In Berlin geht die Angst um. Die Hauptstadt zittert und schlottert. Man kann es förmlich spüren. Nicht Gesundheitsreform, nicht Unterschicht, nicht Nebenjobs und nicht die leeren Kassen der Hauptstadt treiben der Großen Kolition den Angstschweiß auf die Stirn. Ein Mann lässt die politische Klasse zittern (sofern man bei der aktuellen Debatte den Klassen-Begriff überhaupt verwenden darf): Gerhard Schröder. Münte, Merkel und Minister haben Angst, "dass Gerhard Schröder wieder zurückkehrt. Davor fürchten sie sich in Berlin noch immer", sagt der Journalist Jürgen Leinemann. Jetzt ist es passiert:
ER ist zurück! Mit ebensoviel Getöse, wie er vor gut einem Jahr in der Elefantenrunde die Polit-Manege verlassen hatte - es ist uns allen noch gut im Gedächtnis - , betritt Gerhard Schröder sie jetzt wieder. Wobei Hinaufstürzen es wohl besser trifft.
Die gebotene angsteinflößende Show heißt: "Entscheidungen - Mein Leben in der Politik". Es sind die schnellsten Memoiren eines deutschen Bundeskanzlers, die die Republik je gesehen hat. Und niemand wird sich diesem literarischen Meisterwerk entziehen können. Los geht es Montag: "Bild" und "Der Spiegel" drucken exklusiv vermutlich bahnbrechende Auszüge, abends gibt's Schröder in der ARD in bewegten Bildern. "Gerhard Schröder - Kanzlerjahre", heißt das Porträt. Auf die PR-Appetit-Häppchen folgt am Donnerstag der Hauptgang: Große Buchpräsentation im Willy-Brandt-Haus; mehr als 300 Journalisten haben sich angemeldet, um von dem nach der WM zweitwichtigsten Ereignis des Jahres zu berichten. Vermutlich weil Marcel Reich-Ranicki verhindert war und Michel Friedman zu aggressiv nachfragt, lässt sich Schröder bei der Präsentation vom luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude-Juncker begleiten. Es folgen Lese- und Signierstunden in Hamburg, Hannover, Essen, Dresden - frei nach dem Motto: Aus Wahlkampf mach Buchkampf. Beckmann, Christiansen und der neue Lesefuchs Wickert dürfen in der großen Gerd-Show natürlich auch nicht fehlen. Ein echtes Brimborium.
Dass all dies allerdings schon reicht, unsere Staatslenker ins Boxhorn zu jagen, sollte uns das Fürchten lehren. Denn echte Angst muss eigentlich nur Wandervogel Hape Kerkeling haben - um Platz 1 in der aktuellen Bestsellerliste.