Studien brachten es vor kurzem ans Licht. Die DDR-Geschichte führt ein Schattendasein auf den Lehrplänen der Schulen. Eigentlich kaum zu glauben. Denn eines war der Arbeiter-und-Bauern-Staat ganz bestimmt nicht: So grau und trist wie die Anzüge seiner Politiker und die Fassaden seiner Plattenbauten. Das erste sozialistische Experiment auf deutschem Boden brachte nämlich nicht nur Mauerbau, Stasispitzel und Planwirtschaft, sondern auch so manche sozialistische Stilblüte hervor.
Der ironiebegabte Schriftsteller und aufgeklärte Ex-DDRler Jakob Hein hat 30 von ihnen gesammelt und zu einem bunten Strauß historischer Aha-Erlebnisse geflochten: Von der missglückten Serienfertigung eines tragbaren Schallplattenspielers über die erfrorenen Baumwollfelder von Sachsen-Anhalt bis hin zur gezielten Flirt-Offensive einiger Stasi-Romeos auf kinderlose Akademikerinnen zwecks Geburtensteigerung.
In diesen schier unglaublichen und gewitzt geschilderten Episoden spiegelt sich die ganze Absurdität des politischen, sozialen und ökonomischen Systems der DDR. Heins anregendes Kuriositätenkabinett sollte alsbald zur Pflichtlektüre werden. Nicht nur an deutschen Schulen.
Antrag auf ständige Ausreise und andere Mythen der DDR.
Piper Verlag, München 2007; 160 S., 8 ¤