KRANKHEITEN
Wer richtig impft, ist auf der sicheren Seite
Mit einem "Trunk aus der Quelle des Lebens" verglich einst der Dramatiker Christian Friedrich Hebbel das Reisen. Bis heute ist diese Quelle nicht versiegt, im Gegenteil, sie sprudelt munter weiter. Die Deutschen sind reisefreudig wie kaum eine andere Nation, selbst oder gerade wenn es in Länder des fernen Afrikas, Amerikas oder Asiens geht. Allein im vergangenen Jahr unternahmen sie 4,3 Millionen Fernreisen, mehr als doppelt so viele wie noch vor zwanzig Jahren. Mit im Reisegepäck sind jedoch häufig nicht nur Souvenirs und Erinnerungsfotos für die Daheimgebliebenen, sondern auch gefährliche Krankheiten. Spätestens seit den spektakulären Fällen der Lungenkrankheit SARS im Jahr 2003 und der Vogelgrippe geht das Schreckgespenst von weltweiten Epidemien um, rasant verbreitet durch die schier grenzenlosen Reisemöglichkeiten.
Jährlich veröffentlicht das Robert-Koch-Institut (RKI) in seinem epidemiologischen Bulletin Zahlen über Infektionskrankheiten, die auf Reisen erworben wurden - vor allem in afrikanische, asiatische oder amerikanische Länder. Im Gegensatz zur öffentlichen Wahrnehmung zeigt sich hier, die Ansteckungsraten sind stabil, wenn nicht sogar rückläufig. So stehen 89 Typhus-Fällen im Jahre 2001 lediglich 75 Typhus-Erkrankungen im vergangenen Jahr gegenüber. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei Durchfall- und Fiebererkrankungen. 568 Mal trat Malaria, das häufigste Reisesouvenir von Tropentouristen, im vergangenen Jahr auf - 2001 hatten noch 1.049 Reisende die Krankheit mit in die Heimt gebracht. "Eine Weiterverbreitung in Deutschland ist dabei selten, zumal viele der Krankheiten nicht von Mensch zu Mensch übertragbar sind und hohe Hygienestandards die Übertragung verhindern", erläutert Professor Erich Kröger, medizinischer Leiter des Centrums für Reisemedizin.
Aber es gibt diese seltenen Fälle. Ein Kuriosum ist zum Beispiel die so genannte Flughafenmalaria: In den Triebwerken der Flugzeuge gelangen Malaria-Mücken unbeschadet nach Deutschland und verbreiten hier die Krankheit weiter. Oder der Fall eines Kochs aus Hamburg, der sich bei einer Indienreise mit Typhus ansteckte und vor seinem Tätigkeitsverbot den Erreger auch an vier seiner Gäste weitergab. "Dies ist aber kein generelles Problem, sondern die Ausnahme", gibt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut Entwarnung.
Insgesamt sind sich die Touristen heute der gesundheitlichen Gefahren des Reisens zunehmend bewusst, darin ist man sich beim Gesundheitsdienst des Auswärtigen Amtes einig. Hinzu kommt ein verstärktes Interesse der Fachwelt. Einmal jährlich richtet das Auswärtige Amt einen Kongress für Reisemedizin aus, mit steigenden Teilnehmerzahlen. Auf diese Weise kann falschen Diagnosen vorgebeugt werden, denn nicht immer werden die Tropenkrankheiten erkannt. Trotzdem führt das Robert-Koch- Institut in seinem epidemiologischen Bulletin 75 Prozent der Malaria-Erkrankungen auf fehlende Prophylaxe zurück; andere nahmen die Medikamente falsch ein. Sechs Menschen starben im Jahr 2005 an den Folgen des Tropenfiebers.
Enno Winkler, Leiter des Gesundheitsdienstes des Auswärtigen Amtes, rät deshalb, vor einem Urlaub in Risikogebieten immer einen erfahrenen Reisemediziner aufzusuchen, der dann individuell über Schutzmaßnahmen berät. Dieser Zweiklang aus Erfahrung und persönlicher Beratung mache einen wirksamen Schutz erst möglich. Denn in jedem Land existieren unterschiedliche Krankheiten und die Ansteckungsgefahr hängt von verschiedensten Faktoren ab: Wer sich beispielweise als Rucksack-Tourist durch den afrikanischen Busch kämpft, setzt sich tendenziell größeren Risiken aus, als ein Vier-Sterne-Urlauber am hoteleigenen Strand.
Voraussetzung für den richtigen Impfschutz: Prophylaxe-Medikamente müssen an die Dauer der Reise und den Urlaubsort richtig angepasst werden, Impfungen ebenfalls genau terminiert sein. Aus Sicht von Winkler sind Diphtherie, Tetanus und Hepatitis A die wichtigsten Reiseimpfungen, wobei die Impfstoffe heute gut verträglich seien.
Trotzdem ist man sich unter Experten der Gefahr bewusst, die von neuen Krankheiten wie SARS ausgeht. "Neue Krankheiten bedeuten immer eine potentielle Gefahr", unterstreicht der Leiter des Gesundheitsdienstes. Auf Initiative des Robert-Koch-Instituts wurde Ende der 1990er-Jahre eine ständige Arbeitsgemeinschaft der Kompetenz- und Behandlungszentren ins Leben gerufen, ein dezentrales Netz aus Beratungsstellen, Isolierstationen und Klinken für den Umgang mit gefährlichen Krankheiten und Seuchen. Zusätzlich installierte die Europäische Union 1998 ein Netz für die epidemiologische Überwachung und Kontrolle übertragbarer Krankheiten. Auch im Rahmen der Entwicklungshilfe engagieren sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die EU für die Bekämpfung von Krankheiten wie Malaria oder AIDS. Wichtig, so die Mediziner, ist vor allen Dingen die Eigenverantwortung des Touristen und so ist eine detaillierte Information beim Auswärtigen Amt, den Tropeninstituten, dem Robert-Koch-Institut oder dem Centrum für Reisemedizin sowie bei allen reisemedizinisch ausgebildeten Ärzten vor Urlaubsantritt unerlässlich.