Wehrbeauftragter
Schwieriger Start für ein unverzichtbares Verfassungsorgan
Die Erwartungen an die neue Institution waren ebenso groß wie vage: Der Wehrbeauftragte solle "alles, was die Bundeswehr angeht, sehen, riechen, hören, schmecken". So beschrieb der SPD-Wehrexperte Fritz Erler 1959 dessen Aufgabe. Heute ist das hoch angesehene Amt, das im vergangenen Jahr sein 50-jähriges Bestehen feierte, aus dem Grundgesetz nicht mehr wegzudenken - und dass, obwohl es gegen viele Vorbehalte von Seiten der Regierung wie der Bundeswehrführung erst im Nachhinein in die Verfassung eingefügt wurde.
Doch wie gelang es den ersten Amtsinhabern, sich gegen diese massiven Widerstände durchzusetzen und ihrem Auftrag als parlamentarisches Kontrollorgan der Streitkräfte gerecht zu werden? Dieser Frage geht Major Rudolf J. Schlaffer in seiner Dissertation "Der Wehrbeauftragte 1951 bis 1985" nach. Sein Ziel ist dabei weniger eine rein ereignisgeschichtliche Darstellung. Vielmehr geht es ihm darum, das Agieren des Wehrbeauftragten stets im wechselvollen Spannungsfeld von Verfassungsauftrag, Parlament, Bundeswehr und Öffentlichkeit zu analysieren.
Entsprechend spannend liest sich seine Darstellung der Entstehungs- und Konsolidierungsgeschichte eines "verspäteten" Verfassungsorgans - auch wenn das Lesevergnügen durch den sperrigen Sprachstil etwas geschmälert wird. Die verzögerte Erstbe- setzung des Amtes, die jahrelange Indifferenz des Parlaments seinem eigenen Hilfsorgan gegenüber, die ebenso dreisten wie durchsichtigen Versuche von Bundeswehrführung und Verteidigungsministerium, den Wehrbeauftragten kaltzustellen - all dies lässt die politische Klasse der frühen Bundesrepublik in keinem guten Licht erscheinen.
Eine ähnlich kritische Auseinandersetzung mit den Entstehungsbedingungen des Amtes des Wehrbeauftragten lässt sich von einer offiziellen Jubiläumsschrift natürlich nicht erwarten. Als gefällige Imagebroschüre mit Tendenz zur Hofberichterstattung kommt denn auch das Buch "Zum Schutz der Grundrechte … Der Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages" daher, das von diesem selbst herausgegeben wurde. Dennoch kann man dem Büchlein einen gewissen Wert nicht absprechen: Für den Politik-Laien bietet es einen leicht verständlichen und gut lesbaren Einblick in diese wichtige Institution.
Nicht geglückt ist allerdings die Bildauswahl. Soldaten beim Schneeschippen nach einem heftigen Wintereinbruch in Bayern oder beim Aufbau eines Notkrankenhauses in Banda Aceh nach dem verheerenden Tsunami: Solche Bilder vermitteln den falschen Eindruck, dass die Bundeswehr heute eine Art besseres Technisches Hilfswerk sei. Und widerspricht dem Anliegen des amtierenden Wehrbeauftragten Reinhold Robbe (SPD), die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, dass sich die Bundeswehr zu einer "Einsatzarmee gewandelt hat", und "den mit Gefahr für Leib und Leben verbundenen Dienst der Soldatinnen und Soldaten stärker als bisher in den Fokus des gesellschaftlichen Interesses" zu rücken.
Der Wehrbeauftragte 1951 bis 1985. Aus Sorge um den Soldaten.
Oldenbourg Verlag, München 2006; 380 S., 26,80 ¤
Zum Schutz der Grundrechte...
NDV, Rheinbreitbach 2006; 128 S., 19,80 ¤