Der Euratom-Vertrag wird 50 Jahre alt - eine Beerdigungs- oder eine Wiederauferstehungsfeier?
Ich hoffe, dass wir den Euratom-Vertrag beerdigen können. Nach einer Anhörung des Industrieausschusses wird ziemlich deutlich, dass die Mehrheit im Europaparlament sich darauf verständigen kann, eine neue Vertragsstaaten-Konferenz zu fordern. Mein Wunsch wäre, dass die Staaten, die sich gegen eine Nutzung der Atomenergie entschieden haben, eine Neufassung des Vertrages fordern und ihn andernfalls einseitig aufkündigen.
Müssten sich da nicht die Regierungen zusammentun?
Die Initiative müsste von den Mitgliedstaaten kommen, die sich eindeutig gegen Atomkraft ausgesprochen haben. Deutschland, Österreich und Irland haben es mehrfach angekündigt, sind dann aber wieder zurückgeschreckt. Diese Länder könnten sich vielleicht schneller entschließen, wenn auch das Europaparlament eine Vertragsstaatenkonferenz durchführen würde.
Die Erderwärmung ist momentan das große Thema. Da wird Kernkraft als CO2-neutrale Energiequelle wieder attraktiv. Frankreich will sich seine AKW auf die Quote erneuerbarer Energien anrechnen lassen...
Das ist eine Forderung, die vom Lobbyverband der Atomwirtschaft Foratom seit einem Jahr hier in Brüssel platziert wird. Das halte ich für aberwitzig. Wer auf das eine Megarisiko Klimawandel mit der Neubegründung eines Megarisikos reagiert, ist nicht auf dem Weg in eine nachhaltige Energiewirtschaft.
Mit Sparen und erneuerbaren Energien allein werden die Klimaziele nicht erreicht. Andere Wege wie die Verstromung von Biomasse können aber auch verheerende Auswirkungen auf die Umwelt haben. Ist da die Kernkraft der Ausweg?
Die Atomkraft kann keine ehrgeizigen Beiträge zur CO2-Minimierung gewährleisten. Sie hat an der Stromerzeugung in der EU nur einen marginalen Anteil. Es hat bisher keine konsequente Politik zu Gunsten von Energieeinsparen und Energieeffizienz gegeben. Der gute Ansatz der EU-Kommission in ihrem Plan "Energieeffizienz" ist aus dem Blick geraten. Wir müssen die Standards für die Effizienz von Energie in allen Bereichen erhöhen: Bei der Produktion von Strom, bei der Verwendung von Energie und im Verkehr.
Reicht das denn, um die Klimaziele zu erreichen?
Wir haben uns vom Ökoinstitut in Freiburg eine Studie anfertigen lassen. Sie zeigt, dass man 30 Prozent CO2 bis 2020 und 50-80 Prozent bis 2050 einsparen und die Atomenergie gleichzeitig auslaufen lassen kann, bei einer Durchschnittslaufzeit von 40 Jahren. Das schafft man, wenn man in allen Bereichen auf Effizienz und den Ausbau der Erneuerbaren setzt.
Die Fragen stellte
Daniela Weingärtner