DEUTSCHLAND
Seit 1998 gibt es einen Menschenrechtsbeauftragten im Auswärtigen Amt
Eigentlich war die Wende 1989, als mit der Berliner Mauer auch der Eiserne Vorhang fiel. Verdreht man aber die beiden letzten Ziffern, landet man bei der menschenrechtspolitischen Wende Deutschlands. Mit der rot-grünen Regierung hat Deutschland in der Menschenrechtspolitik zwar keinen völlig neuen Weg eingeschlagen. Die vor allem institutionellen Änderungen schafften aber eine neue Basis für die Menschenrechtspolitik - in und außerhalb Deutschlands.
Das Vorspiel zu dieser Wende fand 1991, also kurz nach der echten Wende statt. Lange Zeit hatten die Bundesregierungen eine eher zurückhaltende Menschenrechtspolitik verfolgt. Zwar hätte es die UNO-Konvention gegen Folter wohl ohne den Einsatz des schwarz-gelben Regierungsduos Kohl/Genscher ebenso wenig in dieser Form gegeben wie das Zusatzprotokoll zum internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, das die Abschaffung der Todesstrafe zum Ziel hatte. Der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP) hatte Anfang der 1980er-Jahre dazu die Initiative ergriffen. Ähnliches gilt für den Posten des Hochkommissars für Menschenrechte und den Internationalen Strafgerichtshof - ohne intensive deutsche Beteiligung, auch gegen den Widerstand beispielsweise aus den USA, würde es beides heute nicht geben. Grundsätzlich aber spielte die Menschenrechtspolitik eine eher untergeordnete Rolle.
1991 führte dann das Entwicklungshilfeministerium fünf politische Kriterien für die deutsche staatliche Entwicklungszusammenarbeit ein. Die neue Handhabe zur Motivation oder andernfalls zur Sanktionierung von Staaten, in denen Menschenrechte verletzt werden, bedeutete eine klare Aufwertung der Menschenrechtspolitik. Neben der Schaffung einer marktfreundlichen und sozial orientierten Wirtschaftsordnung und der Entwicklungsorientierung staatlichen Handelns gehören zu diesen Kriterien auch die Achtung der Menschenrechte, die Beteiligung der Bevölkerung am politischen Prozess und Rechtsstaatlichkeit. Dieser Maßstab gilt seitdem für alle Entscheidungen über Art und Umfang deutscher Entwicklungszusammenarbeit. Eine weitere - und wohl die bisher wichtigste - thematische wie institutionelle Stärkung der Menschenrechtspolitik hat die rot-grüne Bundesregierung 1998 vorgenommen: die Einsetzung eines Menschenrechtsbeauftragten im Auswärtigen Amt, die Aufwertung des Menschenrechtsausschusses im Bundestag von einem Unterausschuss des Auswärtigen Ausschusses zu einem Vollausschuss und die Gründung des Deutschen Instituts für Menschenrechte im Jahr 2001. Der Menschenrechtsausschuss im Bundestag ist mit seiner Aufwertung nun nicht mehr wie bisher nur für die Menschenrechte außerhalb, sondern erstmals auch innerhalb Deutschlands zuständig.
Bei allem deutschen Engagement für die Achtung der Menschenrechte: Wichtigste Instrumentarien in der Menschenrechtspolitik sind und bleiben der Politikdialog, Konferenzen, Seminare und die Arbeit bei den Vereinten Nationen. Von Zwangsmaßnahmen wie etwa Sanktionen gegen einzelne Länder haben deutsche Regierungen bislang äußerst selten Gebrauch gemacht.
Der Autor ist Volontär bei "Das Parlament".