Mit der Reform soll unter anderem dem Ärztemangel in Ostdeutschland begegnet werden. Dazu sollen niedergelassene Ärzte und Zahnärzte künftig Zweigpraxen eröffnen dürfen und zwar auch außerhalb eines Bezirks einer Kassenärztlichen Vereinigung. Außerdem sollen Vertragsärzte und -zahnärzte ohne Begrenzung Mediziner anstellen können. Bislang ist diese Möglichkeit auf einen ganztags beschäftigten oder zwei halbtags beschäftigte Ärzte einer Fachrichtung beschränkt. Grundsätzlich begrüßte die KBV die Flexibilisierung des Vertragsarztrechtes, bemängelte aber sogleich, dass die Budgetierung kassenärztlicher Leistungen bestehen bleibe. Auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz, mahnte eine "Liberalisierung bei der Finanzierung" an. Zudem bestehe für die Patienten die Gefahr der Leistungsverschlechterung, etwa, wenn im Zuge der Reform in erster Linie auf Gewinn ausgerichtete Praxisketten tätig würden.
Der Chef der Kassenärztlichen Vereinigung, Hans-Joachim Helming, zeigte sich skeptisch über die Wirkung des geplanten Wegfalls der Altersgrenze für das Ende der vertragsärztlichen Tätigkeit von 68 Jahren in unterversorgten Gebieten. In Brandenburg liege das Ausstiegsalter von Ärzten bei 60,2 Jahren. Der Wegfall der Altersgrenze werde daher wenig bringen. Die Arbeitsgemeinschaft der Kassenärztlichen Vereinigungen der neuen Länder sprach sich auf eine Frage der Fraktion Die Linke für Zuschläge für die Mediziner aus, die sich in unterversorgten Gebieten niederlassen. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Johann-Magnus von Stackelberg, regte an, dass es in mit Ärzten überversorgten Gebieten Abschläge bei Nachrückern in die Praxen geben müsse. Diese könnten dann als Zuschläge in unterversorgten Gebieten ausgeschüttet werden.
Breiten Raum nahm in der Anhörung die zum Teil eklatante Unterversorgung im kinder- und jugendpsychologischen Bereich ein. Nach Darstellung des Bundesverbandes der Vertragspsychotherapeuten gibt es beispielsweise in ganz Sachsen-Anhalt nur zwei Kinder- und Jugendpsychotherapeuten. Mehrere Psychotherapeutenverbände schlugen als Gegenmaßnahme zur Unterversorgung eine 20-prozentige Quote für Leistungserbringer vor, die sich verpflichten, überwiegend oder ausschließlich Kinder und Jugendliche psychotherapeutisch zu behandeln. Danach würden - entsprechend dem Anteil von Kindern und Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung - 20 Prozent der Vertragsarzt- und Vertragspsychotherapeutensitze für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen reserviert.
Bereits am heutigen Montag gibt es zu der geplanten Reform des Vertragsarztechts eine weitere Expertenanhörung. Im Fokus stehen dann Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen. Zum einen soll die Zustimmungspflicht des Bundesrates zu dem Gesetz gestrichen werden. Zum anderen geht es um eine Ergänzung zur Entschuldung der Krankenkassen.