Kultur und Medien. Die Vorschläge zur so genannten Fernsehrichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates werden von den Bundestagsfraktionen zwar grundsätzlich begrüßt. Bei der Sitzung des Kulturausschusses am 6. Juli wurde aber zugleich deutlich, dass sie zu einigen Punkten noch erheblichen Diskussionsbedarf sehen.
EU-Kommissarin Viviane Reding warb nachdrücklich für die geplanten Änderungen: Die Richtlinie ziele darauf ab, den freien Verkehr von Fernsehsendungen innerhalb des Binnenmarktes zu gewährleisten und dabei wichtige Anliegen des öffentlichen Interesses - etwa kulturelle Vielfalt und Jugendschutz - zu gewährleisten. Mit den Änderungsvorschlägen der Kommission sollten die bisherigen Regulierungsbestimmungen an den technischen Fortschritt und die kommerzielle Entwicklung angepasst werden.
Reding führte weiter aus, man wolle dabei künftig zwischen linearen und nichtlinearen Diensten unterscheiden. Bei den linearen handele es sich um Dienste mit festem Sendeschema, bei denen der Zuschauer keinen direkten Einfluss hat: Fernsehen, Internet, Mobilfunk. Nichtlineare Dienste seien Fernseh- und Informationsangebote auf Abruf, etwa Video-on-demand. Geplant sei, den Verbraucherschutz zu stärken und auf eine strikte Trennung von Werbung und Programm zu bestehen. Das Verbot der Schleichwerbung solle bestehen bleiben, Produktplatzierungen unter bestimmten Vorraussetzungen - mit Ausnahme bei Informationssendungen und Kinderprogrammen - erlaubt sein. Zudem soll die stündliche Werbungsbeschränkung auf zwölf Minuten erhalten bleiben, ebenso wie das Werbeverbot für Zigaretten, Alkohol und Medikamente.
Die CDU/CSU-Fraktion begrüßte die Vorschläge zwar grundsätzlich, befürchtete aber, dass im deutschen dualen System im Bereich der Werbung "das Stützen der privaten Säule" zu "Schwierigkeiten der öffentlich-rechtlichen Säule" führen konnte. Man müsse zudem darüber nachdenken, ob es nicht günstiger sei, im Punkt der Flexibilisierung von Vorschriften zur Werbung eher an der Stundenbegrenzung anzusetzen als an der geplanten Verkürzung der werbefreien Zeit. "Wir dürfen nicht zulassen, dass wir in die Situation geraten, dass die Werbung durch das laufende Programm unterbrochen wird." Einzelspots seien bei Sportübertragungen akzeptabel, nicht aber "im fiktionalen Bereich".
Auch die Liberalen äußerten Kritik an den Vorschlägen der EU-Kommissarin. Man habe Zweifel, ob das Maß an Regulierung wirklich ausbalanciert sei. Bestimmte Eingriffe seien nicht notwendig: Wenn sich etwa Fernsehsender dazu entschieden, 40 Prozent ihrer Sendezeit mit Werbung zu füllen, könnten "die Zuschauer darüber selbst entscheiden", ob sie dies annähmen.
Auch Bündnisgrüne, SPD-Fraktion und Linke äußerten sich kritisch. Man sehe in den Vorschlägen zur Liberalisierung der Werbung die Gefahr, dass "die Trennung von Pogramm und Werbung gefährdet wird", so die Linke. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte, die einstimmige Kritik im Ausschuss beweise, dass es "in Deutschland bestimmte Wertvorstellungen gibt" und das man "hier über eine lange Zeit sehr zufrieden mit dem bestehenden System ist".