USA
Schwarzeneggers Kalifornien gilt als Vorreiter für mehr Klimaschutz im Land. Doch auch andere Bundesstaaten entdecken zunehmend die erneuerbaren Energien.
Kalifornien wird die Nummer eins im Klimaschutz und bei erneuerbaren Energien sein", verkündet Gouverneur Arnold Schwarzenegger selbstbewusst. Kaum ein Fernsehauftritt, in dem er nicht die solare Zukunft und die wirtschaftlichen Chancen ökologischen Wirtschaftens propagiert. Und der Ex-Terminator macht tatsächlich Dampf: Der "Global Warming Solutions Act" schreibt in Kalifornien eine Reduzierung der Treibhausgase bis 2020 um 25 Prozent auf das Niveau von 1990 fest. Schon 2010 müssen entsprechend dem "Renewable Portfolio Standard" die privaten Energieversorger 20 Prozent ihrer Lieferungen aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Vor zwei Jahren räumte ihnen "Arnie" hierfür eine Frist bis 2017 ein. Bis 2020 muss der Anteil von Sonne, Wind & Co. an der Stromversorgung 33 Prozent betragen. Die California Solar Initiative (CSI) ist das größte Förderprogramm in den USA für Sonnenstrom. Neue Fotovoltaikanlagen mit einer Leistung von insgesamt drei Gigawatt sollen bis 2017 auf einer Million Dächern installiert werden. 3,2 Milliarden US-Dollar Fördermittel werden dafür bereitgestellt.
Dagegen hält sich das Weiße Haus mit Zielvorgaben und Förderanreizen für Klimaschutz und regenerative Energien zurück. Zwar gibt es seit vergangenem Jahr eine Steuergutschrift von 30 Prozent der Investitionssumme für Fotovoltaikanlagen und Brennstoffzellen, doch die Regelung ist derzeit noch auf zwei Jahre befristet. Die Solar Energy Industries Association (SEIA) kämpft nun um eine Verlängerung des Steueranreizes bis 2016 und unterstützt eine entsprechende Gesetzesvorlage der Kongresssprecherin Nancy Pelosi von den Demokraten. "Clean Coal, die neue Generation von Atomreaktoren, Ethanol und andere Technologien bekommen eine acht- bis zehnjährige Steuervergünstigung, nur die Solarenergie und Brennstoffzellen werden schlechter behandelt", beklagte SEIA-Präsident Rhone Resch jüngst bei einer Kongress-anhörung.
Dafür werden zunehmend mehr Gouverneure aktiv. Mittlerweile verabschiedeten schon 28 US-Bundesstaaten Gesetze für den Ausbau erneuerbarer Energien. In New York muss der Ökostromanteil bis 2013 24 Prozent erreichen, in New Jersey 22,5 Prozent bis 2021 und in Minnesota 25 Prozent bis 2025. Selbst der Ölstaat Texas setzt auf erneuerbare Energien, das Ausbauziel bis 2015 liegt bei 5,8 Gigawatt. Neben Kalifornien setzen auch andere Staaten Zielvorgaben für den Anteil des Solarstromes: so beispielsweise fünf Prozent bis 2020 in Nevada, 1,4 Gigawatt bis 2022 in Maryland oder zwei Gigawatt bis 2025 in Arizona.
Flankierende Förderprogramme sind jedoch derzeit in vielen Bundesstaaten noch in der Mache. Einige Staaten planten die Einführung eines Rabattsystems, berichtet Evergreen-Solar-Vize Mark A. Faber. In Massachusetts arbeite man derzeit intensiv mit dem demokratischen Gouverneur Deval Patrick zusammen, um ein "innovatives Förderprogramm, das sich an den deutschen Einspeisetarifen orientiert, zu entwickeln". In dem Ostküstenstaat muss der Anteil des regenerativ erzeugten Stroms per Gesetz jährlich um ein Prozent wachsen.
"Dieses ehrgeizige Ziel und das ernsthafte Bemühen für die Entwicklung eines effizienten Solarförderprogramms" seien ausschlaggebend für weitere Investitionen an dem Standort Marlboro gewesen, betont Faber. Seit Mai kooperiere man vor Ort auch eng mit dem Energieversorger Enstar, der die Großstadt Boston und ein Drittel des Bundesstaates beliefert. Geplant sei eine Zusammenarbeit im Vertrieb von Fotovoltaik-anlagen, der Öffentlichkeitsarbeit und der verbesserten Aufklärung von kommunalen Stellen. "Wir hoffen, dass das neue Förderprogramm in Massachusetts und diese neue Art der Zusammenarbeit mit einem Stromversorger dem ganzen Land den Weg weisen kann", erklärt Faber. Vorbildlich sei auch die Initiative des renommierten Energieversorgers New Jersey Public Service Electric & Gas für ein siebenjähriges Solar-Förderprogramm, das auf die Planungen der Regierung noch eins draufsetze.
