Beim Thema "Die Super Nanny" geriet Marlene Rupprecht (SPD) in Rage. "Egal, welches Motiv dahinter steckt, es ist eine Schrottsendung, wenn sie die Persönlichkeitsrechte von Kindern gröblich missachtet", kritisierte die Bundestagsabgeordnete das RTL-Format scharf. In der Sendung greift eine Sozialpädagogin vor laufender Kamera überforderten Eltern bei der Erziehung ihrer Sprösslinge unter die Arme. Anlass für Rupprechts temperamentvollen Ausbruch: die These von Hanne Walberg, Diplompädagogin und wissenschaftliche Mitarbeiterin im Arbeitsbereich Medienpädagogik der Universität Mainz, dass "Die Super Nanny" die Zuschauer durchaus für Probleme in der eigenen Familie sensibilisieren könne.
Ansonsten aber ging es eher unaufgeregt zu bei der öffentlichen Anhörung zum Thema "Kinder und Medien", zu der die Kinderkommission des Bundestages am Mittwochnachmittag drei Experten ins Paul-Löbe-Haus geladen hatte - außer Walberg Sabine Eder, Sprecherin der Fachgruppe "KiTa" der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK), sowie Thomas Waldner, Chef vom Dienst in der Hauptredaktion Neue Medien des ZDF und in dieser Funktion auch zuständig für die Internetseite SCHAU HIN!. Dieses Onlineportal, das unter anderem vom Bundesfamilienministerium sowie von ARD und ZDF ins Leben gerufen wurde, gibt Eltern Orientierungshilfen in Sachen Mediennutzung und -erziehung.
"Medienkompetenz - wie erreichen wir Problemfamilien?" lautete die Leitfrage der Kommission, die 1988 als ein Unterausschuss des Ausschusses für Familien, Senioren, Frauen und Jugend gegründet wurde und eine ganz spezielle Aufgabe hat: die Interessenvertretung von Kindern und Jugendlichen. Gleich einen ganzen Antwortenkatalog hatte Sabine Eder parat: Familienbetreuung, individuelle pädagogische Beratungsangebote, medienpädagogische Angebote vor Ort, aktive Medienarbeit schon mit kleinen Kindern -und das alles möglichst ohne den berühmten pädagogischen Zeigefinger. "Ich mache bereits mit Vierjährigen Trickfilmprojekte, und das klappt wunderbar", berichtete sie von ihren Erfahrungen.
Auch Walberg sprach sich dafür aus, so früh wie möglich mit der Medienerziehung zu beginnen und dabei auch die Kooperation mit Frauen- und Kinderärzten, Stadtteilzentren und Sportvereinen zu suchen. Allerdings reichen hier medienpädagogische Maßnahmen allein nicht aus, um das Medienverhalten in Problemfamilien zu ändern, da vor allem das Fernsehen in diesen Familien überfunktionalisiert werde. "Das Fernsehen wird zur Strukturierung und Aufrechterhaltung des Familienlebens benötigt, es ist gewissermaßen systemerhaltend", so Walberg. Auf die Problematik von Projekten wie "SCHAUHIN" wies durchaus selbstkritisch Thomas Waldner hin: "Auf solche medienpädagogischen Angebote greifen im Normalfall die Eltern zu, die das gar nicht nötig haben", so der Journalist. "Wir müssen in die Arztpraxen und zum Aldi um die Ecke, um die Familien zu erreichen, die wir erreichen wollen."