Moscheen
In Köln und Berlin sorgen Pläne für den Neubau von repräsentativen Gebetshäusern für Diskussionen
Samstagabend in Köln-Ehrenfeld: Es wird langsam dunkel. Kurz vor fünf fahren auf dem Moschee-Gelände an der Venloer Straße Wagen vor. Männer, manche mit, manche ohne Kopfbedeckung, steigen die wenigen maroden Stufen zum Eingang des alten Fabrikgebäudes hinauf, ziehen die Schuhe aus, warten dann knieend im Gebetsraum auf den Ruf des Muezzins. Rund 50 sind heute zum Abendgebet gekommen, freitags sind es immer mehr, und an den höchsten muslimischen Feiertagen kommen bis zu 2.000 Besucher.
Seit über 20 Jahren hat die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) auf dem Gelände eine Moschee - im Hinterhof, in alten Baracken. Nun soll ein neues repräsentatives Gebäude gebaut werden. Ein Prachtbau soll es werden, der größte geplante Moscheebau in Deutschland, vierstöckig, mit einer breiten Glasfront zur Straße, einem Kuppelgebäude und zwei Minarett-Türmen. Seit Monaten streiten die Stadt, Anwohner und Muslime, ob man mitten im Herzen Ehrenfelds eine solche Großmoschee überhaupt will.
Eine merkwürdige Debatte ist das - sind doch das in der Nähe liegende Telekomgebäude und der weithin sichtbare Fernmeldeturm "Colonius" viel höher. Solange man das Gebetshaus nicht sah, interessierte sich scheinbar niemand dafür.
Die Stadt unterstützt den Neubau prinzipiell. Kritik kommt aber von Anwohnern, die sich von den Plänen überrollt sehen. Am lautesten jedoch von dem jüdischen Publizisten Ralph Giordano, der in Köln lebt und sich vehement gegen die Pläne wehrt. Seine These: Es geht in der Debatte überhaupt nicht um die Moschee, sondern um eine Angst vor dem Islam selbst. "Die Quelle des islamistischen Terrors liegt in den Schwierigkeiten der islamischen Gesellschaft bei der Anpassung an die Moderne", schreibt er in einer öffentlichen Erklärung. "Wir müssen lernen, die Dinge beim Namen zu nennen, sowohl was die deutschen Defizite im Verhältnis von Mehrheitsgesellschaft und muslimischer Minderheit betrifft als auch die nicht hinnehmbaren Akte von türkischer Gewaltkultur."
Noch deutlicher werden andere: Im Forum des Kölner Stadtanzeigers schreibt jemand: "Ich will diese Moschee nicht, weder in Ehrenfeld noch sonstwo in dieser Stadt!"
Warum wird die Bürgervereinigung Köln-Ehrenfeld nicht aktiv? Man wolle sich nicht vor den Karren einzelner politischer Gruppierungen spannen lassen, argumentiert der Vorsitzende Johannes Maubach. "Die Meinungen der Mitglieder sind viel zu unterschiedlich und differenziert", sagt er. "Das reicht von persönlicher Betroffenheit bis hin zu Gleichgültigkeit." Auch in Berlin-Heinersdorf, wo derzeit eine Moschee gebaut wird, sind verschiedene Gruppen seit Monaten aktiv. Zum einen die rechte NPD. Zum andere protestieren Anwohner.
Aus rechtlicher Sicht jedenfalls kann man den Gemeinden den Moscheebau nicht verbieten. Und man sollte es auch nicht, wie Muhammad Kalisch von der Universität Münster betont: Muslime dürften nicht schlechter gestellt werden als Angehörige anderer Religionsgemeinschaften. DITIB selbst setzt nun auf Dialog: Im Schaukasten des Vereins hängt eine öffentliche Einladung an Giordano - zu einem Gespräch. Trotz aller Proteste: Baubeginn in Köln soll im Frühjahr 2008 sein.
Die Autorin ist freie Journalistin in Köln.