WELTRAUMTOURISMUS
Schon bald soll es kommerzielle Flüge an den Rand des Alls geben - das wird nicht ganz billig
Als der britische Astrophysiker Stephen Hawking nach einem Schwerelosigkeitsflug Ende April auf die Erde zurückkehrte, war er selig vor Glück: "Ich hätte immer weitermachen können", sagte der berühmte Wissenschaftler. Eine umgebaute Boeing 727-200 hatte Hawking mehrere Male in steilem Flug auf rund 10.000 Meter Höhe gebracht, um dann ebenso steil wieder hinabzustürzen - und dabei die Schwerelosigkeit für rund eine halbe Minute aufzuheben. Der so genannte Parabelflug war nur der Test für Höheres: 2009 will Hawking ins Weltall.
Anders als frühere Weltraumtouristen ist er nicht mehr auf staatliche Raumfahrtbehörden angewiesen. Vor Jahren haben Unternehmen den Weltraumtourismus als lukratives Geschäftsfeld entdeckt. Seitdem arbeiten sie intensiv an der Entwicklung von Raketen, die Touristen zumindest außerhalb der Erdatmosphäre bringen können.
Auslöser des privatwirtschaftlichen Weltraumbooms war der "Ansari-X-Prize", bereits 1996 von einer amerikanischen Stiftung ausgelobt für das Team, dem mit einem selbst entwickelten Fluggerät zwei bemannte Flüge bis zum Rand des Weltalls in 100 Kilometer Höhe gelingen würden. Den mit 10 Millionen US-Dollar dotierten Preis gewann ein von Microsoft-Mitbegründer Paul Allen mitfinanziertes US-Team um den erfahrenen Luftfahrtingenieur Burt Rutan: "Space Ship One" stieg im Oktober 2004 zum zweiten Mal in den Weltraum auf.
Der Erfolg zog neue Investoren an: Nun engagiert sich auch Richard Branson, Chef der britischen Virgin-Gruppe, in der Raumfahrt. Für dessen neu gegründete Sparte "Virgin Galactic" entwickelt Rutan momentan "Space Ship Two". Schon bald sollen die ersten Touristen per Suborbitalflug an den Rand des Alls gebracht werden.
Rund 200.000 Dollar soll der exklusive Trip kosten. Noch ist unklar, wann es losgeht. Schon mehrere Male musste der Jungfernflug verschoben werden, nun will Branson spätestens 2009 starten. "Wir führen eine Warteliste", sagt Thomas Kraus, Inhaber des Weltraumreisebüros European Space Tourist in Bonn. Buchen kann man bei ihm noch nicht: "Das wäre unredlich, schließlich gibt es das Angebot noch gar nicht."
Michael Reichert denkt einen Schritt weiter. Statt nur am Rand des Alls zu kratzen, glaubt der Raumfahrtexperte vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt langfristig an die Einrichtung eines Weltraumhotels, das die Erde in rund 400 Kilometer Höhe umkreisen könnte. "Das Problem ist nicht die Unterbringung, sondern die Anreise", sagt er. Einen Übernachtungspreis von rund 100.000 Euro hat er pro Person errechnet, im Vergleich zu den Anreisekosten geradezu ein Schnäppchen: Reichert kalkuliert mit mehreren zehn Millionen Euro - zu viel für eine große Nachfrage.
Wer nur die Schwerelosigkeit erleben will, kann jedoch auch auf erdnahe Parabelflüge zurückgreifen. Schon für rund 6.000 Euro bieten Veranstalter ein mehrtägiges Programm in Russland an. Doch nicht für jeden ist der rabiate Berg-und-Tal-Flug geeignet. "Das verlangt schon einen intensiven Wunsch des Reisenden", sagt Michael Schultz vom Reisevermittler Space Travellers. "Nicht umsonst heißen die Flugzeuge schließlich Kotzbomber".