Am Freitag dieser Woche äußern sich Experten vor der Föderalismuskommission II zur geplanten Finanzreform. Welche Erwartungen haben Sie an die Veranstaltung?
Die Anhörung wird reformbedürftige Bereiche der Finanzverfassung deutlich aufzeigen. Aus den Sachverständigengutachten geht klar hervor, dass mehr Autonomie und Wettbewerb notwendig sind. Ich wünsche mir, dass die Diskussion nach der Anhörung weiterhin in offener Art und Weise geführt wird.
Im Vorfeld haben einige Ministerpräsidenten Vorschläge gemacht. Was halten Sie von Peter Müllers Vorstoß, im Saarland auf Ausgleichszahlungen zu verzichten, wenn die Länder einen höheren Anteil am Steueraufkommen erhalten?
Es müssen alle Vorschläge diskutiert werden. Beachtlich ist, dass auch die Nehmerländer konstruktiv an der Reform mitarbeiten. Im Rahmen der Reform müssen die Länder mehr eigene Steuern erhalten. Die Steuerautonomie zu stärken und den Ländern dadurch mehr eigenen Spielraum auch auf der Einnahmenseite zu geben, ist eines der zwingenden Ziele, die es zu erreichen gilt. Über Entschuldungskonzepte muss diskutiert und den verschuldeten Ländern eine Möglichkeit der Entschuldung aufgezeigt werden.
Der Kommissionsvorsitzende und baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger will Berlin dadurch helfen, dass es für jeden aus eigener Kraft getilgten Euro von Bund und Ländern einen dazu bekommt. Eine gute Idee?
Derart hoch verschuldete Länder wie Berlin brauchen Solidarität des Bundes und der übrigen Länder. Ob ein "Notopfer Berlin" hier die richtige Lösung sein kann, wird sich zeigen. Ohne grundlegende Reform des Länderfinanzausgleichs und ein grundsätzliches Neuverschuldungsverbot ist aber an eine Entschuldungsdiskussion nicht zu denken.
Gehört der Solidarpakt II, der den Ost-Ländern bis 2019 feste Zahlungen garantiert, für Sie zur Verhandlungsmasse?
Nein! Die Solidarität mit den ostdeutschen Ländern steht nicht zur Disposition. Wohl aber muss bereits heute über die Zeit nach dem Jahr 2019 gesprochen werden und der anreizfeindliche Finanzausgleich, der eigene finanzpolitische Anstrengungen abschöpft, verändert und leistungsfreundlich ausgestaltet werden.
Die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen soll den Marsch in den Schuldenstaat stoppen. Aber wird sie auch Wege aus dem Schuldenstaat weisen?
Die Reform muss außerhalb der politischen Einflussnahme Mechanismen gegen die Verschuldung bereithalten und Wege aus der Verschuldung zeigen. Ansonsten werden die Länder einen Neuanfang und wachsende Autonomie nicht stemmen können. Einen Ausweg aus der Verschuldung gibt es jedoch nur dann, wenn neue Verschuldung durch die Verankerung eines grundsätzlichen Neuverschuldungsverbotes im Grundgesetz verhindert wird.
Die Fragen stellte
Volker Müller