Zeuge Grabherr: Plurez-Erlass verschärfte Schengen-Regeln
Berlin: (hib/CHE) Die Mitarbeiter der deutschen Auslandsvertretungen seien durch die Erlasse des Auswärtigen Amtes aus den Jahren 1999 bis 2000 nicht von der Pflicht der Prüfung von Visumsanträgen befreit worden. Stephan Grabherr, heutiger Botschaftsrat und früherer Grundsatzreferent für Ausländerrecht in der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes, stellte diese Feststellung in den Mittelpunkt seiner Ausführungen. Im Zentrum seiner Befragung im Visa-Untersuchungsausschuss standen drei Erlasse, mit denen das Auswärtige Amt in den Jahren 1999 bis 2000 die Frage der Visaerteilung neu geregelt hatte. Mit dem so genannten Plurez-Erlass vom 15. Oktober 1999 hätte das so genannte Carnet de Tourist (CdT) des ADAC zwar eine neue, wichtige Bedeutung im Visaverfahren erhalten, betonte Grabherr. Aber erstens bedeutete der Erlass "keine allgemeine Regelung für jede Art von Reiseschutzpässen, sondern war speziell nur auf jene Reiseschutzpässe des ADAC zugeschnitten". Und zweitens, so der Beamte weiter, stellte er "ein Minus zu dem eigentlich möglichen Verfahren des Reiseschutzpassverfahrens im Schengen-Raum dar". Grabherr begründete dies damit, dass der Erlass "die persönliche Vorstellung des Antragstellenden in der Visastelle der jeweiligen Botschaft" ausdrücklich vorsah. Dies sei im damals üblichen Reisebüroverfahren des Schengen-Raumes nicht mehr nötig gewesen. Das Auswärtige Amt habe hierin jedoch einen Mangel erkannt, da das Visumsrecht durch eine fehlende Vorsprache des Antragstellers durchlässig wurde, so Grabherr.
Der Kern des Erlasses sah vor, sagte der Jurist weiter, dass die Auslandsvertretungen bei Vorlage eines CdT auf weitere Unterlagen verzichten konnten, die die Reisekosten oder die Rückkehrbereitschaft des Antragstellers betreffen. Hierin sah der Beamte jedoch keinen Sicherheitsmangel, da die Mitarbeiter durch das Mittel der persönlichen Vorsprache ein geeignetes Instrument zur Prüfung des Antrages in der Hand gehabt hätten. Wenn sie nach der Vorsprache Zweifel oder Hinweise auf Missbrauch entdeckten, waren sie angewiesen, den Visumsantrag abzulehnen. Das sah, nach den Ausführungen Grabherrs, der Erlass ausdrücklich vor. Zum Volmer-Erlass vom März 2000 bemerkte er, dass es sich hierbei nicht "um eine Änderung des Ausländerrechts, son- dern um spezielle Verfahrensänderungen gehandelt hat". Hintergrund des Erlasses sei die Diskussion gewesen, wie viele Zweifel nötig seien, um einen Visumsantrag abzulehnen, so Grabherr. Eine eindeutige Sicherheit gebe es in diesen Fragen nie, sagte der Beamte. "Restzweifel bleiben immer bestehen."
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