Auch Kommunen oder Universitäten engagieren sich vielfach für Solarstrom und andere erneuerbare Energien. Das gilt nicht nur für Westküstenstädte wie San Francisco, wo Bürgermeister Gavin Newsam 50 Megawatt Fotovoltaik auf öffentliche Gebäude setzen will, sondern auch für die "Provinz": Boulder City südlich von Las Vegas wies eine "Solar Zone" für neue solarthermische Kraftwerke aus. Die Universität von Minnesota in Minneapolis/St. Paul erklärte den "Carbon Free Campus" und stellte auf Ökostrom um. Die Kleinstadt Custer in Wisconsin unterstützte im Juni die Ausrichtung der Ökomesse "Renewable Energy and Sustainable Living Fair". Doch trotzdem muss man Solaranlagen als Reisender selbst im "Sunshine Country" zwischen Sacramento, San Francisco und Santa Barbara noch förmlich suchen wie die berühmte Nadel im Heuhaufen. Kein Vergleich mit einer Autofahrt durch süddeutsche Lande, wo die mit Modulen vollgepackten Dächer, vor allem auf landwirtschaftlichen Gebäuden, ins Auge springen. Es ist kein Einzelfall, dass sich ausgebildete Ingenieure wie Tom Hill in Auburn Hills bei Detroit beim Cappuccino im Straßencafé outen: "Eine Fotovoltaikanlage, was ist denn das? So was habe ich noch nie gesehen." Jay Sterk, der im Großraum Minneapolis/St. Paul in Minnesota mit Zawadski Homes seit Jahren Einfamilienhäuser in der Preisklasse zwischen 500.000 und 1,5 Millionen US-Dollar baut, erzählt, dass er im Mai die erste Fotovoltaik-anlage für einen seiner Kunden geordert hat. "Die Anlagen sind immer noch mindestens zehn bis 20 Prozent zu teuer und die Steuererleichterungen zu gering", sagt Jay. Die Stromkosten seien zwar in jüngster Zeit gestiegen, doch mit 8,5 US-Cent pro Kilowattstunde (Normaltarif) immer noch zu niedrig, um viele Leute zum Umsteigen zu bewegen. Dazu komme, dass der Durchschnittsamerikaner alle sechs Jahre umziehe, sich aber eine Fotovoltaikanlage in dem Zeitraum im Regelfall längst nicht amor- tisiere.
3.300 Energieversorger gibt es in den 50 US-Bundesstaaten. Die Strompreisstruktur ist sehr unterschiedlich. Das kann Vorteile oder Nachteile für die Fotovoltaik mit sich bringen. "Mal ist der hohe Verbrauch teuer, mal der niedrige Verbrauch, manchmal sind die Tagespreise hoch, manchmal die Nachtpreise", beschreibt Jeffrey Wolfe, Chef von Gro Solar, Großhändler und Projektentwickler in White River (Vermont), die Situation. Nicht überall ist der regenerativ erzeugte elektrische Strom deshalb schon so konkurrenzfähig wie in Kalifornien, wo die Kilowattstunde in Spitzenlastzeiten mehr als 40 US-Cent kosten kann. Im Durchschnitt liegt der Strompreis in den USA im Normaltarif derzeit bei knapp 10 US-Cent pro Kilowattstunde.
Beim Know-how der Handwerker sieht Wolfe, ebenso wie Faber, keinen großen Flaschenhals für den US-Fotovoltaikmarkt. Eine freiwillige Zertifizierung sei erfolgreich angelaufen, und Förderprogramme wie in Kalifornien forderten einen Qualifikationsnachweis bei der Installation. "Probleme gibt es eher mit der Verzögerung des Netzanschlusses von Anlagen durch die Energieversorger sowie bei der offiziellen Abnahme der Dachanlagen durch die staatlichen Building Inspectors", sagt Wolfe.
Zum einen seien bis zu drei verschiedene Inspektionen nötig, was Wochen dauern könne. Zum anderen "kennen sich die Inspektoren oftmals gar nicht mit Fotovoltaik aus". Hier wolle man zusammen mit aufgeschlossenen Energieversorgern wie Enstar ansetzen und die staatlichen Kontrolleure verstärkt aufklären, ergänzt Evergreen-Solar-Vize Faber. Eine Hürde für die Marktentwicklung sieht Wolfe nicht nur in fehlenden wirtschaftlich attraktiven Einspeisetarifen, sondern auch in den häufigen Änderungen von Förderprogrammen. So seien beispielsweise die Regelungen zur Solarförderung in Kalifornien seit vergangenem Sommer schon 20 Mal geändert worden. Grundsätzlich sei die California Solar Initiative jedoch sehr zu begrüßen und habe landesweit einen entscheidenden Impuls gegeben.
Rückenwind für die erneuerbaren Energien und die Fotovoltaik kommt derzeit von der Wall Street. Mittlerweile fließt schon jeder neunte US-Dollar in Ökoaktien. Die Private-Equity-Zuflüsse in erneuerbare Energien haben sich seit 2003 auf 2 Milliarden Dollar vervierfacht. Allerdings fließt nach wie vor das meiste Geld in Biosprit.
Doch Branchenkenner wie Philipp Kunze von "Invest in Germany" in Palo Alto sehen die Fotovoltaik stark im Kommen. "Nachdem die USA im Siliziummarkt die Entwicklung verschlafen haben, ist man nun aufgewacht." Das sehe man am Boom der Dünnschichttechnologie, an erfolgreichen Börsenstarts wie der von First Solar im vergangenen Spätherbst oder an Firmen im Silicon Valley wie Nano Solar, Signet Solar, Sunpower oder Applied Materials.
"Wenn sich diese Region mit der weltweit höchsten Dichte an Know-how und Kapital weiter in Richtung Solarenergie bewegt, gibt das eine enorme Schubkraft." Die Bereitschaft, Risikokapital zu investieren, sei im Silicon Valley fünf bis zehn Mal so hoch wie in Deutschland. Und neue wichtige Spieler sitzen bereits in Wartestellung: "Ich rechne damit, dass der Chiphersteller Intel im kommenden Jahr mit Hilfe von japanischen und deutschen Investoren ins Solarbusiness einsteigt", prognostiziert Kunze.
Der Autor arbeitet als freier Wissenschaftsjournalist in Berlin.