Schon seit längerem war die französische Innenpolitik auf die Präsidentschaftswahlen am 22. April und 6. Mai sowie die Wahlen zur Nationalversammlung am 10. und 17. Juni 2007 ausgerichtet. Die Erfolge der Sozialisten bei den Kantonal-, Regional- und Europawahlen des Jahres 2004 ließen einen Machtwechsel als möglich erscheinen. Nach dem negativen Ausgang des Referendums vom 29. Mai 2005 über den europäischen Verfassungsvertrag, das einen empfindlichen Rückschlag für Präsident Chirac bedeutete, galt seine abermalige Kandidatur als unwahrscheinlich, so dass es im Elysée-Palast auf jeden Fall zu einem Machtwechsel kommen würde.
Die Wahl des Präsidenten fand in mehrfacher Hinsicht in einer ganz besonderen Konstellation statt. Zum ersten Mal überhaupt trat kein ehemaliger Präsident oder Premierminister an und - mit Ausnahme der Wahl von 1995 - trafen erstmals seit 1974 nicht der Amtsinhaber und sein wichtigster Herausforderer aufeinander. Die Kandidaten der beiden wichtigsten Parteien, der Sozialisten und der (Neo-)Gaullisten bewarben sich erstmals um dieses Amt, und sie konnten nur auf eine relativ begrenzte Regierungserfahrung verweisen. 1 Damit gewann die Frage, ob die Kandidaten das für dieses wichtige Amt nötige "Format", die nötige "Statur" besitzen, eine besondere Bedeutung. Vor allem hinsichtlich Ségolène Royal stellte man sich diese Frage, während Nicolas Sarkozy seit 2002 schon wichtige Ressorts innegehabt hatte (das Innen- sowie Wirtschafts- und Finanzministerium).
Keine andere Präsidentenwahl war von der vorangehenden noch so beeinflusst wie diese Wahl. Das Ergebnis von 2002, namentlich das Ausscheiden des sozialistischen Kandidaten im ersten Wahlgang, hatte auf das Wahlverhalten einen erheblichen Einfluss.
Die einzig aussichtsreichen Kandidaten - neben Sarkozy und Royal konnte auch der zentristische Kandidat François Bayrou dazugezählt werden - verkörperten einen weithin für notwendig gehaltenen Generationswechsel, denn sie waren erst zwischen 50 und 55 Jahre alt. Schon im Wahlkampf hatten die Vertreter dieser neuen Generation erklärt, dass sie das Präsidentenamt nicht als ein Schiedsrichteramt wahrnehmen würden, sondern dass sie noch stärker als ihre Vorgängerdie Politik aktiv mitgestalten wollten. Schließlich hätte mit der sozialistischen Kandidatin erstmals eine Frau Präsidentin werden können.
Im Vergleich zur Nominierung der Spitzenkandidaten bei Parlamentswahlen in den westeuropäischen Demokratien, die in aller Regel durch die Parteien erfolgt, dominierte in Frankreich bei den Präsidentenwahlen bisher eine Selbstnominierung quasi-monarchischen Typs, die - wenn überhaupt - von den Parteien der jeweiligen Kandidaten nachträglich nur noch ratifiziert wurden. Das gilt insbesondere für die Rechte, eingeschränkt auch für die Linke. Dieses Verfahren entsprach dem gaullistischen Mythos, wonach es sich bei dieser Wahl um "die Begegnung eines Mannes/einer Frau mit dem französischen Volk" handelte, welche die Parteien nicht stören dürften. Während die Parteidisziplin bei den Sozialisten Mehrfachkandidaturen verhinderte, gab es aus den Reihen der Gaullisten mehrmals mehrere Kandidaten, ohne dass deswegen aber Parteiausschlussverfahren eingeleitet worden wären. Erst seit 1995, nach dem Ausscheiden ihres "Übervaters" Mitterrand praktizierten die Sozialisten ein förmliches innerparteiliches Nominierungsverfahren, bei dem die Parteimitglieder entscheiden. 2
Die Nominierung Sarkozys bedeutete einen Bruch mit dem Mythos und der Tradition des Gaullismus, denn er verdankt sie ausschließlich der Partei. Der entscheidende Tag war bereits der 28. November 2004, als Sarkozy - gegen den Willen von Präsident Chirac, auf dessen Betreiben hin 2002 die UMP (Union pour la majorité présidentielle) gegründet worden war - Vorsitzender dieser Partei wurde. Damit war er schon so etwas wie der natürliche Kandidat geworden, aber es wäre möglicherweise zu einem Konflikt zwischen dem Parteiwillen und dem gaullistischen Dogma gekommen, wenn nicht Chiracs Favorit, Premierminister Dominique de Villepin, seine Chancen im Frühjahr 2006 durch seine Politik, vor allem um den geplanten Erstanstellungsvertrag für Jugendliche (CPE), verspielt hätte. Die triumphale Kür Sarkozys durch die UMP-Mitglieder (98 % bei einer Beteiligung von 69 %) am 14. Januar 2007 entsprach dann den Erwartungen. Für die Erfolgsaussichten Sarkozys war also wichtig, dass sich die in der UMP geeinte gaullistische und die liberale Rechte erstmals seit 1969 auf nur einen Kandidaten einigen konnten.
