Ernährung und Landwirtschaft. Die Hauptursachen für den Rückgang der tiergenetischen Ressourcen bei Nutztieren standen im Mittelpunkt einer Anhörung des Agrarausschusses am 18. Oktober. Grundlage war der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuordnung des Tierzuchtrechts ( 16/2292).
Wilhelm Wemheuer von der Georg-August-Universität Göttingen führte den Rückgang vor allem auf den Zwang zurück, "möglichst viel Milch pro Kuh, möglichst viele Ferkel pro Sau, möglichst viel Lammfleisch pro Mutter zu verkaufen". Dies führe nicht nur dazu, dass bestimmte Rassen bevorzugt würden, sondern innerhalb der Rassen auch noch bestimmte Linien oder Vatertiere. Mit der zweitbesten Rasse oder dem zweitbesten Vatertier gebe man sich nur zufrieden, wenn die Beschaffungskosten deutlich geringer seien.
Für Heike Schneider von der Gesellschaft für ökologische Tierhaltung zeigt sich der Rückgang tiergenetischer Ressourcen zum einem im Verlust an "sichtbarer Vielfalt", nämlich den zumeist regional bedeutsamen und vielfach kleineren Populationen beziehungsweise Rassen bei den Tierarten Schwein, Rind und Geflügel, die als Folge der züchterischen Nichtbearbeitung unter veränderten Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft völlig oder fast völlig ausgestorben seien.
Demgegenüber seien die biologischen Leistungen der landwirtschaftlichen Nutztiere in den vergangenen Jahrzehnten wesentlich gesteigert worden. Herdendurchschnittsleistungen von mehr als 10.000 Kilogramm Milch pro Kuh zeugten von einem enormen Leistungspotenzial. Ein Bündel von Maßnahmen in Züchtung, Tierernährung und Tierhaltung führten zu diesen enormen Veränderungen, so Schneider.
Lothar Döring vom Landeskontrollverband für Leistungs- und Qualitätsprüfung Sachsen-Anhalt machte neben mangelnder Wirtschaftlichkeit geringe oder fehlende finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand für den Rückgang verantwortlich. Demgegenüber stellte Carl-Stephan Schäfer von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Rinderzüchter fest, dass sich die Zahl der Rinderrassen in Deutschland in den letzten 50 Jahren deutlich erhöht habe. Eine ausschließliche Betrachtung der tiergenetischen Ressourcen auf nationaler Ebene sei nicht zulässig. Der Erhalt genetischer Ressourcen müsse in europäischem oder sogar internationalem Kontext gesehen werden, so Schäfer.