Mit der Bestätigung der Zinsbesteuerungsabkommen mit Andorra durch das Europäische Parlament in Straßburg ist am 17. November ein weiterer Baustein zur Verhinderung der Kapitalflucht aus der EU gesetzt worden. Angesichts der Unmöglichkeit, innerhalb der EU ein einheitliches System der Zinsbesteuerung zu errichten, war eine Richtlinie unter der Bedingung beschlossen worden, dass die Einführung gleichwertiger Maßnahmen in den Vereinigten Staaten, der Schweiz, Liechtenstein, Monaco, Andorra, San Marino sowie den britischen und den niederländischen Territorien erreicht werde. Die Zinsertragsrichtlinie führt voraussichtlich ab Mitte 2005 ein System des automatischen Informationsaustauschs zwischen den Steuerbehörden mit weitgehender Aufhebung des Bankgeheimnisses ein. Luxemburg, Österreich und Belgien wurde davon abweichend die Möglichkeit gewährt, eine Quellensteuer auf Kapitaleinkünfte von Gebietsausländern einzuführen, von deren Ertrag 75 Prozent an das Herkunftsland überwiesen werden. Damit könnten diese Länder weiterhin ihr Bankgeheimnis aufrecht erhalten.
Österreich, Luxemburg und Belgien haben sich daraufhin verpflichtet, ab 2005 eine Quellensteuer von 15 Prozent für Zinseinkünfte von Gebietsausländern einzuführen. Nach drei Jahren wird diese auf 20 Prozent erhöht und nach acht Jahren sogar auf 35 Prozent. Voraussetzung dabei ist aber, dass die Schweiz die gleichen Steuersätze anwendet wie Luxemburg, Belgien und Österreich.
Nachdem aber ein entsprechendes Abkommen mit der Schweiz abgeschlossen wurde, dessen endgültige Verabschiedung im Berner Parlament noch in diesem Jahr als problemlos angesehen wird, und auch ein Referendum nicht zu erwarten ist, scheint das Ziel eines einheitlichen Systems - bestehend aus zwei Säulen - in Europa zur Realität zu werden; zumal die Schweiz und Luxemburg die Verteidigung ihres Bankgeheimnisses strikt mit der Bekämpfung der Geldwäsche und der kriminellen Aktivitäten verbunden haben.
Die jetzt bestätigten Abkommen mit Andorra und Liechtenstein enthalten die gleichen Elemente wie Informationsaustausch bei Verdacht auf Steuerbetrug und Quellensteuer wie das mit der Schweiz, sind jedoch weniger detailliert. In Zusatzprotokollen ist aber die Verpflichtung enthalten, dass die beiden Länder Maßnahmen ergreifen, die denen der EU-Staaten angleichwertig sind. Der EVP-Experte Alexander Radwan zeigte sich überzeugt, dass diese Lösung auch tragfähig ist, wobei alles vom Inkrafttreten des Abkommen mit der Schweiz abhänge. Als Anerkennung für ihre Zusammenarbeit mit der EU wurden Andorra und Liechtenstein bereits 2001 von der Liste der kooperationsunwilligen Länder genommen.