Beim nächsten EU-Rat müssen wir geschlossen eine klare Entscheidung für den Umgang mit der Türkei fällen", forderte Christian Philip von der französischen UMP beim Gespräch mit seinen deutschen Kollegen. Wenn die Forderungen der EU, insbesondere in der Zypernfrage, nicht erfüllt würden, sollte man auch darüber nachdenken, die Beitrittsverhandlungen einzufrieren. Die Türkei weigert sich weiterhin, dem EU-Mitglied Zypern den Zugang zu türkischen Häfen und Flughäfen zu erlauben. Bereits 1996 wurde in Ankara zwischen der Türkei und der EU eine Zollunion vereinbart, ein Zusatzprotokoll sollte diese auch für die neuen Mitgliedstaaten der erweiterten Union, darunter Zypern, festschreiben. Doch erst 2004, nach dem Scheitern des Annan-Plans zur Überwindung der Teilung Zyperns, unterschrieb der türkische Präsident Tayyip Erdogan auf Druck der EU das Zusatzprotokoll, sperrt sich aber bis heute, es für den griechisch-zypriotischen Inselteil umzusetzen.
Lale Akgün von der SPD-Fraktion gab zu bedenken, dass ein Nein zur Türkei auch die Teilung Zyperns zementieren würde. Die Sperrung türkischer Häfen für Schiffe des EU-Mitglieds Zypern sei nicht hinnehmbar, erklärte hingegen Thomas Silberhorn von der CDU/CSU-Fraktion. "Das sind Defizite, die am Anfang einer wirtschaftlichen Beziehung schon geklärt sein müssten", mahnte er mit Blick auf den langen Weg, der noch zu gehen sei. Michel Herbillon von der konservativen UMP kritisierte, dass die Bundesregierung in der Türkeifrage keine einheitliche Meinung vertrete. Er appellierte, "dass wir in der Zypernfrage keine Zugeständnisse machen dürfen".
"Wenn wir eine Lösung des Zypernkonflikts anstreben, darf nicht nur die türkische Seite gedrängt werden, sich zu bewegen.", sagte Akki Keskin von der Linksfraktion. Er sieht auch Europa in der Pflicht. Ihm zufolge müsse auch die EU von einigen Punkten abrücken. In Frankreich werde es über einen möglichen Türkei-Beitritt zur Europäischen Union ein Referendum geben, erklärte Jerôme Lambert von den französischen Sozialisten (SOC). In ihrem jetzigen Zustand habe die Türkei keine Chance auf einen Beitritt, in zehn bis 15 Jahren werde es aber anders sein. "Es liegt jetzt in der Hand der Türkei, zu handeln", forderte Lambert. Grundsätzlich werde die Zustimmung zum Beitritt aber auch von der allgemeinen Zustimmung der Bürger zur Europäischen Union abhängen. Auch UMP-Mitglied Jacques Myard betonte, erst wenn sich die EU reformiert habe und flexibler sei, sei man wirklich bereit, die Türkeifrage erfolgreich zu lösen.
Dass die Integrationsfähigkeit auf EU-Seite Vorraussetzung für einen Beitritt sei, hob auch Rainder Steenblock von der Fraktion Bündnis 90/Grüne hervor. Er wies darauf hin, die gewaltigen Reformfortschritte der Türkei nicht zu vergessen. "Der Reformprozess hat sich verlangsamt, aber er geht weiter", erinnerte Steenblock. Zuvor gab die FDP-Fraktion in einer Diskussion über den Europäischen Verfassungsvertrag zu bedenken, dass sich viele Bürger durch die Erweiterung bedroht fühlten, weil sie darin keinen wirtschaftlichen Fortschritt sähen.
Der französische UMP-Abgeordnete Alfred Almont forderte eine Diskussion über die Grenzen Europas hinweg. Dabei erinnerte er auch an die Alternative einer privilegierten Partnerschaft. Sie könne ein gutes Mittel sein, um einen Beitritt vorzubereiten. Die SPD-Abgeordnete Lale Akgün warnte hingegen davor. "Wenn wir heute der Türkei die Tür zuschlagen, wird es auch keine Partnerschaft mehr geben."