Und natürlich waren und sind die Grimaldis - zuständig für Glanz, Gloria und Herzschmerz - in der Inszenierung der Jetset-High-Society wie für das gemeine Volk in den Klatschmedien des globalen Dorfs stets präsent: Fürst Rainier III., die Prinzessinnen Caroline und Stéphanie, Erbprinz Albert, deren Mutter Grace Kelly, die Filmgröße, die bei einem Unfall tragisch ums Leben kam. Die Grimaldis: Stoff für Stories ohne Ende.
Monaco mit seinen 32.000 Einwohnern macht aber nicht nur wegen sportlich-gesellschaftlicher Events weit über seine Grenzen hinaus etwas her: In dem felsigen Sprengel herrscht mit Staatsoberhaupt Rainier III. der einflussreichste Monarch in Europa - ob dessen opulenter Machtfülle selbst Liechtensteins Fürst Hans Adam II. neidisch sein dürfte, dessen Regentschaft auch nicht frei von absolutistischen Tendenzen ist. Und neben Rainier III. mischt noch eine zweite Macht mit: Aufgrund historischer Bindungen stellt Frankreich den Regierungschef, den Innenminister und mehrere hohe Funktionsträger wie etwa den Polizeichef oder den Generalstaatsanwalt. Zudem hat Paris jahrzehntelang die außenpolitische Souveränität des Fürstentums eingeschränkt.
Verblüfft nahmen die internationale Öffentlichkeit und die Monegassen selbst erst mit dem Beitritt des Landes zum Europarat im Oktober dieses Jahres wahr, dass diese Besonderheiten eigentlich nicht unbedingt den politischen Standards auf dem Kontinent entsprechen. Vor der Integration Monacos ins Straßburger Palais d'Europe waren deshalb Reformen nötig. Peter Schieder (Österreich), Präsident der Parlamentarischen Versammlung des Staatenbundes, sagt über diese Bestrebungen: "Wir haben die Politik Monacos parlamentarisieren können, zudem wurde die Souveränität des Fürstentums gegenüber Frankreich gestärkt." Immerhin musste sechs Jahre zwischen Straßburg und Monaco verhandelt werden, bis der Europarat der Aufnahme der nunmehr 46. Mitgliedsnation zustimmte. Der komplizierte Annäherungsprozess hat am Mittelmeer für gewisse Irritationen gesorgt, die Erbprinz Albert diplomatisch in diese Worte kleidete: "Das lange Verfahren hat überrascht."
Nach den Verfassungsreformen und dem Abschluss eines neuen Vertrags mit Frankreich gab sich Albert indes überzeugt, dass Monacos politisches System jetzt "authentisch demokratisch ist". Regierungssprecher Francois Chantrait betont ebenfalls, dass die Politik demokratisch gestaltet werde, "auch wenn das Land keine klassische parlamentarische Demokratie ist".
Nun, über solche Urteile lässt sich streiten. Jedenfalls firmiert Monaco nicht als parlamentarische Monarchie, sondern als "konstitutionelle Erbmonarchie". Als Staatsoberhaupt amtiert das jeweilige Oberhaupt des Hauses Grimaldi, das in dem Fürstentum seit 1297 das Sagen hat. 1949 bestieg Rainier III. den Thron, als Monarch wird er assistiert vom Kronrat und vom Staatsrat, zwei Konsultativorganen.
Die praktische Politik obliegt einer vierköpfigen Regierung. An dessen Spitze steht Staatsminister Patrick Leclercq, ein Franzose: Wie Francois Chantrait erläutert, unterbreitet Paris dem Fürsten für diesen Posten die Namen mehrerer französischer Politiker, unter denen er seine Wahl trifft. Regierungsräte nennen sich die drei Minister Philippe Deslandes (Inneres), Franck Biancheri (Wirtschaft und Finanzen) sowie José Badia (Soziales und öffentliche Arbeiten). Die drei Regierungsräte werden vom Fürsten bestimmt - wobei der Innenminister traditionell ein Franzose ist, auch wenn dies zwischen Monaco und Paris nicht formell vereinbart ist. Richter werden ebenfalls vom Monarchen eingesetzt, wobei die Verfassung im Sinne der Gewaltenteilung deren strikte Unabhängigkeit vorschreibt.
