Die Hamburger Justizvollzuganstalt Fuhlsbüttel ("Santa Fu") ist eines der ersten Gefängnisse, in dem die Haftbedingungen verschärft worden sind. In den Genuss von Hafterleichterungen und anderen Vergünstigungen wie Sport kommen nur noch Häftlinge, die sich kooperationsbereit verhalten.
Santa Fu und raus bist du" reimte die Hamburger CDU in ihren Oppositionszeiten und forderte einen sicheren Strafvollzug. Nach der Wahl des CDU-Bürgermeisters Ole von Beust wurde die Hamburger Gefängnislandschaft radikal umgebaut. Justizsenator Roger Kusch (CDU) hat in seiner Amtszeit unter anderem die Bewegungsfreiheit der Häftlinge innerhalb der Gefängnisse stark eingeschränkt, die Telefonkontrollen verstärkt sowie mehrere hundert Haftplätze im offenen Vollzug abgebaut. Sein Nachfolger Carsten Lüdemann (CDU) setzt diesen Kurs fort und hat durch den Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit auf die Länder jetzt noch bessere Möglichkeiten als sein Vorgänger: "Das neue Hamburger Strafvollzugsgesetz wird Gefangenenrechte einschränken und Lockerungen stärker an Vorleistungen der Häftlinge koppeln", sagt Lüdemann (siehe Interview unten).
Doch bereits ohne das neue Gesetz hat sich das Leben der Gefangenen im Hamburger Strafvollzug in vielen Bereichen entscheidend verändert. Besonders deutlich wird dies in der mit über 1.000 Haftplätzen größten und auch ältesten Hamburger Justizvollzugsanstalt (JVA), dem Hochsicherheitsgefängnis Fuhlsbüttel ("Santa Fu").
Vor dem Regierungswechsel in der Hansestadt konnten sich auch Schwerverbrecher wie Mörder oder Sexualstraftäter in der JVA Fuhlsbüttel innerhalb ihres Hafthauses völlig frei bewegen und hatten so die Möglichkeit, sich in Gruppen zusammenzuschließen, um zum Beispiel andere Häftlinge zu unterdrücken oder mit Drogen zu handeln. Um dies zu verhindern, ist "Santa Fu" seit dem Jahr 2004 in kleinere Einheiten unterteilt, die räumlich voneinander getrennt sind. "Jeder neue Gefangene kommt zunächst in die Zugangsgruppe, wo eine Eingangsuntersuchung stattfindet und der Vollzugsplan erstellt wird", erläutert die stellvertretende Anstaltsleiterin Karen Knaack. Danach würden die Gefangenen je nach Behandlungsfortschritt der Basis-, der Entwicklungs- oder der Bewährungsgruppe zugewiesen. "Diese Zuordnung wird regelmäßig überprüft und entscheidet über die Bewegungsfreiheiten innerhalb des Hafthauses", sagt Knaack.
Die rückläufigen Zahlen beim Verdacht neuer Straftaten innerhalb des Hamburger Vollzuges wertet die Justizbehörde als ersten Erfolg des neuen Konzeptes: So wurden im Jahr 2000 in über 200 Fällen Ermittlungen gegen Strafgefangene eingeleitet, fünf Jahre später gab es weniger als 150 neue Ermittlungsverfahren.
Parallel zur Bewegungsfreiheit innerhalb der Haftanstalt, werden jetzt auch die Kontakte nach außen stärker kontrolliert. So können die Häftlinge nur noch mit Hilfe einer Pin-Nummer sowie einer auf 100 Euro im Monat begrenzten Geldkarte telefonieren und müssen sich die Telefonnummern, die sie anrufen wollen, zuvor genehmigen lassen. Zudem ist das Telefonieren nur von der eigenen Station möglich und die Gespräche werden stichprobenweise überwacht. "Früher konnte jeder Gefangene mit beliebigen Personen so häufig wie er wollte telefonieren", berichtet Knaack."So war es möglich, Straftaten aus dem Gefängnis heraus zu organisieren." Durch die Neuregelung werde dies jetzt bekämpft. "Gleichzeitig können förderungswürdige soziale Kontakte, beispielsweise zur Familie, aufrechterhalten werden", sagt Knaack.
Familienmitglieder oder Freunde zu treffen, ist für die Gefangenen allerdings wesentlich schwieriger geworden, denn Vollzugslockerungen wie Ausgang (vorübergehendes Verlassen der Haftanstalt) oder Urlaub (mehrtägiges Verlassen der Haftanstalt) hat die Justizbehörde stark eingeschränkt. So gab es im gesamten Hamburger Strafvollzug im Jahr 2001 noch über 17.000 Beurlaubungen von Gefangenen, vier Jahre später sind es noch 6.000, obwohl sich die gesetzlichen Voraussetzungen nicht geändert haben. "Wir wenden das Gesetz jetzt restriktiver an", sagt Carsten Grote, Pressesprecher der Hamburger Justizbehörde, zu der neuen Bewilligungspraxis. So werden für Gefangene aus dem Drogenmilieu nur noch Hafterleichterungen genehmigt, wenn sie durch regelmäßige Urinkontrollen den Nachweis erbringen, keine Drogen mehr zu konsumieren.
