Es mag an der ungeschickten Kommunikationsstrategie von EU-Innenkommissar Franco Frattini gelegen haben. Jedenfalls kursierten Bilder von Millionen Afrikanern vor den Toren Europas, fremdenfeindliches Gruseln kam auf und die Angst vor einem weiteren Politikfeld, das nach Brüssel abgleitet. Prompt lehnten in Deutschland Unions-Vertreter und Sozialdemokraten Frattinis Vorschläge zur Zuwanderung ab.
Zumindest die plötzliche Aufregung darüber ist aber unangebracht. Frattini bewirbt Vorschläge zur Zuwanderung Hochqualifizierter seit Jahren - bald will er sie formalisieren. Zu Recht: Europa und auch Deutschland leiden unter einem Fachkräftemangel, der sich künftig verschärfen wird. Und zur Erntezeit fehlen jedes Jahr Arbeiter. Hochqualifizierte sollen die Möglichkeit bekommen, in Europa mobil zu sein und auch nach einer Zeit woanders wieder zurückkehren können. Saisonarbeiter sollen verstärkt die Möglichkeit für einen legalen Aufenthalt bekommen - ein Mittel gegen illegale Einwanderung.
Was also stimmt nicht mit der Initiative? Man kann argumentieren, dass die Kompetenz für einen so sensiblen Bereich nicht nach Brüssel wandern darf. Oder, dass die Migrationspolitik in Deutschland nicht durch Kompromisse mit den 26 anderen EU-Staaten beeinflusst werden sollte. Tatsächlich aber stimmt eines mit der "Blue Card" nicht: Sie ist ungeeignet, das Problem zu lösen. Die meisten Länder Europas sind nicht wegen der fehlenden juristischen Grundlage für Hochqualifizierte uninteressant. Sie sind es wegen der mangelnden Chancen.