Jahrzehntelang hatte die monegassische Volksvertretung, der 24-köpfige Nationalrat, gegenüber Monarch und Regierung eine sehr schwache Machtposition. Auf Druck des Europarats wurden der Deputiertenkammer mehr Mitbestimmungsrechte eingeräumt. Der Nationalrat beschließt die Gesetze und den Haushalt, auch bei anderen Fragen wie etwa der Außenpolitik oder der Einbürgerung entscheiden die Abgeordneten mit. Allerdings: Das Recht zu formellen Gesetzesinitiativen hat nur der Fürst, die konkreten Entwürfe arbeitet die Regierung aus, von sich aus können die Volksvertreter lediglich Vorschläge machen. Und: Absetzen kann der Nationalrat eine Regierung nicht, Misstrauensvoten sind nicht möglich. In einer Entschließung zur Mitgliedschaft Monacos im Europarat hat denn auch die Parlamentarische Versammlung des Straßburger Staatenbunds das Fürstentum aufgefordert, in den nächsten fünf Jahren die Befugnisse der Abgeordnetenkammer weiter auszubauen, etwa bei der Kontrolle der Regierungspolitik und bei Gesetzesinitiativen.
Mittlerweile hat Monaco das Wahlalter von 21 auf 18 Lenze herabgesetzt, zur Urne gehen dürfen inzwischen auch eingebürgerte Monegassen. Wegen eines gestärkten Verhältniswahlrechts kommen im Nationalrat die Kräfteverhältnisse der Parteien besser zum Ausdruck. Früher wurde meist nur über eine Liste abgestimmt. Konkret sieht es im Moment so aus: 21 Sitze hat die "Union für Monaco", die politisch mit der CDU zu vergleichen ist, drei Mandate entfallen auf zwei Kleinparteien. Regierungssprecher Chantrait: "Alle politischen Formationen in Monaco sind für die Monarchie."
Nach einem Vertrag zwischen Paris und Monaco aus dem Jahr 1918 war Europas kleinstes Land außenpolitisch de facto eine Art Protektorat Frankreichs. Das neue Abkommen von 2002 basiert nun "auf der Gleichheit zweier souveräner Staaten", wie Francois Chantrait unterstreicht. Die Verteidigung liegt weiter in den Händen von Paris, Monaco hat keine eigene Armee, Rainier III. untersteht lediglich eine Palastwache. Das Fürstentum unterhält mit Frankreich eine Zoll- und auch eine Art Währungsunion: An dem schmalen Küstenstreifen wird mit Euro bezahlt, obwohl Monaco kein EU-Mitglied ist. Grenzkontrollen existieren nicht: Autofahrer wechseln von französischem auf monegassisches Territorium, ohne es so recht zu bemerken.
Nicht hinnehmbar für den Europarat ist eine aus dem Jahr 1930 stammende Konvention zwischen Paris und Monaco, nach der Frankreich zentrale Positionen im Staatsapparat des Fürstentums mit Franzosen besetzt: So wird den Bürgern des Landes der uneingeschränkte Zugang zu politischen Ämtern verwehrt. In Zukunft sollen aber alle Funktionen auch den Monegassen offenstehen: So sieht es eine neue Vereinbarung mit Paris vor - die aber bislang nur paraphiert und noch nicht formell unterschrieben und ratifiziert ist.
Zu den Eigenarten des Fürstentums zählt, dass Einheimische bei der Arbeits- und Wohnungssuche gewisse Vorrechte gegenüber Ausländern genießen. Hintergrund dieser Regelung: In dem 200 Hektar kleinen Gebiet stellen die 6.000 Monegassen nur noch eine Minderheit unter den 32.000 Einwohnern, 10.000 sind Franzosen, 6.000 Italiener, der Rest verteilt sich auf verschiedene Nationalitäten. Die Privilegierung auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt soll sicherstellen, dass die Monegassen nicht zur Auswanderung gezwungen werden. Angesichts der besonderen Lage akzeptiert der Europarat diese Argumentation, obwohl die Straßburger Prinzipien eine Gleichbehandlung von In- und Ausländern in den Mitgliedsnationen verlangen.
Andererseits müssen die Monegassen ihrerseits eine echte Benachteiligung in Kauf nehmen: Während sich Fürstentum die Wohlhabenden der Welt tummeln, dürfen sie noch nicht mal im Casino von Monte Carlo spielen - dieses Vergnügen gönnt Ihro Gnaden Fürst Rainier III. seinen Untertanen nicht.