Der zweite Sonntag im Mai, Muttertag: Großkampftag für Floristen, Praliniers und Geschenkgutscheinverkäufer. Scharen von Töchtern und Söhnen pilgern beladen mit Bergen von Blumensträußen und Blümchenpostkarten zu Mutter, Mutti oder Mami. Die wird geherzt und gedrückt, vor allem aber wird ihr eines überbracht: Dank. Denn darum geht es am Muttertag: Der Mama Danke sagen, Danke für alles, was sie für uns, ihre Sprösslinge, getan hat.
Nun ist "alles" ein dehnbarer Begriff. Bei der einen Mutter mag "alles" mehr, bei der anderen weniger sein. Doch eines haben Super-Mamis wie Super-Rabenmütter gemeinsam: Sorgen. Den kleinen Windelpupser einmal im Schlepptau, wird plötzlich vieles knapp, was einem vorher lieb und teuer war: Zeit, Geld und Schlaf. Jede zweite Mutter in Deutschland fühlt sich daher, einer aktuellen Umfrage zufolge, "ziemlich ausgebrannt" und "öfter gereizt". Vor allem die Arbeit im Haushalt mache vielen Frauen zu schaffen. Ein weiterer Stressfaktor seien die fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen. Natürlich.
Vielleicht würde den gestressten Neuzeit-Muttis ein Blick ins Mittelalter helfen: Da nämlich gab es weder Kindertagesstätten noch Tagesmütter, auch von Teilzeitstellen und Mutter-Kind-Kuren, Geschirrspülern und Waschmaschinen hat man bislang wenig vernommen. Und doch waren Ehen mit 20 oder mehr Kindern keine Seltenheit. Ein Frau im württembergischen Bönnigheim hat um 1500 sogar 53 Kinder geboren, 38 eheliche Söhne und 15 Töchter in 29 Schwangerschaften, so zeigt es auch ein spätgotisches Gemälde in der Stadtkirche. Dort ist die Super-Mutti abgebildet, gleich neben einer Darstellung der Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem. Neben ihr Mann Adam und die ganze Kinderschar. Kaiser Maximilian I. schickte der gebärfreudigen Dame gar einen Angesandten nach Bönnigheim, um die Wonneproppen in Augenschein zu nehmen. Die kinderreichste Frau Deutschlands - eine reife Leistung ohne Elterngeld und Erziehungsurlaub und ein echtes Vorbild für die müden Mütter von heute: Nervt das Einzelkind zu sehr, sollten sie mal eben an diese Zahl denken - 53 - und nichts wird mehr sein wie zuvor. Alles wird leichter von der Hand gehen. Für uns Anlass genug, hiermit nachträglich zu grüßen: Alles Gute also zum Muttertag nach Bönnigheim! Und natürlich: Danke für alles. Johanna Metz