Innenausschuss/
Berlin: (hib/SUK) Der Bundesnachrichtendienst und das Bundesamt
für Verfassungsschutz führen bereits seit zwei Jahren so
genannte Online-Durchsuchungen durch. Darüber informierte ein
Vertreter des Bundeskanzleramts am Mittwochvormittag die
Abgeordneten des Innenausschusses. Der Zugriff auf PC-Festplatten
sei vor dem Hintergrund der Bedrohung durch den internationalen
islamistischen Terrorismus und im Kampf gegen Proliferation ein
"wichtiges geheimdienstliches Einsatzmittel" und spiele auch bei
der Einsatzplanung der Bundeswehr eine Rolle. Der Einsatz dieses
Mittels sei für das Bundesamt für Verfassungsschutz seit
der Änderung einer Dienstvorschrift durch den damaligen
Bundesinnenminister Otto Schily im Juni 2005 möglich. Für
den BND sei der Einsatz im BND-Gesetz geregelt. Ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts vom Januar 2007, wonach für die
Online-Durchsuchungen im Bereich der Strafprozessordnung eine
formalgesetzliche Grundlage gefordert wurde, gelte für den
nachrichtendienstlichen Einsatz nicht, erklärte der Vertreter
des Kanzleramts. Man sehe in dem Vorgehen der Nachrichtendienste
auch keine Eingriffe in die Artikel 10 und 13 des Grundgesetzes
(GG): Da man nur auf Festplatten, aber nicht auf eine laufende
Kommunikation zugreife, werde Artikel 10 (Brief-, Post- und
Fernmeldegeheimnis) nicht berührt. Auch die Unverletzlichkeit
der Wohnung, die Artikel 13 regele, werde nicht berührt, da es
nicht um die Überwachung innerhalb der Wohnung stattfindender
Vorgänge gehe, sondern etwa Laptops auch im Freien benutzt
werden könnten. Während sich die FDP "nicht sonderlich
überrascht" über diese Aussagen zeigte, stellte die Linke
fest, man werde "seit zwei Jahren verarscht" - ein Vorwurf, der vom
Vertreter des Kanzleramts umgehend zurückgewiesen wurde. Die
Liberalen bezweifelten, dass mit den Online-Durchsuchungen nicht
das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt
werde und bat dazu um die Einschätzung des Bundesbeauftragten
für den Datenschutz Peter Schaar. Diese betonte, wenn Computer
von der Durchsuchung betroffen seien, die zum persönlichen
Gebrauch verwendet würden, handele es sich seiner Ansicht nach
um Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung oder sogar um
Eingriffe in den "absolut geschützten Kernbereich". Zudem
würden Computer auch in geschlossenen Räumen ohne
öffentlichen Zugang benutzt - damit sei Artikel 13 GG
berührt. Der Bundesgerichtshof habe eine "normenklare
Rechtsgrundlage" gefordert, die das Verfassungsschutzgesetz nicht
biete. Ohne eine "spezialgesetzliche Regelung", die
Online-Durchsuchungen explizit regele, seien diese Durchsuchungen
auch durch den Verfassungsschutz "unzulässig".
Grundsätzlich seien die Zugriffe auf PC-Festplatten auf zwei
Arten denkbar: Entweder könnte auf dem Computer eine Software
von Anfang an oder nachträglich aufgespielt werden, die neben
den normalen Funktionen auch verdeckte habe - so genannte Trojaner.
Möglich sei außerdem, Programme auf die Computer zu
schleusen. Auch die SPD zeigte sich überrascht, dass in der
Vergangenheit derartige Durchsuchungen bereits mehrfach
durchgeführt wurden. Die Union dagegen bezeichnete die
Durchsuchungen als "notwendiges Instrument, das wir brauchen
werden". Sie regte jedoch an, über eine Neuregelung des
Artikels 13 GG nachzudenken und stellte die Frage, ob nicht der
bisherige Schutzbereich der Wohnung auch Computer umfassen sollte.
Allerdings gelte: Wer auf die Sicherheit des Internets vertraue,
sei "arm dran".
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