Zuwanderung und Integration sind Themen, über die in Deutschland seit Beginn der 80er-Jahre heftig gestritten wird, ohne dass ein gesamtgesellschaftlicher Konsens mit den im Lande lebenden Migranten in absehbarer Zeit in Sicht wäre. Das Klima zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den ethnischen Minderheiten scheint in den letzten Jahren rauer geworden zu sein. Schon kleinere Anlässe genügen offensichtlich, um das Deutungsmuster vom "Krieg der Kulturen" zu aktivieren und die wechselseitigen Feindbilder zu positionieren. Welche Rolle dabei vor allem die Massenmedien spielen, das wollen die Autoren des Sammelbandes "Massenmedien, Migration und Integration" näher untersuchen.
Anknüpfungspunkte des Buches sind einerseits der so genannte "Karikaturenstreit" und - so die Herausgeber Christoph Butterwegge und Gudrun Hentges - andererseits eine Politik, die Integration "fast nur noch als mit harten Sanktionsdrohungen durchgesetzte Zwangsveranstaltung begreift". Zu untersuchen sei vor diesem Hintergrund die Rolle der Medien, aber auch selbstkritisch die der Migrationsforscher, die heikle Themen wie Zwangsheirat oder Ehrenmorde bislang eher tabuisiert haben. Die zweite Perspektive bleibt Zukunftsversprechen, im Mittelpunkt des Bandes stehen die Medien.
Die Herausgeber haben die elf Beiträge in vier größere Kapitel untergliedert. Den ersten Block bilden Beiträge zur Frage, ob Medien mit ihrer Berichterstattung Motoren und Multiplikatoren der Ethnisierung sozialer und gesellschaftlicher Problemlagen sind. Martin Wengeler spürt hier Argumentationsmustern im Migrationsdiskurs nach, die seit Jahrzehnten die Debatten bestimmen, Erol Yildiz lenkt sein Augenmerk auf stigmatisierende Mediendiskurse und Schahrzad Farrokhzad widmet sich den Konstruktionen der "fremden Frau" in der Medienlandschaft, die sie mit den Stereotypen Exotin, Unterdrückte, Fundamentalistin zu belegen versucht und sich dabei vorwiegend auf die Felder "Prostitution" und "Kopftuch" konzentriert.
Der zweite Themenkomplex versammelt drei Analysen zu Fragen von Zuwanderung und Rassismus in den Medien. Kritisch hinterfragt werden unter anderem die Berichterstattung des "Spiegel" und die Wahrnehmungen des Themas in den Gazetten der extremen Rechten. Den Themenfeldern "Islamismus", "Terrorismus" und "Ausländerkriminalität" widmet sich dann der dritte Themenkomplex, wobei hier die Attentate vom 11. September 2001 und deren Folgen im Focus der Analysen stehen.
So unterschiedlich die Einzelthemen und Einzelbefunde der verschiedenen Beiträge sein mögen, so ist ihnen doch die Überzeugung gemeinsam, dass die Medien häufig Zerrbilder von Migranten und ethnischen Minderheiten erzeugen, die nicht nur das Denken und Handeln der Rezipienten negativ beeinflussen, sondern auch deren Haltung im Hinblick auf künftige Modelle des friedlichen Zusammenlebens unterschiedlicher Kulturen, Herkünfte und Religionen prägen. Das freilich allein ist kein origineller, wenngleich ein durchaus aktueller Be-fund. Aber wie ist dem Problem beizukommen?
Häufig werden in Fällen bestimmter politischer, gesellschaftlicher oder sozialer Problemlagen als Alternativen Politische Bildung und Pädagogik bemüht. Das ist im vorliegenden Band nicht anders. Und diese Pädagogisierungsstrategie verfolgen die beiden Beiträge des letzten Themenkomplexes. Christoph Butterwegge nähert sich exemplarisch dem komplexen Gegenstandsbereich von Migrationsberichterstattung, Medienpädagogik und politischer Bildung an und fordert unter anderem eine entsprechende Weiterbildung für Journalisten und Redakteure im Rahmen politischer Bildungsarbeit. Ähnlich diskutiert Rudolf Leiprecht in seinem abschließenden Beitrag den Rassismus in den Medien als Herausforderung für die politische Bildung. Es mag dahin gestellt sein, ob solche Delegationsstrategien erfolgreich sein können oder ob sie die Möglichkeiten politischer Bildungsarbeit nicht schlichtweg überfordern, wenn diese präventiv oder korrigierend etwas sichern soll, was selbst in der Mitte der Gesellschaft nicht mehr als gesichert scheint.
Peter Dudek, Christoph Butterwegge, Gudrun Hentges (Hrsg.), Massenmedien, Migration und Integration. Herausforderungen für Journalismus und politische Bildung. Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2006; 262 S., 19, 90 Euro.