SEXTOURISMUS
Das Geschäft mit dem Missbrauch boomt - nur selten folgen Prozesse
Den Anfang machte der Vietnamkrieg: US-amerikanische GIs, die zum berüchtigten "R&R" (Rest and Recreation), zu deutsch Fronturlaub, ins benachbarte Thailand geschickt wurden, begründeten bei diesen Ausflügen den Sextourismus und damit eine Form von Reisen, die trotz offizieller Ächtung und politischer Bemühungen bis heute boomt. Die Uno schätzt, dass allein in Südostasien jedes Jahr eine halbe Million Europäer Sexurlaub machen. Weltweit dürfte die jährliche Zahl der Sextouristen bei weit über einer Million liegen.
Experten schätzen auch, dass sich alleine 50.000 deutsche Männer in jedem Jahr im Ausland an Minderjährigen vergreifen. Kinder sind Hauptopfer des Sextourismus, beiderlei Geschlechts, und nach Erkenntnissen der Kinderschutzorganisation Terre des hommes in der Mehrheit erst zwischen sieben und elf Jahre alt. Auch wenn das Bundeskriminalamt weltweit 60 Verbindungsbeamte beschäftigt, die auch für die Ermittlung von Päderasten zuständig sind, kommt es in den Heimatländern der Urlauber in den allerseltensten Fällen zum Prozess. Gründe dafür gibt es viele: die Angst der Kinder, die aufwendige und oft nicht bis zum Ende geleistete Beweisführung, die in vielen Ländern übliche Korruption, die Tatsache, dass Täter immer bessere Anwälte haben als ihre mittellosen Opfer. Einige Ausnahmen gibt es: In Kambodscha, jahrelang ein Dorado für Kinderschänder, sind in den vergangenen Jahren mehrmals Ausländer, unter ihnen auch ein Deutscher, zu bis zu zehn Jahren Haft verurteilt worden.
Dass der Zusammenhang zwischen Tourismus und der Ausbeutung von Kindern immanent, also nicht zufällig und sporadisch ist, ist seit den 1980er-Jahren durch mehrere internationale Studien belegt. Reiseunternehmen stellen sich dieser Verantwortung erst seit einigen Jahren - und längst nicht immer offensiv. Dabei verpflichtet der von der Welttourismusorganisation (UNWTO) und Kinderrechtlern initiierte Code of Conduct seit 2003 Reiseveranstalter der Unterzeichnerstaaten - und das sind fast alle-, sich des Themas anzunehmen.
Der Verhaltenskodex schreibt dem Unternehmen vor, Mitarbeiter wie Urlauber über Kinderprostitution und ihre Folgen aufzuklären und regelmäßige Berichte über Maßnahmen im Kampf gegen selbige zu erstellen. Beispielhaft umgesetzt hat den Code of Conduct als eine von wenigen die deutsche Fluggesellschaft LTU: Sie forderte im Sommer vergangenen Jahres auf all ihren Flügen in einem Aufklärungsspot dazu auf, nicht wegzuschauen, wenn Passagiere am Urlaubsziel sexueller Ausbeutung begegnen. Produziert haben den Spot die Kinderschützer von Terre des hommes, die auch auf der Website www.child-hood.com Reisende wie Reiseindustrie zu verantwortungsvollem Handeln aufrufen.