien im Stromsektor bis 2010 auf zehn Prozent auszubauen. Die notwendigen 60 Gigawatt installierter Leistung sollen sich aus 50 Gigawatt kleinen Wasserkraftwerken, vier Gigawatt Windkraft, sechs Gigawatt Biomasse sowie 450 Megawatt Photovoltaik zusammensetzen.
Die Philippinen haben es sich unterdessen zum Ziel gesetzt, den Anteil der erneuerbaren Energien bis 2013 zu verdoppeln - vor allem durch Nutzung von Erdwärme und Windenergie. Damit werden die Philippinen zum weltgrößten Produzenten von geothermisch erzeugter Energie sowie zum führenden Windenergieerzeuger Südostasiens aufsteigen.
Die Weltbankgruppe kündigte an, die Förderung von erneuerbaren Energien und Energieeffizienz in den nächsten fünf Jahren um jährlich 20 Prozent zu erhöhen. Damit wird sich die jährliche Unterstützung im Jahr 2010 auf 400 Millionen US-Dollar belaufen - das ist doppelt so viel wie im Moment.
Trotz positiver Gesamtbilanz: Nicht alles, was in Bonn als Beitrag eingereicht wurde, ist wirklich neu. Zudem legten sich nur wenige Länder auf konkrete Zielvorgaben für die nächsten Jahre fest. Die Vorsitzende des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), Angelika Zahrnt, sprach daher auch von einer "bunten Mischung aus ambitionierten Programmen, alten Hüten und Luftblasen". Der World Wide Fund For Nature (WWF) zählte nach und kam nur auf gut 20 neue Projekte, die auf der "Renewables 2004" von den 154 anwesenden Staaten zugesagt wurden.
Bedauert wurde von vielen Teilnehmern auch, dass man sich in Bonn noch nicht auf die Gründung der Internationalen Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA) einigen konnte. Denn die bestehende Internationale Energieagentur (IEA) deckt dieses Segment nach Einschätzung vieler Energieexperten nur unzureichend ab. Dennoch sahen viele Beobachter die Gründung der IRENA mit der "Renewables 2004" deutlich näher gerückt.
Ohnehin hat die Konferenz trotz einiger unerfüllter Wünsche in Deutschland wie international eine enorme Dynamik zugunsten einer nachhaltigen Energiewirtschaft ausgelöst. So sicherte Bundeskanzler Gerhard Schröder zu, dass die Bundesregierung von 2005 an für fünf Jahre jeweils 500 Millionen Euro für Energieeffizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energien bereitstellen werde. Damit konnte sich nicht nur Umweltminister Trittin am Ende auch über den ökonomischen Gewinn des internationalen Aktionsplans freuen - dieser nämlich werde "Investitionen in Milliardenhöhe mobilisieren". Bernward Janzing