WALDKINDERGÄRTEN
Immer mehr Kleinkinder werden pädagogisch im Freien betreut
Sie waren eine exotische Randerscheinung -und das ist noch nicht allzu lange her. Seit 1993 in Flensburg der erste deutsche Waldkindergarten staatlich anerkannt wurde, ist die Zahl der waldpädagogisch orientierten Betreuungseinrichtungen rasant gestiegen: Inzwischen gibt es bundesweit etwa 700 Waldkindergärten. "Die Pionierarbeit ist geleistet", sagt Maria-Luise Sander, Vorsitzende des Bundesverbandes der Natur- und Waldkindergärten in Deutschland, "unsere Kindergärten sind ein fester Bestandteil des Betreuungsangebotes geworden".
Bereits vor über 30 Jahren wurden in Dänemark Kinder rund vier Stunden täglich aus-schließlich im Freien, meist im Wald, betreut. Die Natur und ihre Materialien sind das Spiel- und Erlebnisumfeld der Kinder. Nur bei extremer Witterung wird eine Notunterkunft, ein Unterstand oder ein Bauwagen, aufgesucht. Auch in Waldkindergärten wird gesungen, erzählt, gebastelt, geklettert und gespielt. Aber es gibt kein vorgefertigtes Spielzeug. Die Kinder nutzen das, was sie in der Natur finden: Den Baum als Klettergerüst, den Waldboden als Malfläche, ein Stück Rinde und ein paar Kastanien als Spielfigur. Das Kindergartenjahr wird bestimmt vom Rhythmus der Natur. Kommt zusätzliches Material zum Einsatz, so muss der Zusammenhang zum Lebensraum Natur hergestellt werden, um den nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen zu lehren. "Wenn wir mit Papier basteln", erläutert Maria-Luise Sander, "dann sprechen wir darüber, woher das Papier kommt und wie es hergestellt wird. Im besten Falle schöpfen wir selbst Papier."
Auch für Waldkindergärten gelten die Bildungsrichtlinien der Länder. Probleme gibt es selten."Gerade die Sprachförderung kann in der Natur sehr gut umgesetzt werden", sagt Maria-Luise Sander, selbst lange Jahre Leiterin eines Waldkindergartens, "das Spielen mit den Naturmaterialien erfordert nicht nur Phantasie, sondern auch sehr viel Kommunikation, um andere daran teilhaben zu lassen." Entsprechend hätten die Kinder aus Waldkindergärten im Vergleich zu anderen bei der Einschulung eher Vorteile als Defizite, so Sander.
Bundesweit einheitliche Vorgaben zur Gründung von Waldkindergärten gibt es nicht. Die Erteilung der Betriebserlaubnis fällt in die Zuständigkeit der Landesjugendämter. Sie überprüfen die Einhaltung der Vorschriften und legen den Betreuungsschlüssel fest. Die Gruppengröße ist bei Waldkindergärten im Allgemeinen auf maximal 15 bis 20 Kinder beschränkt. "Jede Einrichtung ist eine Art Individuum", sagt Maria-Luise Sander, "wir stehen bei der Gründung mit Rat und Tat zur Verfügung, die Ausgestaltung des Konzepts ist aber immer Sache der Initiatoren." Noch, so Sander, ist Skandinavien Vorbild in der Waldpädagogik. Aber in Deutschland bewegt sich viel: Zur Zeit entstehen die ersten waldpädagogischen Einrichtungen zur Hortbetreuung.
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