Wenn ihre Freunde auf Partys gehen, sitzen sie noch im Ortsverein. Jede freie Minute widmen sie der Partei, fast jeder Kontakt ist auch politisch. Der Weg in die große Politik ist lang. Doch sie wollen ihn gehen: Ehrgeizige Talente gibt es in allen Parteien, trotz aller Nachwuchssorgen. "Das Parlament" stellt einige Jungpolitiker vor.
Neue Radwege, Turnhallendächer - auf den ersten Blick wirkt es wenig spektakulär, wofür Astrid Jantz streitet. Die 27-jährige CDU-Politikerin sagt: "Ich mache Politik für die Bürger." In ihrem Bezirk in Berlin- Lichtenberg-Hohenschönhausen ist Astrid Jantz Fraktionsvorsitzende der CDU in der Bezirksverordnetenversammlung. Ihre Fraktion hat nur sieben Mitglieder. Die PDS stellt in dem Stadtteil, in dem die Stasi einst ihre Zentrale hatte, die absolute Mehrheit. "Manchmal hat man es hier ganz schön schwer, etwas zu verändern", sagt sie, ohne dabei resigniert zu wirken. Und es ist nicht nur die PDS-Mentalität, mit der sie umgehen muss, der Bezirk ist für seine starke rechtsextreme Szene bekannt.
Neben ihrer Arbeit in diesem Bezirk ist die junge Konservative Mitglied im Landesvorstand der CDU Berlin, für die Junge Union sitzt sie im Bundesvorstand. Erst im Oktober ist die Jungpolitikerin auf dem Deutschlandtag in Oldenburg zum dritten Mal gewählt worden. Dabei traf sie auch ihr großes Vorbild Helmut Kohl. "Gerade im Osten haben wir ihm so viel zu verdanken", sagt sie und erinnert sich an ihre Kindheit in der DDR.
In der ländlichen Umgebung von Bergen auf Rügen wuchs sie die ersten zwölf Jahre ihres Lebens mit ihren beiden Geschwistern in einem Haus auf, dessen "Tür nie verriegelt war". Doch die Idylle trügt. "Die Stasi hatte einen Schlüssel. Die waren ein paar mal da und haben unsere Sachen durchsucht." Drei Wochen vor der Wende zog die Familie nach Berlin um. "Eine spannende Zeit, auch wenn ich damals das ganze noch nicht politisch einordnen konnte", erinnert sie sich.
Mit 17 ging sie für ein Austauschjahr in die USA und entdeckte ihr Interesse an der Politik. Sie wurde in einem Nebenjob Wahlkampfhelferin bei den Gouverneurs-Wahlen in Alabama. Mt einem Mal war sie fasziniert von politischer Arbeit.
Wichtig sind für Astrid Jantz vor allem die christlichen Werte. Als 14-Jährige entdeckte sie die Religion als "Orientierung im Leben". Sie ließ sich taufen und konfirmieren. "Nächstenliebe, Respekt. Das sind einfach klare Richtwerte, die uns die Religion vorgibt. Das müssen wir als CDU auch wieder stärker betonen", erklärt sie ernst. Vor allem will die junge Berlinerin aber mit ihrer Arbeit die Jugendlichen erreichen und Politikverdrossenheit entgegenwirken. Zweimal im Jahr veranstaltet sie in Lichtenberg-Hohenschönhausen ein Planspiel: "Dabei möchte ich den Jugendlichen anhand eines simulierten Parlaments ein demokratisches Grundverständnis vermitteln." Auf ihren Erfolg ist sie stolz: "Denen kann man jetzt nichts mehr vormachen."
Astrid ist schnell. Sie redet schnell, arbeitet schnell und studiert schnell. "Ich kann einfach nichts vor mir herschieben. Ich muss immer alles gleich erledigen", erklärt die kleine dunkelhaarige Frau. In nur drei Semestern hat sie alle Leistungsanforderungen für ihr Studium der Sozial- und Politikwissenschaften an der Humboldt-Universität erbracht. Bei ihren zielstrebigen Studien wollte sich die ehrgeizige junge Frau auch nicht von einem Streik aufhalten lassen. Als Anfang des Jahres an den Berliner Universitäten die Studenten gegen Kürzungen streiken, wird Astrid uniweit bekannt. Sie gründete ein Kompromissforum, wollte den Streik beenden. "Ich wollte nicht, dass wir alle ein ganzes Semester verlieren. Das kostet doch schließlich auch Geld", argumentiert sie. Bei der Abstimmung über die Fortführung des Streiks versuchte sie, ihre Kommilitonen von ihrem Standpunkt zu überzeugen. Tatsächlich entschied sich die Mehrheit der Studierenden bei der Versammlung gegen einen weiteren Streik. Doch dann wurden ihre Parteiämter unter den Kommilitonen bekannt. Die Streikbefürworter starteten eine Kampagne gegen die Studentin mit Amt. Sie wurde als "CDU-U-Boot" tituliert, an den Wänden hingen beleidigende Plakate, und in Vorlesungen, so erzählt sie, wurde sie von Kommilitonen beschimpft. Astrid empfindet die Vorwürfe als ungerecht. "Ich habe als Studentin agiert, nicht als Parteimitglied."
Die Anfeindungen durchzustehen, dabei half ihr das Schlagzeugspielen. Für eine Band hat sie allerdings keine Zeit. Und auch für Freunde, Familie und zum Sporttreiben bleibt wenig Raum. "Aber", sagt sie bestimmt, "manchmal muss man auch Prioritäten setzen. Da geht dann das Streichen des Hauses meiner Mutter vor, auch wenn Wahlkampf ist."
Eine Zukunft ohne gesellschaftliches Engagement kann sie sich nicht vorstellen. Ihre größte Sorge ist, dass versäumt wird, die Politik den Menschen richtig zu vermitteln, und dass extreme Parteien davon profitieren könnten: "Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Politik für die Bürger machen."