FRIEDWALD
Immer mehr Menschen wollen in der Natur ihre letzte Ruhestätte finden
Nur das Rauschen des Windes ist zu hören, wenn Jenny Bischoff am Grab ihres Mannes steht. Es riecht nach feuchter Erde, Blätter tanzen durch die Stille. "Ich bin gern hier", sagt sie. Fast fünf Jahre ist es her, dass die 55-jährige Potsdamerin unter der dicken Eiche im Reinhardswald in Nordhessen seine Urne begrub. Jenny Bischoff gehörte zu den ersten in Deutschland, die sich zu einer Bestattung in der freien Natur entschlossen hat. Der so genannte Friedwald im Reinhardswald war damals gerade ein halbes Jahr alt. Erst seit 2001 können in dem Wald Verstorbene beigesetzt werden.
Anfangs gab es nur die nach der Betreiberfirma Friedwald benannten Friedhöfe. Heute gibt es weitere Firmen mit ähnlichen Namen auf dem Markt und so kann man sich auch im Ruheforst oder Waldfrieden beisetzen lassen. 40 solcher Friedhöfe gibt es heute in Deutschland - Tendenz steigend.
Kleine Schilder weisen darauf hin, wo der normale Wald aufhört und der Friedhof beginnt. Vor etwas mehr als einem Jahr hat die Stadt Fürstenwalde bei Berlin aus 45 Hek-
tar Eichenlandschaft einen Friedwald gemacht. "Nur wenn man genau hinsieht, kann man es erkennen", sagt Forstamtsleiter Thomas Weber. An den Grabbäumen hängen Plaketten mit Nummern, manchmal auch ein Namensschild. Es gibt keine Grabsteine, Kreuze oder Blumen. Alles ist naturbelassen, fast wie in einem geschützten Reservat. Für mindestens 99 Jahre wird hier keine heulende Motorsäge die Ruhe stören.
Fürstenwalde wollte einen Friedwald, um alternative Bestattungen anbieten zu können, sagt der Forstamtsleiter. Zum anderen sei der Friedhof durchaus finanziell attraktiv. Neben der Holzwirtschaft und der Jagd habe der Forst nun eine weitere Einnahmequelle. Und das Konzept geht auf. Bisher gab es mehr als 90 Beerdigungen. Sie haben der Stadtkasse über 130.000 Euro eingebracht, rund sieben bis acht Prozent des jährlichen Gesamtumsatzes der Forstwirtschaft.
Jenny Bischoff hat 3.350 Euro für einen Familienbaum mit zehn möglichen Gräbern gezahlt, 770 Euro kostet auf einem Friedwald ein Einzelgrab unter einem Gemeinschaftsbaum. Die Grabpflege übernimmt die Natur. Die Kosten sind für sie allerdings zweitrangig: "Der Wald strahlt Ruhe und Geborgenheit aus. Er ist ein würdiger Ort für die letzte Ruhe", sagt Jenny Bischoff.
Die Autorin ist freie Journalistin in Berlin.