29. Januar
2007
Die Gastgeber
Renate Gradistanac MdB und Handwerkspräsident Joachim
Möhrle mit Vizekanzler Franz Müntefering.
Vizekanzler
Franz Müntefering, Renate Gradistanac MdB,
Handwerkspräsident Joachim Möhrle, Christian Lange MdB,
SPD-Landesgruppenchef und handwerkspolitischer Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion.
Europa soll
zur Wohlfahrtsregion werden
Vizekanzler
Müntefering spricht vor 700 Zuhörern in
Freudenstadt
Freudenstadt.
Chancen für neue Arbeitsplätze sieht Franz
Müntefering, Bundesminister für Arbeit und Soziales
(SPD), in erster Linie bei den kleinen und mittleren Unternehmen.
Diese wolle die Koalitionsregierung „mit vernünftiger
Steuerpolitik und kluger Förderpolitik stärken“, um
neue Investitionen auszulösen.
Der
Vizekanzler war vor 700 Zuhörern Festredner bei einem
Neujahrsempfang, zu dem die Bundestagsabgeordnete Renate
Gradistanac (Wahlkreis Calw/Freudenstadt) und der
baden-württembergische Handwerkspräsident Joachim
Möhrle nach Freudenstadt eingeladen hatten.
Die
Zuhörer waren offensichtlich angetan von der gemeinsamen
Veranstaltung einer SPD-Politikerin und einem
Handwerks-Repräsentanten der CDU. „Hier wächst
zusammen, was zusammen gehört“, kommentierte mit einem
Augenzwinkern Christian Lange, Landesgruppenchef und
handwerkspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Die
Zuhörer bestätigten dies mit demonstrativem Beifall.
„Renate Gradistanac kämpft für die Region und ist
bereit, Grenzen zu überwinden“, anerkannte
Lange.
Die
Abgeordnete gab das Lob an ihren Co-Veranstalter weiter und betonte
den Mut des „schwarzen“ Handwerkspräsidenten, sich
einen „roten“ Bundesminister zu einem Neujahrsempfang
ins eigene Autohaus zu holen. Renate Gradistanac rief zu mehr
Zuversicht auf: „Lassen Sie uns nicht über Probleme
jammern, sondern von Herausforderungen sprechen.“
Der
Handwerkspräsident hielt sich mit schwarz-roten
Farbenspielereien nicht auf. Miteinander zu reden sei die
Qualität einer Demokratie, und die Qualität eines
Menschen hänge nicht von seinen politischen Ansichten ab.
Joachim Möhrle: „Es gibt keine rote oder schwarze
Handwerkspolitik, nur eine richtige.“
Für das
Handwerk hatte Franz Müntefering ein Bonbon mitgebracht. Die
Bundesregierung arbeite an der Weiterführung des
Fördeprogramms mit den Ländern zur energetischen
Sanierung aller öffentlichen Gebäude. Müntefering:
„Das amortisiert sich, bringt Arbeitsplätze und
stärkt das örtliche Handwerk.“
Franz
Müntefering sah die Nation „ökonomisch,
ökologisch und sozial auf einem guten Weg aus der
Negativspirale heraus zu kommen“. Die Entwicklung eines
friedlichen Europas erachtete er als das größte
historische Ereignis der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts,
gleichzeitig als die richtige Antwort auf die Globalisierung.
„Wir müssen Europa zu einer Wohlstandsregion
machen.“
Es könne
nicht sein, dass Geld allein die Welt regiere, dass durch reines
Profitstreben kleine Firmen zerschlagen würden, dass eine
globalisierte Finanzindustrie Politik ohne Rücksicht auf
Arbeitsplätze betreibe. Darauf werde die Bundesregierung
Antworten geben mit einer „transparenten,
sozialverträglichen Weiterentwicklung“.
Die
Gesundheitsreform erachtete Müntefering als besser als sie von
Kritikern dargestellt werde, „aber nicht so gut, wie wir uns
das gewünscht haben“. Als wichtigste Reformziele bleibe
zu vermerken: Künftig seien alle Bürger versichert, die
Möglichkeit zur Wahl der Krankenkasse bleibe erhalten, und der
Staat werde immer mehr Steuermittel in das Gesundheitswesen
stecken.
Die
demografische Entwicklung, nach der im Jahr 2025 auf jeden
Beschäftigten statistisch 1,9 Rentner kommen (heute ist das
Verhältnis 1 zu 3,2), verlange von der Politik, sich der
Wahrheit zu stellen. Die Erhöhung des Rentenalters auf 67
Jahre sei ein Mittel dagegen. Der Staat wolle die private
Altersversorgung unterstützen und die Humanisierung der
Arbeitsplätze fördern. Müntefering: „Mit 21
Jahren in den Beruf rein und mit 61 Jahren aus dem Beruf raus, das
können wir uns nicht leisten.“ Entscheidend für die
Zukunft sei jedoch das, „was wir in Köpfe und Herzen
junger Menschen investieren“.
Im
Rückblick auf den Jahreswechsel ordnete der Vizekanzler das
Jahr 2006 als „ordentliches Jahr für Wirtschaft, Politik
und Gesellschaft“ ein. Es sei gelungen, die Arbeitslosigkeit
zu senken, die Wachstumsprognosen zu übertreffen und neue
Stabilität in den sozialen Sicherungssystemen zu gewinnen.
2006, so Müntefering gebe Grund zu Optimismus: „Es hat
uns gezeigt, welches Potenzial in den Deutschen
steckt.“
Nachdrücklich würdigte Franz Müntefering das
ehrenamtliche Engagement von Menschen in Vereinen, Organisationen
und in der Kommunalpolitik: „Junge Leute, die sich als
Übungsleiter im Sportverein einbringen, tun mehr als wir
Politiker in Sonntagsreden tun.“ Denn, so der Vizekanzler:
„Es gibt in Deutschland immer noch zu viele, die auf der
Tribüne sitzen, nur zuschauen und sich das Maul
zerreißen.“
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