Bei der Parti Socialiste (PS) folgte die Nominierung dem Muster des Jahres 1995. Allerdings handelte es sich bei Ségolène Royal um eine Überraschungskandidatin, mit der nur wenige gerechnet hatten. 3 Weder gehörte sie zum engeren Kreis der Parteiführung noch hatte sie ein Regierungsamt innegehabt, das sich an Wichtigkeit mit dem ihrer Konkurrenten vergleichen ließ. 4 Dennoch setzte sie sich gegen ihre beiden verbliebenen Mitbewerber Dominique Strauss-Kahn und Laurent Fabius durch. 5 Wie ist dieses überraschende Ergebnis zu erklären? Zugespitzt ließe sich sagen, dass die Partei nur ratifiziert hat, was Umfragen und Medien bereits vorentschieden hatten. Die Verfahren der innerparteilichen Demokratie waren durch die Medien- und Stimmungsdemokratie überspielt worden. Die Frage bleibt, warum Royal zur "Madonna der Umfragen", warum sie die Favoritin der Medien wurde. Eine entscheidende Voraussetzung lag sicher darin, dass es in der PS keinen unumstrittenen Kandidaten gab. Obwohl schon seit längerem aktiv - wenn auch nicht in vorderster Reihe-, war sie doch im Vergleich zu den "Parteielefanten" in der PS ein neues Gesicht, das vielfach gewünscht wurde. Sie war keine Parteisoldatin. Es kam ihr wohl auch zugute, dass sie eine Frau war, noch dazu eine sehr gut aussehende, und Mutter von vier Kindern. Ausschlaggebend war sicher, dass nach den Umfragen nur sie in der Lage schien, den UMP-Kandidaten zu schlagen. Nicht wenige PS-Mitglieder dürften also, auch wenn sie gewisse Bedenken oder Vorbehalte hatten, vor allem aus diesem Grund für sie gestimmt haben. Schon bei den Regionalwahlen 2004 hatte Royal zudem bewiesen, dass sie selbst in einer schwierigen Konstellation gewinnen konnte. 6
Da es bei der Präsidentschaftswahl um die Wahl einer Person in ein Amt geht, spielen die Persönlichkeiten der Kandidatinnen und Kandidaten eine zentrale Rolle. Ihre politischen Konzepte können zwar nicht von ihnen getrennt werden aber sie treten mitunter in den Hintergrund. Für die Sympathisanten der Rechtsparteien ist der personelle Faktor wichtiger als für die Sympathisanten der Linken. Insofern werden die Sozialisten, bei denen das auf Veränderung des Status quo zielende Programm eine wichtigere Rolle spielt, durch den Modus der Präsidentenwahl strukturell benachteiligt. 7
Das Persönlichkeitsprofil der beiden in die Stichwahl gelangten Kandidaten zeigt scharfe Kontraste. 8 Insgesamt schreiben Sarkozy deutlich mehr Wähler die Statur eines künftigen Präsidenten zu: 9 In den Punkten Reformwilligkeit, Entscheidungsfreude, Dynamik, Durchsetzungsstärke, Fähigkeit in internationalen Krisen zu bestehen und französische Interessen zu vertreten, politische Erfahrung und Kenntnis der Dossiers sowie Fähigkeit der staatlichen Autorität Respekt zu verschaffen, wird er deutlich besser bewertet als seine Konkurrentin. Schlechter als die sozialistische Kandidatin schneidet er ab, wenn es darum geht, den Bürgern zuzuhören und ihre Sorgen zu verstehen, Einvernehmen herzustellen und die Einheit der Gesellschaft möglichst zu bewahren, ruhiger, ausgeglichener zu entscheiden und zu regieren. Royal wirkt sympathischer, liebenswürdiger (plus séduisante), aber weniger kompetent und eben weniger geeignet für das angestrebte Amt. Sarkozy werden zwar die erforderlichen Fähigkeiten zugeschrieben, um den Anforderungen gewachsen zu sein, aber gleichzeitig wirkt seine autoritäre, kompromisslos-harte Persönlichkeit, die er vor allem durch seine law-and-order-Politik als Innenminister erworben hat, polarisierend und auf viele Bürger beunruhigend; es wird befürchtet, dass er die Gegensätze in der französischen Gesellschaft weiter vertiefen könnte, dass seine Worte und Taten sie weiter zu spalten drohen. Er gilt als machthungrig und unberechenbar, als jemand, der leicht die Beherrschung verliert. Sarkozys umstrittene Persönlichkeit 10 wurde von seiner sozialistischen Konkurrentin gezielt und teilweise auch erfolgreich als Wahlkampfthema eingesetzt. 11
Im Unterschied zum Wahlkampf 2002, als die innere Sicherheit das alles beherrschende Thema war, fehlte diesmal ein ähnlich dominierendes Thema. Sarkozy gelang es am besten, dem Wahlkampf thematisch seinen Stempel aufzudrücken. Er stellte traditionelle Werte in den Mittelpunkt, die nicht nur von den Sympathisanten der Rechten geteilt werden, sondern die darüber hinaus Zustimmung finden: Autorität und (innere) Sicherheit, Disziplin und Respekt, Leistung, die anerkannt, und Arbeit, die sich wieder stärker lohnen müsse, 12 Steuersenkungen, die allerdings vor allem Wohlhabenden und Unternehmern zugute kämen, 13 aber auch Entlastungen möglichst vieler Bürger, um die Kaufkraft zu stärken. 14 Vor allem insistierte er im Zusammenhang mit der Immigrationsfrage auf dem Problem der nationalen Identität und schlug recht nationale Töne an.
