Rede im
Deutschen Bundestag am 9. November 2007
Top 20
Antrag LINKE
„Finanzierung von Frauenhäusern bundeseinheitlich
sicherstellen und losgelöst vom SGB II
regeln“
Frau
Präsidentin,
meine sehr
verehrten Damen und Herren,
Frauenhäuser sind Schutzhäuser für Frauen und
ihre Kinder. Sie schützen Frauen, die Gewalt erfahren haben
und Frauen, die vor einer Gewaltandrohung Schutz suchen. Ich selbst
habe vor 15 Jahren ein Frauenhaus im Schwarzwald gegründet und
war Vorsitzende. Der Bedarf an Frauenhausplätzen ist trotz des
Platzverweises nach dem Gewaltschutzgesetz unvermindert hoch. Sie
sind eine zentrale und notwendige Anlaufstelle für von Gewalt
betroffenen Frauen und ihre Kinder. Solange es Gewalt gegen Frauen
gibt, werden wir unsere Frauenhäuser brauchen.
In Deutschland
gibt es etwa 400 Frauenhäuser, in denen jährlich mehr als
40.000 Frauen Schutz suchen. 5.722 Frauen und Kinder haben im Jahr
2003 in den 41 Frauenhäusern in Baden-Württemberg um
Schutz nachgesucht. Nicht nur in Baden-Württemberg sind die
Frauenhäuser in unterschiedlicher Trägerschaft
organisiert und nicht nur in Baden-Württemberg ist ihre
Finanzierung landesweit sehr uneinheitlich. So sind auch die
Tagessätze unterschiedlich hoch. In der Entstehungsgeschichte
und dem Selbstverständnis der Frauenhäuser liegt ein
Grund für die uneinheitliche Finanzierungsstruktur.
Uneinheitlich ist die Finanzierung bundesweit aber vor allem
deshalb, weil die Verantwortung für die Finanzierung bei den
Ländern und Kommunen liegt. Die Länder und Kommunen sind
gefordert, die Frauenhäuser finanziell sicher zu stellen,
anstatt sie durch Kürzungen zu
beeinträchtigen.
Nicht nur in
Baden-Württemberg werden die Landeszuschüsse für
Frauenhäuser seit Jahren kontinuierlich gekürzt. Zudem
ist in den Ländern leider auch ein zunehmender Ausstieg aus
der institutionellen Förderung der Frauenhäuser und ein
Umstieg auf eine pauschalierte Finanzierung nach Tagessätzen
feststellbar. Dies hat gravierende Auswirkungen auf die
Frauenhäuser. Die Kosten für Beratung, Unterkunft und
Sachkosten werden dadurch von der Belegung der Plätze
abhängig. Es gibt keine Planungssicherheit mehr und es gibt
darum kaum mehr Mittel für die präventive und
nachsorgende Arbeit. Ich bin der Meinung, dass die
Frauenhausfinanzierung für die Länder und Kommunen zur
Pflichtaufgabe werden muss. Alle unsere Frauenhäuser brauchen
eine Finanzierungsstruktur, die ihnen Planungssicherheit gibt. In
den Bundesländern sind diese Defizite hinreichend bekannt. Im
Übrigen sind die Länder und Kommunen auch für die
Beratungsstellen für Frauen zuständig, die leider
zunehmend abgebaut werden. Für eine bundeseinheitliche
Regelung käme ein abgestimmtes Vorgehen der Länder auf
der Grundlage einer Vereinbarung in Betracht. Auch wenn alternativ
eine bundesgesetzliche Regelung initiiert würde, bedürfte
diese der Zustimmung der Bundesländer. Bisher haben sich die
Länder aber überwiegend gegen eine bundeseinheitliche
Regelung ausgesprochen. Dagegen waren in der Vergangenheit im
Übrigen auch der Teil der Frauenhäuser, die dadurch eine
Verschlechterung ihrer Finanzierungsstruktur erwartet
haben.
Ich bin froh,
dass die Unklarheiten der Kostenerstattung für Bezieherinnen
von Arbeitslosengeld II im Jahr 2005 im Sinne der Frauenhäuser
geregelt wurden. Der kommunale Träger am Herkunftsort eines
Gewaltopfers hat die Kostenerstattung für die Zeit des
Aufenthalts im Frauenhaus zu übernehmen. So wird eine
einseitige Kostenbelastung derjenigen kommunalen Träger, die
ein Frauenhaus unterhalten, nach dem SGB II vermieden. Damit haben
wir das für die Frauen unzumutbare Hin und Her zwischen den
betroffenen kommunalen Trägern beendet.
Nach dem
ersten Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen
stehen wir vor der Umsetzung des zweiten Aktionsplans, der am 12.
Oktober in den Bundestag eingebracht wurde. Ich bin froh, dass bei
der Evaluation der Umsetzung des SGB II auch die Gruppe der von
Gewalt betroffenen Frauen Berücksichtigung finden wird. Das
Forschungsprojekt soll auch Handlungsempfehlungen zur Beseitigung
möglicher Defizite geben.
Mit den beiden
Aktionsplänen zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, dem
Gewaltschutzgesetz und dem Gesetz gegen Stalking hat der Bund in
den letzten Jahren viel für die Opfer von häuslicher
Gewalt getan. Der Bund entlastet die Länder und Kommunen durch
die Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Die
Länder müssen diese Entlastung nicht nur an die Kommunen
weitergeben, sondern gemeinsam müssen sie diese Entlastung
unter anderem auch zur Sicherung und Unterstützung der
Frauenhäuser einsetzen.
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