Nach dem Übergang der Gesetzgebungszuständigkeit auf die Bundesländer müssen diese jetzt eigene Paragrafenwerke zum Strafvollzug vorlegen. Die geplanten Regelungen weichen stark voneinander ab.
Eltern mit schulpflichtigen Kindern sind Umzüge in ein anderes Bundesland seit jeher ein Graus: Das föderale Schulsystem in Deutschland bedeutet für viele zusätzlichen Strapazen, denn die regionalen Unterschiede sind enorm. Ähnlichen Stress haben bald Straftäter, die in das Gefängnis eines anderen Bundeslandes verlegt werden, denn die künftigen Landesstrafvollzugsgesetze werden stark voneinander abweichen.
Eine Umfrage bei den 16 Landesjustizministerien ergab, dass mehrere konservativ geführte Bundesländer die Haftbedingungen deutlich verschärfen wollen, andere Landesregierungen planen nur kleinere Änderungen oder beabsichtigen sogar das komplette Bundesstrafvollzugsgesetz in ihr Landesrecht zu übernehmen. Auch bei der Gesetzestechnik gehen die Vorstellungen der Länder weit auseinander. Einige der Länder wollen jeweils eigene Gesetze zum Jugend- und Erwachsenenstrafvollzug sowie zur Untersuchungshaft vorlegen, andere Justizverwaltungen erarbeiten gerade ein einheitliches Paragraphenwerk mit mehreren Kapiteln.
Am weitesten fortgeschritten ist das bayerische Justizministerium, das bereits einen kompletten Gesetzentwurf erarbeitet hat, der zahlreiche Gefangenenrechte einschränkt: So soll es künftig keinen Anspruch mehr auf eine Einzelzelle geben. Zudem plant Bayern die Gefangenen stärker an den Haftkosten zu beteiligen. Dies gilt unter anderem für medizinische Behandlungen, aber auch für den individuellen Stromverbrauch im Haftraum.
In die gleiche Richtung gehen die Eckpunkte, die das niedersächsische Justizministerium veröffentlicht hat. Danach sollen zum Beispiel bei allen drogenauffälligen Gefangenen Lockerungen wie Urlaub oder Ausgang künftig von Urinkontrollen abhängig gemacht werden.
Auch die CDU-geführten Länder Baden-Württemberg und Hessen planen die Häftlinge künftig stärker in die Pflicht zu nehmen sowie den Schutz der Allgemeinheit als ein wesentliches Ziel in ihren neuen Landesstrafvollzugsgesetzen zu verankern. Auch der Hamburger Justizsenator Carsten Lüdemann (CDU) betont diesen Aspekt: "Im Vordergrund des Strafvollzuges muss die Sicherheit der Bevölkerung stehen. Dies werden wir im neuen Landesstrafvollzugsgesetz auch ausdrücklich festschreiben", so Lüdemann (siehe Interview).
Andere CDU-geführte Länder wie unter anderem das Saarland und Nordrhein-Westfalen sehen hingegen kaum Änderungsbedarf im Strafvollzug. Eine Meinung, die in Ländern mit Regierungsbeteiligung der SPD (Rheinland-Pfalz, Berlin, Schleswig-Holstein) geteilt wird. Mecklenburg-Vorpommern plant sogar, die neu eingeräumte Landeskompetenz nicht zu nutzen: "Wir wollen das bisherige Strafvollzugsgesetz als Bundesrecht weiter gelten lassen", sagt die Schweriner Justizsprecherin Nicolette Otto.