Royal stellte soziale Fragen wie Kampf gegen die Arbeitslosigkeit, Stärkung der Kaufkraft durch Erhöhung des Mindestlohns und der Kleinrenten oder Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit durch staatlich finanzierte Beschäftigung und die Ausweitung der 35-Stunden-Woche in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes. Allerdings gelang es ihr nicht, ihr Konzept einer "gerechten Ordnung", das den Kampf gegen Ungleichheiten und Armut wie auch Verbesserungen im Schulsystem beinhaltete, hinreichend zu konkretisieren. Nicht nur bei den Themen Einwanderung, innere Sicherheit und Kampf gegen Kriminalität konnte Sarkozy erwartungsgemäß punkten, sondern auch bei den sozialen Fragen schnitt er besser ab als die sozialistische Kandidatin. 15 Royal blieb vor allem eine überzeugende Antwort auf die Frage schuldig, wie ihre großzügigen sozialpolitischen Versprechen finanziert werden sollten, ohne die Staatsverschuldung weiter zu erhöhen. Allerdings wurde auch Sarkozy von Experten vorgehalten, dass die Kosten seines Programms zu niedrig angesetzt seien und auch seine Vorhaben nicht die Sanierung der Staatsfinanzen als wichtiges Ziel anstrebten.
Während Sarkozy nach allgemeiner Einschätzung den professionelleren Wahlkampf führte, wobei ihm seine rhetorischen Fähigkeiten, sein Auftreten im Fernsehen und die Unterstützung seiner Partei zugute kamen, wies Royals Wahlkampf Defizite hinsichtlich Professionalität und Effizienz auf. Ihr Bemühen um Bürgernähe mit dem Konzept einer "partizipativen Demokratie" wurde ihr als Führungsschwäche angekreidet, und es gelang ihr nicht, ihre Partei ähnlich geschlossen hinter sich zu bringen wie Sarkozy seine UMP.
Bemerkenswert ist das Internet als ein neues und intensiv genutztes Element im Wahlkampf. Dabei tat sich die PS-Kandidatin besonders hervor. Auch wenn die Bedeutung des neuen Mediums insgesamt nicht überschätzt werden darf (nur 5 % der Befragten erklärten, es sei für sie das wichtigste Medium politischer Information), dürfte es für die Wahlentscheidung vor allem der jüngeren Wähler, die in weit größerem Maß das Internet auch politisch nutzen, eine erhebliche Rolle gespielt haben.
Mit 83,8 % im ersten und 84 % im zweiten Wahlgang lag die Wahlbeteiligung deutlich höher als 2002. Hinsichtlich der ersten beiden Plätze brachte der erste Wahlgang das von den Umfragen vorhergesagte Ergebnis. Sarkozy, seit seiner Nominierung am 14. Januar konstant an der Spitze der Umfragen, erzielte mit 31,2 % ein sehr gutes Ergebnis und übertraf Chirac um mehr als 11 Prozentpunkte. 16 Damit hatte er das Potenzial der republikanisch-parlamentarischen Rechten aber noch keineswegs ausgeschöpft. Vor allem der Stimmenanteil François Bayrous bot noch ein Reservoir für die Stichwahl. Auch von der Wählerschaft des rechtsextremen Jean-Marie Le Pen konnte er noch auf weiteren Zulauf hoffen.
Die sozialistische Kandidatin kam auf 25,9 % und gewann im Vergleich zu Jospin 2002 9,7 Prozentpunkte hinzu. 17 Sie erreichte damit genau das Ergebnis wie Mitterrand 1981, als dieser dann in der anschließenden Stichwahl Giscard d'Estaing schlug. Darin brauchte aber noch kein gutes Vorzeichen gesehen werden, denn zum einen war der Abstand zu Sarkozy recht groß, zum anderen waren Royals Reserven für die Stichwahl viel kleiner.
Bayrous Ergebnis (6,8 %) galt als sensationell, bedeutete es doch fast eine Verdreifachung gegenüber 2002. Im Vergleich zu den Ergebnissen der Kandidaten der (rechten) Mitte bei früheren Wahlen liegt das Ergebnis im "normalen" Bereich, doch muss berücksichtigt werden, dass sich ein Teil seiner UDF (Union pour la démocratie française) der 2002 gegründeten UMP angeschlossen hatte.
Le Pen kam "nur" noch auf 10,4 %, gegenüber 16,9 % 2002. Erstmals seit 1988 ist sein Ergebnis rückläufig, und zwar massiv.
Die linksextremen Kandidaten - Trotzkisten, Globalisierungsgegner, Kommunisten - erlebten einen ähnlichen Absturz: von 19,1 auf 10,2 %. 18 Hervorzuheben ist dabei das nahezu völlige Verschwinden der kommunistischen KPF (1,9 %), die in den 1970er Jahren noch Ergebnisse von über 20 % erzielte (bei Wahlen zur Nationalversammlung). Auch die Grünen schnitten mit ihrer Kandidatin sehr schlecht ab (1,6 %).
Wie ist das Ergebnis zu erklären? Le Pen verdankt seinen Rückschlag dem Image und dem Wahlkampf Sarkoys. Mit seiner harten Politik als Innenminister, seinen "markigen" Sprüchen 19 und seinen Wahlkampfthemen gelang es ihm, einen beachtlichen Teil der Le Pen-Wähler zu sich herüberzuziehen. Offenbar hat sich bei einem erheblichen Teil von ihnen der Realismus insofern durchgesetzt, als sie eingesehen haben, dass Le Pen selbst nie in eine Position kommen würde, um Politik zu gestalten. Folglich haben sie sich schon im ersten Wahlgang für den - ungleich aussichtsreicheren - Kandidaten entschieden, der ihren Auffassungen am nächsten steht.
