BULGARIEN
Niedrige Wahlbeteiligung bei den ersten Wahlen zum Europaparlament
Von Europaeuphorie war bei der ersten Wahl zum Europaparlament nach dem Beitritt des Landes nichts zu spüren - im Gegenteil. Mit 28,61 Prozent ging nur ein Drittel aller Wahlberechtigten an die Urnen. Dennoch könnte das Ergebnis die politische Landschaft des Balkanlandes verändern. Mit dem Sieg seiner Mitte-Rechts-Partei "Bürger für eine Europäische Entwicklung Bulgariens" (GERB) konnte der Bürgermeister von Sofia, Boiko Borissov, seinen Machtanspruch untermauern. Er fordert nun vorgezogene Neuwahlen zur Bulgarischen Volksversammlung für den kommenden Herbst: "Die wird es geben", orakelte Borissov am Morgen nach der Wahl in gewohnt lakonischer Art, "weil die Regierungskoalition aus BSP (Sozialisten), NDSW (Zentrumspartei) und DPS (Partei der türkischen Minderheit) selbst dafür sorgt."
Seine im Dezember 2006 gegründete Partei war in der Wahlnacht lange hinter der Vertretung der türkischen Minderheit "Bewegung für Rechte und Freiheiten"(DPS) und der sozialistischen BSP an dritter Position geführt worden. Schließlich stand die GERB aber mit 21,6 Prozent der abgegebenen Stimmen doch noch als Sieger fest.
Für die an zweiter Stelle folgende BSP müssen die mageren 21,4 Prozent als Quittung für enttäuschte Wahlversprechen gelten, während die DPS 20,2 Prozent der Stimmen erhielt. GERB und BSP werden jeweils mit fünf und DPS mit vier Parlamentariern in Straßburg vertreten sein. Die nationalistische ATAKA errang 14,2 Prozent der Stimmen und verstärkt damit die rechtsextreme Fraktion der europäischen Nationalisten "Identität Tradition Souveränität" (IST) mit drei Mandaten. Im Europaparlament wirkt ATAKA im Bund mit den Vertretern der rumänischen Nationalisten, "Partidul Romania Mare", die zuweilen Territorialansprüche auf die nordostbulgarische Dobrudscha erhebt.
Die liberale "Nationale Bewegung Simeon II"(NDSW) des ehemaligen Ministerpräsidenten Simeon Sakskoburggotski erhält für ihre erreichten 6,2 Prozent ein Mandat, während die Parteien der traditionellen Rechten "Union Demokratischer Kräfte" (SDS) und "Demokraten für ein starkes Bulgarien" (DSB) leer ausgingen.
Als Konsequenz aus dem Wahlergebnis schließt Ministerpräsident Sergej Stanischev indes eine Kabinettsumbildung nicht aus. Politische Beobacher erwarten, daß der im Fokus eines Korruptionsskandals stehende Wirtschafts- und Energieminister Rumen Ovtscharov seinen Posten verlieren wird - noch befindet er sich im von Stanischev verordneten Zwangsurlaub.