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Renate Gradistanac
Mitglied des Deutschen Bundestages
SPD
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20. September 2006

Nein zum Libanon-Einsatz

Persönliche Erklärung von Renate Gradistanac

Renate Gradistanac hat am gestrigen Mittwoch im Deutschen Bundestag in namentlicher Abstimmung dem Einsatz der Bundeswehr im Libanon nicht zugestimmt. Dazu gibt die SPD-Bundestagsabgeordnete zusammen mit weiteren Mitgliedern der SPD-Bundestagsfraktion folgende persönliche Erklärung ab:

„Nach 34 Tagen Krieg im Nahen Osten und begleitet von den schrecklichen Bildern über die Folgen der Angriffe im israelisch-libanesischen Grenzgebiet und in Beirut war die internationale Völkergemeinschaft sehr erleichtert, dass die Waffen an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon wieder schwiegen. Dauerhafter Friede und humanitäre Hilfe für den Nahen Osten sind Anliegen, die jede Bürgerin und jeder Bürger in Deutschland teilt. Die intensiven Vermittlungsbemühungen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier haben in Deutschland wie in der übrigen Welt zu recht große Anerkennung gefunden. Sie standen und stehen im Kontext der bisherigen deutschen Außenpolitik, die sich eine hohe Reputation sowohl in Israel als auch den arabischen Staaten erworben hat. Diese Reputation der Bundesrepublik beruht darauf, dass die deutsche Außenpolitik im Nahen Osten kontinuierlich auf zuverlässige humanitäre Hilfe und diplomatische Initiativen gesetzt hat.

Die große Erleichterung um den nach langen und schwierigen Verhandlungen erreichten Waffenstillstand an der israelisch-libanesischen Grenze mag zunächst erklären, warum, auch in Deutschland, sehr schnell der Gedanke auftrat, diesen Waffenstillstand zusätzlich mit militärischen Mitteln sichern zu wollen.

Dieser Impuls unterstellt, Deutschland könnte sich „wie jede andere Nation“ im Nahen Osten mit einem deutschen militärischen Beitrag engagieren. Wie wenig Deutschland jedoch in der vermeintlichen „Normalität“ der Völkergemeinschaft angekommen ist und wir dies selbst angesichts unserer Geschichte zu recht auch nicht so empfinden, hat bereits die dazu geführte Diskussion über die Ausgestaltung eines deutschen militärischen Engagements zur Sicherung dieses Waffenstillstandes gezeigt.

Die Bundesregierung versucht dem historischen Hintergrund Deutschlands dadurch Rechnung zu tragen, dass man den Einsatz von Bodentruppen ablehnt. Allein mit einem „robusten“ Engagement der Bundesmarine soll ein, gleichwohl ein wesentlicher, Beitrag erbracht werden. Auch die Bundesregierung geht davon aus, dass Deutschland aus guten Gründen im Nahen Osten keinen militärischen Beitrag erbringen kann, „wie es andere Nationen“ vermögen. Aber wird es Deutschland auch gelingen können, sich darauf dauerhaft berufen zu können?

Die voraussichtliche Zeitdauer des Mandates ist dabei ein Indikator, warum die darauf gegründete Differenzierung dauerhaft nicht gelingen kann. Denn das Mandat wird länger dauern müssen, als es der Antrag der Bundesregierung dafür derzeit vorsieht.

Dafür wiederum spricht bereits die Geschichte der Konflikte im Nahen Osten, deren Ursachen weit über das Jahr 1948 hinausgehen. Schon damit gerät der Umfang der Maßnahme, wie sie jetzt beschlossen werden soll, „auf eine schiefe Ebene“. Die bisherigen zahlreichen Todesopfer der zurückliegenden UNIFIL-Mission im Libanon sind der zweite Grund für meine Skepsis.

Wenn, wie man deswegen leider nicht ausschließen kann, die anderen Nationen im Rahmen der im August beschlossenen UNIFIL-Mission Todesopfer bei ihren Bodentruppen zu beklagen haben werden, wird Deutschland mit zunehmendem Zeitablauf nicht mehr vermitteln können, warum es nicht mit gleichem Risiko wie die anderen Nationen beteiligt ist. Das, was aus guten Gründen vermieden werden sollte, wird uns dann einholen können.

Gegen einen deutschen militärischen Beitrag sprechen zudem die sehr unterschiedlichen Erwartungen, die die Israelis einerseits, die arabischen Länder andererseits damit verbinden. Das kann schnell dazu führen, dass wir bei negativen Entwicklungen keinen konstruktiven Beitrag zur Friedenssicherung in der Region mehr leisten können.

Dies gilt umso mehr, wenn wir den Nahen und den Mittleren Osten in der Dimension eines gemeinsamen „größeren Magnetfeldes“ betrachten. Eine deutsche Beteiligung an einem militärischen Einsatz im Nahen Osten, wie sie die Bundesregierung vorsieht, halte ich daher für nicht zielführend. Aus diesen Gründen kann ich dem Antrag der Bundesregierung nicht zustimmen.“