Wie die Ergebnisse Sarkozys und Le Pens - zumindest teilweise - zusammenhängen, so sind auch die von Royal und der extremen Linken gegenseitig bedingt. Das Nachwirken des Schocks von 2002 und die feste Absicht, es nicht noch einmal zu einem ähnlichen Debakel (Ausscheiden des PS-Kandidaten im ersten Wahlgang) kommen zu lassen, dürfte die plausibelste Erklärung sein. Um sicher zu gehen, dass die Sozialistin in die Stichwahl kommt, haben linksextreme Sympathisanten schon im ersten Wahlgang "das kleinere Übel" gewählt. 20
Bayrou verdankt sein Ergebnis vor allem den Schwächen der beiden "großen" Kandidaten: der nicht alle Sarkozy-Gegner überzeugenden Statur Royals für das Amt wie auch ihrem Programm einerseits, der umstrittenen Persönlichkeit Sarkozys andererseits. Hinzu kommt, dass Bayrous Kritik an der Links-Rechts-Polarisierung der französischen Politik Anklang fand.
Auch die Stichwahl brachte das erwartete Ergebnis. Sarkozy gewann recht deutlich mit 53,1 %. 21 Seinen Stimmenzuwachs verdankt er zum einen wieder den Le Pen-Wählern. Obwohl Le Pen sie aufgerufen hatte, sich "massiv" zu enthalten, wurde sein "Befehl" nur von einem Viertel befolgt. Fast drei Fünftel gaben Sarkozy ihre Stimme. Zum anderen gewann er fast die Hälfte der Bayrou-Wähler, obwohl Bayrou selbst erklärt hatte, er werde Sarkozy nicht wählen. Die Wähler folgten dem Aufruf der meisten UDF-Abgeordneten, den UMP-Kandidaten zu wählen. Sie bestätigten damit, dass die (liberale, christdemokratische) Mitte der Rechten näher steht als den Sozialisten.
Der im Hinblick auf die Stichwahl wichtigste Aspekt war das historisch niedrige Niveau der Linken insgesamt. Mit 36 % war es das schlechteste Ergebnis seit 1969, als nach dem Mai 1968 viele Wähler ins konservativ-bürgerliche Lager gewechselt waren und als sich die sozialistische Partei mitten im Umbruch befand. Die wichtigste Ursache für das Ergebnis 2007 liegt in einem Rechtsruck der französischen Wähler und ihres Wertesystems. Kampf gegen Kriminalität; Ablehnung weiterer Zuwanderung, die als eine Hauptquelle der Kriminalität gesehen wird, Durchsetzung der staatlichen Autorität, Achtung von Disziplin und Arbeit und Kampf gegen "Sozialschmarotzer", 22 Stolz auf Frankreich - diese Werte werden offenbar von vielen Bürgern, gerade auch in den Unterschichten, geteilt, während sie von der Linken, auch den Sozialisten hintangestellt oder sogar abgelehnt werden. 23 Da Royals Reserven auf der äußersten Linken gering waren und ihr Flirt mit Bayrou sich an der Wahlurne nur begrenzt auszahlte, war, trotz des vergleichbaren Stimmenniveaus des ersten Wahlgangs, eine Wiederholung des Wahlsieges Mitterands von 1981 unmöglich.
Die Sozialisten haben - zum dritten Mal hintereinander - die Präsidentschaftswahl verloren, obwohl die Konstellation für sie diesmal günstig war. Umfragen wie heftige Proteste und die Zwischenwahlen 2004 belegten, wie rasch die Regierung nach dem Sieg Chiracs und der UMP 2002 unpopulär geworden war. Ihre Bilanz wurde weithin als unbefriedigend empfunden. Warum hat dennoch Sarkozy gesiegt, der Vorsitzender der UMP und in der gesamten Legislaturperiode seit 2002 Minister war? Zunächst einmal gelang ihm das Kunststück, trotzdem als Kandidat des Wandels, ja des "Bruchs" mit der bisherigen Politik aufzutreten und gleichzeitig das Regierungslager hinter sich zu bringen. Er ging in vielen Fragen auf Distanz zu Präsident Chirac wie zum Premierminister Dominique de Villepin, lange Zeit sein innerparteilicher Rivale für das Präsidentenamt, wahrte aber insgesamt die Loyalität zur Regierung. Seine Popularität wie seine herausragende politische Begabung sicherten ihm gegen alle Widerstände (Chirac selbst wollte ihn verhindern) die einhellige Nominierung durch die UMP-Mitglieder. Er gewann die Wahl, weil er im Vergleich zur sozialistischen Kandidatin der überzeugendere Kandidat mit dem überzeugenderen Programm war, weil er den besseren Wahlkampf führte und weil er von seiner Partei geschlossener unterstützt wurde. Dass Royal noch so achtbar abschnitt, verdankt sie einmal der Loyalität der PS-Sympathisanten, 24 zum anderen der festen Absicht vieler ihrer Wähler, Sarkozy zu verhindern. 25
Die nach der Verkürzung der Amtszeit des Präsidenten auf fünf Jahre (Verfassungsänderung vom 2. 10. 2000) beschlossene Festlegung der zeitlichen Abfolge der Wahlen führt dazu, dass die Wahlen zur Nationalversammlung nur wenige Wochen nach der Präsidentschaftswahl stattfinden. Auch diesmal hat sich - wie schon 2002 und bereits 1981 und 1988 - gezeigt, dass die Parlamentswahlen als Bestätigung der vorangegangenen Präsidentenwahl verstanden werden. Obwohl der Präsident ohne parlamentarische Mehrheit auf dem gesamten Feld der Innen-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik nur wenig bewirken kann, da ihm entscheidende Kompetenzen bei der Gesetzgebung fehlen (vor allem besitzt er kein Vetorecht) und, auf der Grundlage des Verfassungstextes, insofern die Parlamentswahl die tatsächliche "Königswahl" auch in der V. Republik ist, 26 ist spätestens seit 2000 unbestreitbar, dass dieser Titel faktisch der Präsidentenwahl zukommt. Diese übernimmt nun eine Art Leitfunktion und determiniert weitgehend die nachfolgenden Parlamentswahlen. 27
Erwartungsgemäß behauptete die Partei des Präsidenten die absolute Mandatsmehrheit. Die niedrige Wahlbeteiligung (60,4 % im ersten, 60 % im zweiten Wahlgang) erklärt sich zu einem erheblichen Teil aus der verbreiteten Überzeugung, die mit der Präsidentenwahl getroffene Entscheidung werde ohnehin nicht mehr korrigiert. Allerdings brachte der zweite Wahlgang nicht den nach dem ersten Wahlgang mit dem Rekordergebnis von 45,5 % für die UMP und ihre Verbündeten prognostizierten Ausbau ihrer Mehrheit, sondern sogar einen empfindlichen Verlust von 46 Mandaten. Die Sozialisten (mit Verbündeten) gewannen 63 Mandate hinzu und vermieden so ein völliges Debakel. Davon bleibt der entscheidende Aspekt des Ergebnisses unberührt: Die UMP behauptete die absolute Mehrheit, womit Präsident Sarkozy über die erforderliche parlamentarische Mehrheit verfügt, um sein Programm umzusetzen.
