Als am vergangenen Montag der neu gewählte Landtag im Schweriner Schloss zu seiner ersten Sitzung zusammenkam, hatte sich im Plenarsaal nicht nur die Architektur der Sitzverteilung geändert, sondern es sollte sich auch die Architektur der Geschäftsordnung ändern. Die demokratischen Parteien von SPD, CDU, Linkspartei.PDS und die neu in den Landtag gewählte FDP hatten ein umfangreiches neues Regelwerk für die künftige Zusammenarbeit aufgestellt. Einziger Grund: Der Einzug der NPD in den Landtag. Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider (SPD) sprach dabei von einer wehrhaften Demokratie. "Unser Anspruch ist es, die Demokratie zu schützen", sagte sie. Die Rechtsextremisten waren bei der Wahl am 17. September mit sechs Abgeordneten in das Hohe Haus eingezogen.
Doch die Änderung der Architektur der Geschäftsordnung gleich in der ersten Sitzung erwies sich als schwierigeres Unterfangen als gedacht, zumal die NPD allein 17 Änderungsanträge quasi über Nacht aus dem Boden stampfte.
Im Drei-Parteien-Parlament stellte sich bisher überhaupt nicht die Frage, neben der Landtagspräsidentin mehr als zwei Vizepräsidenten zu wählen. Jetzt jedoch hatten sich die Fraktionen der demokratischen Parteien geeinigt, einen weiteren Vize aus den Reihen der FDP aufzustellen. Das brachte die NPD auf dem Plan, die zu dem FDP-Kandidaten einen Gegenkandidaten benannte. Zwar endete die Abstimmung für die Rechtsextremisten in einem Desaster, sie hatten jedoch zuvor in einem hitzigen Redegefecht den eigenen Mann in Stellung gebracht.
Auch die Zahl der bislang elf Landtagsausschüsse wird künftig reduziert, da mit dem 10. Ausschuss die NPD mit einem Vorsitz zum Zuge käme. Zugleich wird aber die Zahl der Ausschussmitglieder von neun auf zehn erhöht werden müssen. Entsprechend den Fraktionsgrößen sollen SPD und CDU je drei Sitze, PDS zwei, die FDP und die NPD je einen Sitz erhalten. Weitere Änderungen wurden auch für Abstimmungen beschlossen: "Wir wollen eine höhere Transparenz der demokratischen Entscheidungen", gab Landtagspräsidentin Bretschneider als Ziel vor, um bisher jederzeit noch mögliche Anträge auf eine geheime Abstimmung drastisch einzuschränken. Künftig gibt es nur noch bei Personalentscheidungen und in der Vertrauensfrage geheime Abstimmungen. Die gravierendste Änderung in der Frage der Grundgesetzeskonformität betrifft jedoch die Berufsausübung von Wahlkreis- und Fraktionsmitarbeitern. Um zu verhindern, dass die NPD-Abgeordneten einschlägig vorbestrafte Mitarbeiter beschäftigen, erfolgt nach der neuen Geschäftsordnung die Kostenerstattung für Wahlkreismitarbeiter (bis zu 2.230 Euro monatlich) nur noch dann, wenn mit dem Antrag an die Verwaltung ein polizeiliches Führungszeugnis eingereicht wird, "das keine Eintragung wegen vorsätzlicher Begehung einer Straftat enthält". Die größte finanzielle Änderung betrifft die Finanzausstattung der Fraktionen: Hier soll zu Lasten der kleinen Fraktionen gekürzt werden. Das heißt: die großen Fraktionen SPD und CDU erhalten die gleiche Summe wie bislang. Auch die PDS verliert durch ihren neuen Oppositionsstatus nichts. Nur FDP und NPD büßen rund ein Viertel ihres Etats nach altem Schlüssel ein. Für die NPD immerhin 200.000 Euro. Denn, so Parlamentspräsidentin Sylvia Bretschneider: "Natürlich haben wir Interesse daran, dass wir Kräften, die offen die Demokratie abschaffen wollen, nicht noch das Geld zur Verfügung stellen, damit sie ihr Ziel erreichen."