Hinter großen Dingen in der Politik stecken oft viele Fachleute, die komplizierte Prozesse vorbereiten und begleiten. Im Sekretariat der "Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen" arbeiten jedoch lediglich acht Mitarbeiter. "Aber wir sind eine effektive Truppe", sagt Angelika Pendzich-von Winter, die das Sekretariat auf Seiten der Bundestagsverwaltung leitet. Für die Bundesratsverwaltung steht Horst Risse. "Diese Konstruktion gewährleistet, dass in alle Überlegungen auf Arbeitsebene die Sicht von Bundestag und Bundesrat einfließt", erklärt Pendzich-von Winter. Das Gremium mit dem Kürzel "Föderalismuskommission II" oder "FödKo II" hat Großes vor: Es soll die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern neu ordnen und soll auch schaffen, woran Haushaltspolitiker und Finanzminister seit nunmehr 30 Jahren gescheitert sind.
Für 2008 soll die Kommission Vorschläge machen, wie die Staatsverschuldung - mittlerweile 1,5 Billionen Euro in Bund, Ländern und Kommunen - reduziert werden kann. Denn gute Konjunktur hin oder her: Die meisten Haushalte sind noch immer nicht ausgeglichen. Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) und der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Peter Struck, die der Kommission vorstehen, haben das Ziel klar beschrieben: Die Rückführung der Staatsverschuldung und die Lösung der Frage, in welchem Maß neue Schulden aufgenommen werden dürfen, sind Pflichtprogramm.
Doch auch wenn fast alle diesem Ziel zustimmen hat laut Risse, "jeder sofort seinen Taschenrechner unter dem Tisch" wenn es in der Runde darum geht, wie man Interessen ausgleicht und wer aus dem eigenen Topf etwas abgeben soll. Die Föderalismuskommission II setzt sich aus 16 Vertretern des Bundestages und 16 Vertretern der Länder zusammen. Dabei sind die Interessen nicht unbedingt parteipolitisch geleitet. Je nachdem, ob ein Mitglied aus einem Flächen- oder Stadtstaat kommt, ein armes oder reiches Bundesland vertritt, für den Bund oder für ein Land spricht, sucht man sich am Verhandlungstisch Koalitionspartner. "Die entscheidende Frage ist: Wie viel solidarischen Föderalismus braucht das Land und wie viel Wettbewerb verträgt es?", spitzt Angelika Pendzich-von Winter zu. Konsens jedenfalls ist, dass alle Gebietskörperschaften die finanziellen Mittel, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauchen, auch bekommen sollen.
Ehe die 47-jährige Juristin die Sekretariatsleitung übernahm, hat sie in einem anderen von fast unüberwindbaren Interessengegensätzen geprägtem Gebiet gearbeitet und das politische Ringen um Lösungen als Sekretariatsleiterin des Gesundheitausschusses miterlebt. Knackpunkte der Föderalismus-Diskussion sieht sie in der Frage, wie weit sich Bund und Länder in Zukunft verschulden dürfen - und ob oder wieviel Steuerkompetenzen, zum Beispiel bei der Erbschafts- und Einkommensteuer den Ländern zusätzlich eingeräumt werden sollen. "Außerdem es geht darum, ob Bund und finanzstärkere Länder einen Teil der Altschulden übernehmen, was aus Sicht der ärmeren Länder Voraussetzung ist, um einer strikten Schuldenbegrenzung zuzustimmen", ergänzt Risse. Der 53-jährige Jurist war beim Bundesrat zuvor Unterabteilungsleiter für Internationale Beziehungen. Föderalismus aber ist sein Thema: Von 2003 bis 2005 war er bereits Sekretariatsleiter der ersten Föderalismuskommission.
Zum Thema Schuldenbegrenzung, so ist zu erfahren, führt starre Schubladenarithmetik nur begrenzt weiter. Wer ganz Ostdeutschland voreilig in die Kategorie "arm, verschuldet und haushaltpolitisch schwach aufgestellt" stecke, vertue sich. Mecklenburg-Vorpommern - das Land werde gerne als typischer Problemfall heran gezogen - habe gerade einen ausgeglichenen Haushalt vorgelegt. Und andere, von denen man es eigentlich erwarte, tun sich schwer damit, schwarze Zahlen zu schreiben. Das Tauziehen zwischen Bund und Ländern wie auch zwischen den Ländern untereinander habe gerade erst begonnen. "Letztlich", so Penzich-von Winter, "wird es darum gehen: Wie schafft man eine Win-Win-Situation?"