Die Überraschung des zweiten Wahlgangs erklärt sich zum einen aus der im Unterschied zu den Sozialisten schwachen Mobilisierung der UMP, für die alles gelaufen schien. Noch wichtiger war, dass sich in einer ganzen Reihe von Wahlkreisen die Wähler von Bayrous neuer Partei Mouvement Démocrate (MoDem) für die Sozialisten entschieden, nachdem ihre eigenen Kandidaten nicht mehr antreten konnten. Zum anderen hat das zwischen den beiden Wahlgängen bekannt gewordene und von der Mehrheit der Franzosen abgelehnte Vorhaben der Regierung, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, die UMP mehrere Sitze gekostet.
Die Verlierer der Wahl war Bayrous MoDem, die mit 7,8 % der Stimmen nicht einmal die Hälfte seines Ergebnisses bei der Präsidentschaftswahl retten konnte und sich mit vier Mandaten begnügen muss. Damit bestätigte sich, dass ein erheblicher Teil seiner Wähler sich gemäß der UDF-Tradition für den bisherigen Koalitionspartner UMP entschieden hat. Zwar ist die Partei nach dem Stimmenanteil die drittgrößte Partei, aber Bayrou spürt in besonderer Schärfe die Mechanismen des französischen Mehrheitswahlsystems: Eine kleine Partei, die nicht bündnisfähig oder -willig ist, erringt kaum Mandate und ist auf parlamentarischer Ebene zur Wirkungslosigkeit verurteilt. Die Zukunft sieht für die neue Partei ziemlich düster aus.
Der andere Verlierer ist Le Pens Front National, der auf 4,7 % absackte und nur eine Kandidatin in den zweiten Wahlgang brachte (nicht gewählt). Es mag noch verfrüht sein, der Partei das Totenglöckchen zu läuten, aber sie dürfte auf absehbare Zeit in der französischen Politik keine Rolle mehr spielen. Sarkozy ist es gelungen, ihr mit seiner Politik als Innenminister und mit seinem Wahlprogramm das Gros der Wähler abzuwerben, ohne dass er ihre Ideologie und ihre "Lösungen" (préférence nationale) übernimmt, wenn er auch ihrer Wählerschaft ein Stück weit entgegenkommt.
Die Kommunisten und die Grünen verbessern zwar ihre sehr schlechten Ergebnisse der Präsidentschaftswahl und kommen auf 4,6 bzw. 3,3 %, aber diese immer noch dürftigen Zahlen bestätigen den anhaltenden Niedergang der Kommunisten und die ebenfalls seit ihrer Gründung anhaltenden Entwicklungsschwierigkeiten der Grünen. Obwohl die beiden Parteien vieles trennt - insbesondere die Einstellung zur Kernkraft -, bilden sie eine Fraktion, um in der Nationalversammlung wirksamer agieren zu können (und mehr staatliche Mittel zu erhalten).
Haben bestimmte soziale Gruppen eine ausgeprägte Präferenz für bestimmte Kandidaten? 28 Gibt es gar ein Votum "Klasse gegen Klasse", also die unteren Schichten für die Sozialistin, die oberen für den bürgerlich-konservativen Kandidaten?
Zunächst ließe sich vermuten, dass die Frauen die Frau deutlich bevorzugt hätten. Das Gegenteil ist jedoch der Fall: Royal hat bei den Männern gegenüber den Frauen einen Vorsprung von 6 %; bei Sarkozy ist es genau umgekehrt. Wird der Faktor Geschlecht mit anderen sozialen Merkmalen kombiniert, so findet sich eine Erklärung für diesen auf den ersten Blick erstaunlichen Befund. Den größten Vorsprung gegenüber Royal erzielte Sarkozy unter den Wählern über 50 Jahren. 29 In diesen Altergruppen, insbesondere bei den über 75-Jährigen, sind die Frauen deutlich zahlreicher als die Männer. Gerade bei den älteren Wählern und vor allem Wählerinnen dürften die Sarkozy-Themen Autorität und Disziplin, innere Sicherheit, Kampf gegen Kriminalität, restriktivere Einwanderung viel Zustimmung gefunden haben.
