Ludewig: Normenkontrollrat macht keine Politik
Berlin: (hib/VOM) Der Vorsitzende des Normenkontrollrats, Johannes Ludewig, hat die Absicht dieses Gremiums unterstrichen, selbst keine Politik zu machen. Aufgabe des achtköpfigen Rates, der am 1. Dezember des vergangenen Jahres seine Arbeit aufgenommen hat, sei es, die Bürokratielasten festzustellen, die mit bestimmten Gesetzen verbunden sind. Ludewig und sein Stellvertreter Wolf-Michael Catenhusen stellten sich am Mittwochvormittag im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie den Fragen der Abgeordneten. Der Normenkontrollrat war im vergangenen Jahr mit Gesetzesbeschluss bei der Bundesregierung eingerichtet worden. Er hat den Auftrag, die ins Kabinett eingebrachten Gesetzentwürfe auf ihre Verwaltungskosten zu überprüfen. Er arbeitet nach holländischem Vorbild und wendet das so genannte Standardkostenmodell an, das nach den Worten Ludewigs die Möglichkeit bietet, Kosten transparent und vergleichbar zu machen. Darüber hinaus zählt es auch zu den Aufgaben des Gremiums, den vorhandenen Gesetzesbestand zu überprüfen. Das Statistische Bundesamt sei dabei, diese Kosten zu messen. Die wichtigsten Ergebnisse würden bis zum Sommer, die übrigen bis zum Jahresende vorliegen. Im Statistischen Bundesamt werde eine Datenbank aufgebaut, in die auch die jeweils betroffenen Verbände Einblick nehmen könnten.
Inzwischen haben die Ministerien nach den Worten Ludewigs die in Gesetzen enthaltenen Informationsverpflichtungen aufgelistet, von denen es etwa 10.000 gebe. Die Bundesregierung hat sich beim Bürokratieabbau das Ziel gesetzt, die Bürokratiekosten bis zum Jahr 2011 um 25 Prozent zu verringern. Während es vergleichbare unabhängige Einrichtungen in Holland, Großbritannien und in Dänemark gebe, fehle etwas Vergleichbares auf der Ebene der Europäischen Union, was Ludewig als "Schönheitsfehler" bezeichnete. Immerhin seien etwa 40 Prozent der deutschen Gesetzgebung durch Vorgaben aus Brüssel determiniert.
Zuletzt hat sich das Gremium intensiv mit dem Regierungsentwurf für die Unternehmensteuerreform 2008 befasst, der am Freitag im Bundestag in erster Lesung beraten wird. Ludewig ging dabei vor allem auf das Vorhaben ein, die geplante Abschaffung der Sofortabschreibung für geringwertige Wirtschaftsgüter im Wert von bis 410 Euro zu streichen, eine Kleinbetragsregelung für Wirtschaftsgüter bis zu 100 Euro einzuführen und einen Sammelposten für Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs- oder Herstellungskosten zwischen 100 und 1.000 Euro mit Abschreibungsmöglichkeiten über fünf Jahre zu schaffen. Im Regierungsentwurf heißt es dazu, diese Änderung gegenüber dem ursprünglichen Referentenentwurf verringere die administrativen Kosten, ohne die Einnahmenseite des Staates zu belasten. Diese Änderung dient der Gegenfinanzierung der Unternehmensteuerreform und soll zu einmaligen Mehreinnahmen von 905 Millionen Euro im Durchschnitt der nächsten fünf Jahre führen. Diesem "Einmaleffekt", so Ludewig, stünden aber jährliche Bürokratiekosten für die betroffenen fünf Millionen Unternehmen in Höhe von 180 Millionen Euro gegenüber. Ludewig sprach hier von einem "Missverhältnis" und bat die Bundesregierung, stattdessen nach Alternativen für die erforderliche Gegenfinanzierung zu suchen. Aus Sicht des Normenkontrollrates mache diese Regelung "keinen Sinn". Durch die Erweiterung des Bereichs der Sammelabschreibung sei ein größerer Teil vor allem kleinerer Unternehmen betroffen. "Je kleiner das Unternehmen, desto größer der Aufwand", sagte Ludewig. Er sprach auch die Akzeptanz dieser Regelung bei den Betroffenen an, die das "so nicht verstehen" würden.
Nach Auskunft des Ratsvorsitzenden sind seit Anfang Dezember 45 von insgesamt 75 Gesetzen vollständig überprüft worden. Die Gesamtentlastung aufgrund der Vorschläge des Normenkontrollrats liege dabei bei 200 Millionen Euro. Ludewig sagte, im Kern gehe es um eine Änderung "unserer Gesetzgebungskultur". Das Kostenbewusstsein in den Ministerien müsse zu einem "automatischen Prozess" werden. Noch sei man aber nicht da, wo man hin müsse.
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