Bundesregierung will Kooperation mit islamischer Gemeinschaft verbessern
Berlin: (hib/SUK) Aus Sicht der Bundesregierung ist in den vergangenen Jahren "das Bewusstsein für die bessere Integration der Muslime" gewachsen - dennoch bleibe eine Reihe von Fragen offen. Das schreibt sie in ihrer Antwort ( 16/5033) auf eine Große Anfrage der Grünen ( 16/2085) zum Stand der rechtlichen Gleichstellung des Islam in Deutschland. Man suche daher, so die Regierung weiter, in der Deutschen Islam Konferenz unter Beteiligung der Länder und Kommunen nach Wegen zu "einer weiteren gedeihlichen Kooperation".
In Deutschland leben, so die Antwort der Regierung, rund 3,4 Millionen Muslime, darunter etwa 1 Million mit deutscher Staatsangehörigkeit. Man gehe davon aus, dass nur etwa 10 bis 15 Prozent der Muslime in Deutschland in Vereinigungen wie etwa dem Zentralrat der Muslime, der Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion (DITIB), dem Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland oder dem Verband der Islamischen Kulturzentren (VIKZ) organisiert sind. Es gebe insgesamt etwa 2.600 muslimische Gebetsstätten in Deutschland, 150 davon seien als klassische Moscheen zu bezeichnen. Es werde keine Statistik darüber geführt, wie viele Muslime an islamischen Gottesdiensten teilnehmen - nach Angaben des Zentralinstituts Islam-Archiv-Deutschland Stiftung liege die Zahl der täglichen Moscheegänger bei 200.000 und die der Teilnehmer am wöchentlichen Freitagsgebet bei 493.000. Theoretisch verfüge jede der Moscheen über einen eigenen Imam, also eine Person, die dem gemeinsamen Gebet vorsteht. Während etwa in den Gemeinden der DITIB aus der Türkei entsandte Imame tätig seien und der VIKZ eigene Imame ausbilde, gebe es keine Erkenntnisse über die Imame der arabischen Moscheen.
Auf die Frage der Grünen nach der Zulässigkeit des islamischen Gebetsrufs nach deutschem Recht verweist die Regierung darauf, der Gebetsruf sei als "Betätigung einer Glaubensüberzeugung" durch das Grundgesetz geschützt. Auf religiöse Feiertage wie das Fest des Fastenbrechens und das Opferfest müsse dahingehend Rücksicht genommen werden, dass Schüler an diesen Tagen für die Teilname an "zwingenden religiösen Veranstaltungen" dem Unterricht fernbleiben und Bundesbeamte durch Urlaub, unbezahlten Sonderurlaub oder Dienstbefreiung für geleistete Mehrarbeit vom Dienst freigestellt werden können. Auch die militärischen Vorgesetzten der Bundeswehr seien aufgefordert, "für die religiösen Anliegen der Soldatinnen und Soldaten aufgeschlossen zu sein".
Im Fragenteil zum "Verhältnis zum deutschen Staat" verweist die Bundesregierung darauf, dass das deutsche Verfassungsrecht keine abstrakte "Anerkennung" von Religionsgemeinschaften kenne. Dies würde der im Grundgesetz angelegten Konzeption des Verhältnisses von Staat und Kirchen bzw. Religionsgemeinschaften widersprechen, die auf dem Selbstbestimmungsrecht der Kirchen und Religionsgemeinschaften und deren Unabhängigkeit vom Staat basierten. Es sei daher "nicht richtig", davon zu sprechen, dass islamische oder andere religiöse Gruppierungen vom Staat anerkannt oder nicht anerkannt seien. Auch die Annahme, anerkannt oder rechtlich handlungsfähig seien Religionsgemeinschaften nur, wenn sie die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen, sei "irrig". Die Zuständigkeit für die Verleihung der Körperschaftsrechte liege bei den Ländern, bislang sei aber noch keiner islamischen Organisation der Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt worden. Gefragt nach den Hindernissen, die der Verleihung dieses Status bei islamischen Organisationen und Vereinen in der Vergangenheit entgegen gestanden hätten, führt die Regierung in ihrer Antwort aus, "als problematisch gelten unter anderem die fehlende mitgliedschaftliche Struktur und zum Teil Zweifel an der Verfassungstreue". Die Verfassungsschutzbehörden würden derzeit 28 islamistische Organisationen mit rund 32.000 Mitgliedern beobachten.
Weiter heißt es in der Antwort, die Regierung würde es begrüßen, wenn von muslimischer Seite auf der Ebene des Bundes und der Länder "repräsentative Vertretungen" gebildet würden, die als Ansprechpartner in den Angelegenheiten auftreten könnten, bei denen ein Zusammenwirken zwischen staatlichen Stellen und Religionsgemeinschaften entweder verfassungsrechtlich geboten sei oder sonst im gemeinsamen Interesse liege. Man sehe die Schwierigkeit, dass die in Deutschland lebenden Muslime nur in geringem Maße organisiert seien und die auf überregionaler Ebene tätigen islamischen Organisationen nur "eine Minderheit der Menschen muslimischen Glaubens in Deutschland" repräsentierten. Mit der Deutschen Islam Konferenz habe die Bundesregierung einen in Europa einmaligen Prozess eingeleitet, um zu einer Kooperation mit der islamischen Gemeinschaft zu finden.
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