Wie eben angedeutet, finden sich die größten und für den Ausgang der Wahl entscheidenden Unterschiede in der Alterstruktur. Während Royal bei den 18- bis 24-Jährigen auf 61 % kam und auch bei den 30- bis 40-Jährigen deutlich besser abschnitt als Sarkozy, brachte diesem das massive Votum der über 50-Jährigen, die zahlreicher und wahlfreudiger als die Jungwähler waren, den Sieg. Würde das Wahlrecht mit dem Erreichen des Rentenalters (65) erlöschen, so wäre Royal Präsidentin. 30
Hinsichtlich der Berufsstruktur gibt es einige bemerkenswerte Aspekte. Für Royal stimmen, dem soziologischen Spagat der PS entsprechend, 53 % der Arbeiter wie der leitenden Angestellten und freien Berufe. Nicht verwunderlich, dass 63 % der Lohnabhängigen im öffentlichen Dienst sie gewählt haben, aber nur 45 % aus dem Privatsektor. Allgemein werden weder sie noch Sarkozy eindeutig von einer bestimmten Berufsgruppe bevorzugt oder abgelehnt. 31 Auffallend ist der zunehmende Stimmenanteil Royals mit steigendem Bildungsniveau. Das städtische, insbesondere akademisch gebildete intellektuelle Bürgertum, aber auch Jugendliche, nicht zuletzt jene arabischer und afrikanischer Herkunft in den Vorstädten, standen mehrheitlich hinter der Sozialistin, 32 der vorwiegend auf dem Land und in Kleinstädten lebende Français moyen ohne Abitur hinter Sarkozy.
Schon während des Wahlkampfes hat der neu gewählte Präsident erklärt, er wolle ein Präsident sein, der regiert. Seit seinem Amtsantritt setzt er diese Absicht in die Tat um. Die absolute Mehrheit, über die die UMP in der Nationalversammlung verfügt, ist die nötige Voraussetzung. Zwar haben alle Präsidenten der V. Republik die Entscheidungen, die sie für wichtig hielten, selbst getroffen - und nicht nur auf dem Feld der Außen- und Sicherheitspolitik -, aber keiner hat das in diesem Umfang getan und in dieser Offenheit die "Richtlinien der Politik" bestimmt wie Sarkozy seit seinem Amtsantritt. Eine gewisse Zweideutigkeit, die das Präsidentenamt bisher umgab, ist damit jedenfalls beendet. Der Präsident agiert nicht als der überparteilich-neutrale Schiedsrichter gemäß Artikel 5 der Verfassung, sondern - ähnlich wie der amerikanische Präsident - gleichzeitig als Staats- und Regierungschef. Die Artikel 20 und 21, wonach die Regierung die Politik der Nation "bestimmt und leitet" und der Premierminister die Tätigkeit der Regierung leitet, sind faktisch außer Kraft gesetzt. Der Premierminister setzt die vom Präsidenten beschlossenen Richtlinien um, sorgt, gemeinsam mit dem UMP-Fraktionsvorsitzenden, für die parlamentarische Mehrheit und koordiniert lediglich die Tätigkeit der Regierung. Die schon bisher stark auf den Präsidenten zugeschnittene Verfassungspraxis wird also nicht nur fortgesetzt, sondern deutlich verstärkt.
Der Präsident ist nicht nur der unumstrittene Chef der Regierung, in der der Einfluss des kleinen Koalitionspartners, der rein rechnerisch gar nicht gebraucht wird, nur als gering einzuschätzen ist, sondern er ist auch als (faktischer, wenn auch nicht mehr nomineller) Parteichef unangefochten. Neben der Mehrheit in der Nationalversammlung kann sich der Präsident mit seiner Regierung auch auf eine Senatsmehrheit stützen. Zudem geht die Ernennung von acht der neuen Mitglieder des Verfassungsrates auf Politiker der Rechten zurück. 33 Die Regionen, die die Sozialisten 2004 fast alle gewonnen haben, bilden kein ähnliches Gegengewicht wie die deutschen Bundesländer. Die Machtkonzentration ist stärker als je zuvor, vor allem wenn die guten Beziehungen Sarkozys zu einflussreichen Verlegern im Mediensektor berücksichtigt werden. Montesquieus Forderung, Macht müsse im Interesse der Freiheitssicherung durch Gegenmacht ausbalanciert werden, wird auf der institutionellen Ebene nicht beachtet. Die kontrollierenden Gegengewalten der Zivilgesellschaft (Interessengruppen, besonders die Gewerkschaften, "die Wirtschaft", trotz Sarkozys Beziehungen auch die Medien), die französische politische Kultur, zu der rasch und nachdrücklich protestierende Bürger gehören, auch die EU mit ihren die nationale Politik einschränkenden Möglichkeiten verhindern, dass der Präsident "durchregieren", dass er seine Vorstellungen ohne Rücksichtnahme auf die betroffenen Interessen durchsetzen kann, dass es gar zu einer autoritär-diktatorischen Entwicklung kommen könnte, selbst wenn der Präsident das wollte.