Auch bei der Verlegung in den offenen Vollzug, der nach derzeit gültigen Gesetzen der Regelvollzug ist, handelt die Justizbehörde wesentlich vorsichtiger als unter dem früheren rot-grünen Senat: Nicht einmal zehn Prozent der Hamburger Strafgefangenen sind noch im offenen Vollzug untergebracht, im Jahr 2001 waren es noch fast ein Viertel.
In vielen anderen Bundesländern gibt es parallele Entwicklungen: So sank in Hessen der Anteil der Gefangenen im offenen Vollzug von fast einem Drittel auf rund zehn Prozent. Ebenfalls stark zurück gegangen ist die Zahl der Haftplätze im offenen Vollzug unter anderem in Bremen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Andere Bundesländer, wie Bayern oder Sachsen, bringen seit jeher über 90 Prozent ihrer Gefangenen in geschlossenen Haftanstalten unter. Vollzugslockerungen wie Hafturlaub oder Ausgänge werden bundesweit ebenfalls seltener genehmigt: Im Jahr 2000 wurden in den alten Bundesländern pro 100 Gefangene im Durchschnitt etwa 1.200 Ausgänge gewährt, vier Jahre später gab es nur noch rund 980 Bewilligungen. Trotz dieser immer restriktiveren Praxis wollen aber auch die CDU-geführten Länder in ihren neuen Strafvollzugsgesetzen Lockerungen ausdrücklich vorsehen. Allerdings sollen die gesetzlichen Voraussetzungen verschärft werden (siehe "Föderales Gefängnisleben"). Dies entspricht auch den Plänen der Hamburger Justizbehörde.
"Offener Vollzug und Lockerungen bleiben wichtige Bausteine, wir setzen aber stärker als früher auf Arbeit und Therapie, um dem Resozialisierungsauftrag des Strafvollzuges gerecht zu werden", betont Grote. So sei es gelungen, die Quote der arbeitenden Gefangenen innerhalb von fünf Jahren um über acht Prozent zu erhöhen, so dass jetzt mehr als die Hälfte aller Insassen eine Beschäftigung habe. Gerade "Santa Fu" verfüge über mehr als 20 Werkstätten, darunter eine Druckerei und ein Rollladenbau. Für Langstrafler bestehe zudem die Möglichkeit, eine Ausbildung zum Maler, Tischler oder Maurer zu absolvieren. Zusätzlich gebe es eine anstaltseigene Schule sowie zahlreiche Qualifizierungsprojekte von externen Anbietern, wie zum Beispiel dem Berufsbildungswerk.
Für Gewalt- und Sexualstraftäter existiere in "Santa Fu" eine sozialtherapeutische Abteilung. Die Zahl der Plätze sei sogar erhöht wörden, so Grote. Kritiker halten dies für ein Scheinargument: "In einem Hochsicherheitsgefängnis mit so eingeschränkten Bewegungsfreiheiten wie der JVA Fuhlsbüttel ist eine erfolgreiche Therapie überhaupt nicht möglich", sagt Gerhard Rehn, Abteilungsleiter in der Hamburger Justizbehörde zu Zeiten der rot-grünen Senatskoalition. Seiner Meinung nach bedarf es zwingend kleinerer Einheiten, um besonders schwierige Gefangene zu resozialisieren.
Rehn hält deshalb die Schließung der früher für die Sozialtherapie zuständigen offenen Haftanstalt Hamburg-Altengamme für einen schweren Fehler und die von der Justizbehörde dafür ins Feld geführten finanziellen Argumente für vorgeschoben. Strafgefangene würden vor allem aus ideologischen Gründen schlechter behandelt als früher. Allenfalls befriedige die rigide Lockerungspraxis den Ressort-Egoismus: "Der Justizsenator kann sich toll fühlen, weil es weniger Missbrauch gibt, aber für eine erfolgreiche Resozialisierung hilft es nicht", sagt Rehn.
Justizpressesprecher Grote kontert: "Der Erfolg einer Therapie ist nicht vom Ort abhängig, sondern vom Inhalt sowie der Mitarbeitsbereitschaft des jeweiligen Gefangenen." Auch die schärferen Kontrollen bei Lockerungen dienen aus Sicht der Justizbehörde nicht nur dem Schutz der Bevölkerung, sondern auch dem gesetzlichen Resozialisierungsauftrag. Cartsen Grote: "Wir können schließlich Gefangene nur dann erfolgreich behandeln, wenn sie uns nicht vorher weglaufen."
Durch die Föderalismusreform ist die Gesetzgebungszuständigkeit für den Strafvollzug auf die Länder übergegangen. Damit endet die Ära des von der Ideologie der 70er-Jahre geprägten Bundesstrafvollzugsgesetzes. Die Folge: Die Gefangenen müssen mit härteren Haftbedingungen rechnen. Bereits jetzt haben viele CDU-geführte Bundesländer ihren Strafvollzug verschärft. Das Beispiel der Hamburger Haftanstalt Fuhlsbüttel ("Santa Fu") zeigt die tief greifenden Änderungen.