WALDBRÄNDE
95 Prozent gehen auf Brandstiftung zurück
Dieser Wald ist tot, zweifellos: Wie Mikadostäbe liegen die verkohlten Stämme kreuz und quer. Das Rotbraun der Straße geht nach wenigen Metern in einen schwarzen Boden über, auf dem der Wind mit grauer Asche spielt. "Mit Feuern wie diesem wird Platz geschaffen für Rinderfarmen", erklärte Michael Evers, Waldexperte des WWF Deutschland, als er im Juli diesen Jahres den "Bogen der Entwaldung" im südlichen Amazonien bereiste.
"Die Nutzung von Feuer als Werkzeug der Waldumwandlung hat seit den 60er-Jahren dramatisch zugenommen", erklärt der Feuerökologe Johann Goldammer, Leiter des Global Fire Monitoring Center (GFMC) in Freiburg. Weltweit beruhen mehr als 95 Prozent aller Waldbrände auf Brandstiftung. Goldammer zufolge brennt weltweit jährlich Vegetation auf einer Fläche von rund 300 Millionen Hektar.
So eindeutig wie im brasilianischen und den anderen tropischen Regenwäldern lassen sich die Folgen eines Waldbrands in anderen Regionen der Welt nicht beurteilen: Wenn Wald brennt, muss das keine Katastrophe sein. Als gut angepasst an das Element Feuer gelten zum Beispiel die Kiefern- und Lärchenwälder Sibiriens, afrikanische Savannen, Eukalyptuswälder in Australien oder Buschlandschaften wie die Macchie des Mittelmeerraums. Wo Laub und Holz zersetzende Bodenorganismen fehlen, etwa weil es zu kalt oder zu trocken ist, sind Feuer sogar für das Recycling der Nährstoffe und die Verjüngung des Waldes unerlässlich.
Komplizierter als vermutet ist auch das Wechselspiel zwischen Waldbränden und Klimawandel: Dem in diesem Jahr veröffentlichten 4. UN-Klimareport zufolge geht ein Viertel des seit Beginn der industriellen Revolution in die Atmosphäre geblasenen Kohlendioxids auf das Konto von "Änderungen der Landnutzung". Gemeint ist damit hauptsächlich die Umwandlung von Urwäldern in Weiden und Felder, was typischerweise mit Feuer bewerkstelligt wird.
Die Klimaerwärmung bringt möglicherweise einen sich selbst verstärkenden Kreislauf in Schwung: Laut einer Studie der Universität von Kalifornien führt sie in den USA zu mehr Waldbränden. So hat seit Mitte der 80er-Jahre die Zahl der Waldbrände interessanterweise gerade in solchen Gebieten deutlich zugenommen, in denen der Mensch kaum in den natürlichen Ablauf eingreift. Ihre Erklärung: Die gestiegenen Temperaturen lassen den Schnee früher schmelzen, der in diesen Gebieten die Hauptwasserquelle ist. Dadurch sind die Sommer trockener und die Gefahr von Waldbränden ist größer. Zudem kann der Klimawandel die Folgen von Waldbränden verstärken: Ob sich beispielsweise die Natur in Griechenland von den Bränden dieses Sommers erholt, ist fraglich. Die vorhergesagten häufigeren extremen Regenfälle könnten den verbrannten Flächen den Rest geben: das Wasser wäscht Nährstoffe aus oder schwemmt den ungeschützten Boden weg. Andererseits beschleunigen Waldbrände die Folgen des Klimawandels: Wenn Wälder gesund sind, könnten sie eine Klimaverschiebung für lange Zeit verkraften, erklärt Goldammer. "Kommt jetzt aber ein Feuer, macht es einen Schlussstrich."