In seiner Rede zu Grundfragen der Verfassungsordnung der V. Republik und ihrer Entwicklung, die der Präsident am 12. Juli 2007 in Epinal gehalten hat, 34 hat Sarkozy dargelegt, in welchen Punkten er die Verfassung und die politische Praxis ändern will, ohne an die Grundstruktur der V. Republik zu rühren. Die "Herrschaft" des mit großer Machtfülle ausgestatteten Präsidenten soll auf zwei Amtszeiten beschränkt werden, und er soll einmal jährlich über seine Politik Rechenschaft vor dem Parlament ablegen, was an den "Bericht zur Lage der Nation" des amerikanischen Präsidenten erinnert. Ob der Präsident die politische Verantwortung für eine Wahlniederlage nach vorgezogenen Wahlen zur Nationalversammlung oder einem verlorenen Referendum übernehmen wird, ließ er offen. Es ist weder daran gedacht, den Präsidenten parlamentarisch verantwortlich zu machen, noch ihm sein Auflösungsrecht zu nehmen. Sarkozy spricht sich sowohl gegen das präsidentielle Regierungssystem à la USA aus wie auch gegen die Rückkehr zum "reinen Parlamentarismus". Die französische Verfassung bleibt also ein "Bastard".
Inwieweit das Parlament gestärkt wird (Sarkozy erwähnt unter anderem größeren Einfluss auf seine Tagesordnung, mehr ständige Ausschüsse, Beteiligung am präsidentiellen Ernennungsrecht für wichtige Posten in Politik, Verwaltung und Wirtschaft) und inwieweit die Opposition bessere Kontrollmöglichkeiten erhält, 35 ist noch nicht erkennbar. Sicher ist, dass die Regierung die wichtigsten Instrumente des "rationalisierten Parlamentarismus" behalten soll, um die Zustimmung eines eventuell widerstrebenden Parlaments zu ihrer Politik auch erzwingen zu können. 36 Eine Kommission soll bis zum 1. November 2007 konkrete Vorschläge erarbeiten. Die Diskussion über das Mehrheitswahlrecht, das zu erheblichen Verzerrungen in der Repräsentation führt, dürfte zur Beifügung einer eher schwachen "Dosis" Verhältniswahl führen, wobei der mehrheitsbildende Effekt des Wahlsystems aber gewährleistet bleiben wird. Dadurch lässt sich der Fortbestand des bipolar strukturierten Parteiensystems mit je einer dominierenden Partei auf der Rechten (UMP) wie auf der Linken (PS) zwar nicht garantieren, aber die Bipolarität wird durch das Institutionengefüge und das Wahlsystem weiterhin entscheidend begünstigt. Voraussetzung für einen demokratisch wünschenswerten Machtwechsel nach einer längeren Regierungszeit einer Partei (2012 wäre die UMP zehn Jahre an der Macht) ist eine Erneuerung der PS, vor allem in programmatischer Hinsicht.
Welche der angedachten Verfassungsänderungen schließlich auch realisiert werden - es wird keine neue, keine VI. Republik geben.
1 Zwar war 1969
auch Georges Pompidou als Kandidat ein Neuling, aber er konnte auf
eine sechsjährige Erfahrung als Premierminister verweisen.
Valéry Giscard d'Estaing hatte vor seiner ersten Kandidatur
1974 acht Jahre das wichtige Ressort des Wirtschafts- und
Finanzministers innegehabt. Vergleichbar wäre allenfalls noch
Lionel Jospin 1995. Er war vorher "nur" Bildungs- und
Erziehungsminister, aber auch mehrere Jahre Parteichef.
2 1995 wurde auf diese Weise Jospin
nominiert. Mit Henri Emmanuelli hatte er auch einen
Gegenkandidaten.
3 Der bekannte Publizist Alain Duhamel
z.B. hatte sie in seinem im Januar 2006 erschienenen Buch (Les
prétendants 2007, Paris 2006) unter den 15 von ihm
porträtierten möglichen Kandidaten nicht
aufgeführt.
4 Diese beiden Kriterien hatten Alain
Duhamel veranlasst, sie nicht zu berücksichtigen. Royal war
1992/93 Ministerin für Umweltfragen und 2000/02 beigeordnete
Ministerin für Schulen bzw. Familie, Jugend und
Behinderte.
5 In der Abstimmung am 16. 11. 2006
stimmten 60,7 % der Parteimitglieder bei einer Beteiligung von 82 %
für sie.
6 Sie wurde in der konservativen Region
Poitou-Charente, der politischen Heimat des damaligen
Premierministers Jean-Pierre Raffarin, mit absoluter Mehrheit zur
Regionalpräsidentin gewählt.
7 Vgl. Philippe Marlière, Le PS
et sa candidate en porte-à-faux, in: Le Monde vom 16. 3.
2007. Der Autor weist darauf hin, dass der bisher einzig
erfolgreiche Kandidat der Linken, Mitterrand, ein eher " rechtes"
Profil gehabt habe. Nach einer Umfrage (www.
ipsos.fr/CanalIpsos/poll/8427.asp) war für 52 % der
Royal-Wähler ihre Parteizugehörigkeit das Wahlmotiv, aber
nur für 17 % der Sarkozy-Wähler (26. 4. 2007).
8 Vgl. Pascal Perrineau, L'image de
Nicolas Sarkozy, in: Olivier Duhamel/Brice Teinturier (Hrsg.),
L'état de l'opinion, Paris 2007, S. 75 - 94, bes. Tabelle S.
84 - 86.
9 60 % gegenüber 40 % für
Royal. Zahlen bei Jérôme Jaffré, L'indiscutable
défaite de Ségolène Royal, in: Le Monde vom 8.
6. 2007. Während 57 % der Sarkozy-Wähler als Motiv
angeben, er habe die Statur eines Präsidenten, sind es bei
Royal nur 16 %. Vgl. Nachwahlumfrage (Anm. 7).
10 Selbst seine Wähler haben
offenbar gewisse Bedenken, denn nur 22 % geben sie als Wahlmotiv
an. Vgl. Nachwahlumfrage (Anm. 7).
