Zentralrat der EX-Muslime
Die Gründer halten den Islam für nicht reformierbar. Provozierungen sind gewollt.
Der "Zentralrat der Ex-Muslime", im Februar 2007 in Köln gegründet, will eine Gegenstimme zu den muslimischen Verbänden in Deutschland sein. "Der Islam ist nicht reformierbar", sagt die Vorsitzende Mina Ahadi - eine nicht nur bei konservativen Muslimen umstrittene These. Von Politik und Gesellschaft fordert sie: Nicht mehr, sondern weniger Toleranz sei nötig.
Als Mina Ahadi zum Gespräch in einem Kölner Café erscheint, ist sie nicht allein: Eine Begleitung ist mitgekommen - eine Sicherheitsmaßnahme, wie sie erklärt. Seit sich der islamkritische Verein im Februar gründete, hat Ahadi mehrfach Morddrohungen erhalten. Wochenlang erhielt sie Polizeischutz. Aus Sicherheitsgründen hat der Verein auch kein Büro. "Das wäre einfach zu gefährlich", sagt Ahadi. Die Exil-Iranerin weiß, wovon sie spricht: Ihr Mann wurde in den 80er-Jahren im Iran hingerichtet, sie selbst als Oppositionelle verfolgt. 1990 floh sie nach Wien, gründete dort 2001 das "Internationale Komitee gegen Steinigung" und in diesem Jahr den Zentralrat der Ex-Muslime.
Wozu diese provozierende Vereinigung? Ahadi sagt: "Wir haben diese provokative Kampagne begonnen, damit wir gehört werden." Wenn die Politik zunehmend auf islamische Verbände wie den "Islamrat" oder den "Zentralrat der Muslime" als Ansprechpartner setze, sei das der falsche Weg: "Ich bin aus Iran geflohen, weil ich dort nicht mehr frei leben konnte. Jetzt bin ich in Deutschland, und ein paar muslimische Organisationen behaupten, sie vertreten mich - meine Gefühle und meine Identität. Ich fühle mich durch diese nicht vertreten."
Ahadi fordert von der Öffentlichkeit und der Politik ein Umdenken: Menschen aus den "so genannten muslimischen Ländern" würden alle in einen Topf geworfen und als Moslems bezeichnet. "Ich behaupte aber, die Mehrheit der Moslems praktizieren nicht", sagt sie. Gerade für Menschen aus Irak, Iran oder auch Afghanistan sei Religion nicht das bezeichnende Merkmal: "Religionszugehörigkeit ist nur ein Teil ihres Lebens. Es ist ein Rückschritt, Menschen im 21. Jahrhundert über ihre Religion zu definieren. Wir sind Menschen, Individuen - nicht Muslime."
Der "Zentralrat der Ex-Muslime" hat bereits mehrere hundert Mitglieder. Unterstützt werden sie unter anderem von der humanistisch orientierten Giordano Bruno-Stiftung. Die Mitglieder, die sich mit der Kampagne "Wir haben abgeschworen!" erstmals zu Wort meldeten, berufen sich auf die Werte und Ziele der Aufklärung: Sie rufen auf zu vernunftgeleitetem Denken, zu Toleranz und zu einer Weltanschauungsfreiheit, die beinhalte, dass man sich "öffentlich wie nichtöffentlich zu religiösen oder nichtreligiösen Anschauungen" bekennen können müsse, wie es auf der Homepage heißt. Doch im Islam sei das nicht möglich, sagt Ahadi - nicht zuletzt mit Verweis auf die Morddrohungen gegen sie selbst.
Deshalb ist für die Frauen- und Menschenrechtlerin, die kürzlich von der britischen National Secular Society als "Secularist of the Year" ausgezeichnet wurde, dringend ein Umdenken nötig: "Die Moslems müssen begreifen, dass sie hier in einem Land leben, das Frauen-, Menschen- und Kinderrechte schützt. Der Staat, die Medien und die Öffentlichkeit müssen ganz klar diese Rechte verteidigen. Hier ist nicht Iran oder Syrien, deshalb darf hier niemand unterdrückt werden - durch ein Kopftuch oder sonst wie."