Elizabeth, Elizabeth!" riefen die Berliner - ganz und gar unenglisch - der zierlichen Person mit Hut und Handtäschen zu. Gemeint war Queen Elizabeth II., die, von dem stürmischen Empfang leicht irritiert, gerade auf ihrem ersten offiziellen Besuch in Deutschland weilte. Damals, im Jahr 1965, wurde die Monarchin umjubelt wie ein Popstar. 52 Jahre hatte kein britisches Staatsoberhaupt deutschen Boden betreten. Inzwischen hatten zwei Weltkriege Europa in Schutt und Asche gelegt. Da war es eine große Geste der Versöhnung, als die Monarchin 1965 die Republik durchquerte und die Deutschen vor dem Schöneberger Rathaus ob ihres Mutes als "leuchtendes Vorbild für die gesamte freie Welt" bezeichnete.
Fast 40 Jahre und zwei Staatsbesuche später haben sich die Beziehungen zwischen England und Deutschland normalisiert. Zum Auftakt ihres dreitägigen Deutschlandbesuches in der vergangenen Woche rief die Queen zusammen mit Bundespräsident Horst Köhler beide Länder dazu auf, gegenseitige Vorurteile und Klischees abzubauen. Man müsse über vereinfachende Stereotypen hinaus blicken, um zu realisieren, wie oft Deutsche und Briten die gleichen Ziele teilten, sagte Elizabeth II. Umso wichtiger sei es, "unsere jungen Menschen zu ermutigen, mehr über das andere Land kennen zu lernen". Köhler fügte in seiner Rede hinzu, dass Deutschland mehr zu bieten habe als alte Klischees. Angesichts der Herausforderungen der Europäischen Union und der europaskeptischen Haltung vieler Briten mahnte er zum Zusammenhalt: "Deutschland braucht Großbritannien."
Begleitet von ihrem Mann Prinz Philip besuchte die Queen nun zum vierten Mal offiziell die Bundesrepublik. Am Dienstag Nachmittag wurde das Paar von Bundespräsident Horst Köhler im Hof von Schloss Charlottenburg mit militärischen Ehren begrüßt. Einige hundert Schaulustige hatten sich vor dem Schloss versammelt, um einen Blick auf das britische Staatsoberhaupt und ihren Prinzen zu erhaschen. Doch auf das traditionelle "shake-hands" mussten die Royals-Fans diesmal verzichten. Hohe Sicherheitsvorkehrungen und das strenge Protokoll geboten Zurückhaltung.
Nach dem Besuch beim Bundespräsidenten fuhr das Paar im dunklen Bentley zu einem Treffen mit Bundeskanzler Gerhard Schröder. Der wies eine von britischen Boulevardmedien aufgestellte Behauptung, Deutschland verlange eine Entschuldigung der Königin für die Bombardierung deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg, als "absurd" zurück. Die Queen äußerte sich zu dieser Debatte bei ihrem Besuch nicht, legte aber an der Gedenkstätte in der Neuen Wache einen Kranz zu Ehren der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft nieder.
Dann ging es stramm weiter im Programm. Am Mittwoch eröffnete die 78-Jährige eine Klimakonferenz in der britischen Botschaft, die Klimaschutz-Empfehlungen an den britischen Premierminister Tony Blair erarbeiten soll. Im Anschluss daran besichtigte die Queen mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit die Museumsinsel in Berlin. Am späten Vormittag ging es dann im Panorama-Zug der Berliner S-Bahn hurtig nach Potsdam, wo Queen Elizabeth und ihr Gemahl von Ministerpräsident Matthias Platzeck in Schloss Cecilienhof erwartet wurden. In Potsdam war die Queen zuletzt 1992 gewesen. Nun war sie voll des Lobes für die Aufbauleistung der neuen Bundesländer: "Mehrparteiendemokratie und Rechtsstaatlichkeit sind wieder fest verankert, ebenso die freie Marktwirtschaft", bemerkte sie, befand es aber, auch in ihrem eigenen Land, als unbedingt notwendig, "den Prozess der Wirtschaftsreform weiterzuführen, was nie einfach ist". Neben der Teilnahme an einer Gedenkzeremonie auf dem britischen Soldatenfriedhof in Stahnsdorf und einem Treffen mit Mitarbeitern des Rolls-Royce-Werkes in Dahlewitz, begab sich die Queen im Krongut Bornstedt auf die Spuren ihrer Ahnen. Das Anwesen war im 19. Jahrhundert die Sommerresidenz ihrer Großtante, der preußischen Königin Viktoria, gewesen.
Den letzten Tag seines Deutschlandbesuches verbrachte das königliche Paar in Düsseldorf. Bevor beide wieder das Flugzeug nach London bestiegen, gab sich die Queen optimistisch: "Ich reise ab mit neuem Vertrauen in die tiefe Freundschaft zwischen unseren beiden Ländern." Offensichtlich war die Monarchin von ihrem Aufenthalt in Deutschland "very amused".