11 Nach J. Jaffré (Anm. 9) hat
insgesamt einer von fünf Wählern als ein Motiv angegeben,
den Sieg des politischen Gegners zu verhindern. Unter den
Royal-Wählern betrug der Anteil 76 %.
12 Weshalb er für eine weitere
Flexibilisierung der 35-Stunden-Woche eintrat: wer wolle, solle
Überstunden machen dürfen - befreit von Steuern und
Abgaben.
13 Er will die gesamte steuerliche
Spitzenbelastung von 60 auf 50 % senken und die Erbschaftssteuer
weitgehend abschaffen.
14 Neben der Steuerbefreiung für
die Überstunden ist in diesem Zusammenhang die steuerliche
Absetzbarkeit von Krediten für den Erwerb von Wohneigentum zu
erwähnen.
15 Vgl. die Zahlen bei J. Jaffré
(Anm. 9).
16 Von den Kandidaten der
bürgerlichen Parteien waren nur General de Gaulle 1965 und
Pompidou 1969 deutlich, Giscard d'Estaing 1974 nur unwesentlich
besser.
17 Wird berücksichtigt, dass
Jean-Pierre Chevènement und Christiane Taubira 2002
kandidiert und Jospin Stimmen weggenommen hatten, diesmal aber
Royal unterstützten, dann schrumpft der Zuwachs auf 3,1
%.
18 Die Grünen sind hier
eingeschlossen, obwohl sie nicht als linksextrem bezeichnet werden
können.
19 Erinnert sei nur an racaille
(Gesindel), das - auf die revoltierenden Jugendlichen in der
Pariser Banlieue bezogen - mit dem Kärcher (Hochdruckreiniger)
beseitigt werden müsse.
20 56 % der Royal-Wähler
erklären, die Kandidatin sei zwar nicht ihre Präferenz,
aber sie wollten sicher sein, dass sie in die Stichwahl kommt. Vgl.
www.tns-sofres.com (22. 4. 2007).
21 Bei einem Links-Rechts-Duell in der
Präsidentenwahl hatte nur General de Gaulle 1965 mit 55,2 %
besser abgeschnitten.
22 Sarkozy "bediente" diese
Einstellung, wenn er "das Frankreich, das früh aufsteht", den
faulen Langschläfern, die auf Staatskosten leben,
gegenüberstellte.
23 So erklärten in der
Sofres-Umfrage (Anm. 20) 57 %, sie wünschten eine Gesellschaft
mit mehr Ordnung und Autorität, während nur 37 % mehr
individuelle Freiheiten wünschten. 83 % der
Sarkozy-Wähler wünschen mehr Autorität, nur 16 %
mehr individuelle Freiheiten; für Royal sind es respektive 27
bzw. 66 %.
24 Für 52 % ihrer Wähler das
wichtigste Motiv. Umfrage CanalIpsos (Anm. 7).
25 Vgl. Le Monde vom 29. 4. 2007.
26 Edouard Balladur, Ne nous trompons
pas d'élection reine, in: Le Monde vom 12. 1. 2000.
27 Nur eine "Störung" des
Wahlkalenders durch Rücktritt oder Tod des Präsidenten
oder eine von ihm verfügte Auflösung der
Nationalversammlung könnte diese Synchronisierung wieder
aufheben.
28 Den folgenden Angaben liegen die in
den Anmerkungen 7 und 20 zitierten Umfragen zur
Präsidentschaftswahl (erster Wahlgang) zugrunde. Ferner
folgende Umfrage zur Stichwahl:
www.csa-fr.com/dataset/data2007/opi20070506, (20. 5. 2007).
29 43 zu 57 % bei den 50- bis
74-Jährigen, sogar 37 zu 63 % bei den über
75-Jährigen.
30 So J. Jaffré (Anm. 9).
31 Bemerkenswert ist der hohe Anteil
der Arbeiter, die im ersten Wahlgang für Le Pen stimmen. Mit
23 % liegt er vor Sarkozy und Royal (beide 21 %). Offenbar sind ihm
die vermutlich gering qualifizierten und in ihrem Sozialstatus
bedrohten Modernisierungsverlierer ziemlich treu geblieben.
32 Symptomatisch: 94 % der Muslime
haben Royal, aber 77 % der praktizierenden Katholiken haben Sarkozy
gewählt. Zahlen nach J. Jaffré (Anm. 9).
33 Noch dazu sitzen mit den ehemaligen
Präsidenten Giscard d'Estaing und Chirac weitere Vertreter aus
diesem politischen "Lager" mit vollem Stimmrecht in diesem
Gremium.
34 Die Wahl des Ortes wurde bewusst
gewählt, um an eine Rede zu erinnern, die General de Gaulle am
29. 9. 1946 am gleichen Ort zur gleichen Thematik gehalten hat.
Sarkozy hat in seiner Rede ein nachdrückliches Bekenntnis zu
de Gaulle, dessen Rolle in der französischen Geschichte und
zur V. Republik abgelegt. Vgl. Le Monde vom 12. 7. 2007.
35 Ein Anfang ist, auf Drängen
Sarkozys, die Überlassung des Vorsitzes im wichtigen
Finanzausschuss in der Nationalversammlung an einen
PS-Abgeordneten.
36 So hat Sarkozy erklärt, den
berüchtigten Art. 49, Abs. 3 beibehalten zu wollen. Danach
kann der Premierminister jederzeit die Vertrauensfrage mit einer
Gesetzesvorlage verbinden. Abgestimmt wird dann über einen
Misstrauensantrag, sofern einer eingebracht wird, oder gar nicht.
Von dieser Möglichkeit wurde bisher 81 Mal, für 47
Vorlagen, Gebrauch gemacht.