9. April
2008
Obacht,
Glosse!
Gradistanac, Ministerin ohne
Geschäftsbereich
Vielleicht sind
in der Politik diejenigen am besten dran, die nichts werden wollen
oder müssen, weil sie bereits etwas sind. Sie tragen es mit
Gleichmut, wenn man sie wider ihren Willen zu etwas macht oder
ernennt. Renate Gradistanac, innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion
jeweils stellvertretende Sprecherin für die Ressorts Tourismus
sowie Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ist zur Ministerin ohne
Geschäftsbereich befördert worden. Die Betreiber des
Hotels am Kurpark in Bad Herrenalb haben die Bundestagsabgeordnete
in einer Einladung so tituliert. Gradistanac hat dies amüsiert
zur Kenntnis genommen, eine Teilnahme aus Termingründen
abgesagt und auf eine Richtigstellung verzichtet. „Ich hab
nicht gezählt, wie oft ich schon als Ministerin und Mitglied
der Bundesregierung eingeladen wurde“, sagte sie.
Indessen sei
allen, die bequem zu einem Titel kommen wollen, Alexander von
Keschwitz' Lebenskünstler-Kompendium empfohlen, worin es unter
anderem heißt: „Nach Ihrem Titelkauf lancieren Sie eine
Mitteilung in der Lokalpresse, aus der sich ergibt, dass Ihnen z.B.
ein Ehrendoktor verliehen wurde. Wenn Sie den Artikel selbst unter
diskretem Pseudonym verfassen, ein Foto von Ihnen mit
Verleihungsurkunde in der Hand beilegen und beides der Redaktion
nach Redaktionsschluss in den Briefkasten schieben, übernimmt
der Redakteur das Material in der Regel ungeprüft. Er ist
froh, etwas zu drucken, das nichts mit dem
Kaninchenzüchterverein zu tun hat. Nun weiß jeder: Sie
sind ein Doktor. Stand schwarz auf weiß in der Zeitung. Wen
interessiert die Nostrifizierung? Den Artikel fügen Sie Ihren
Bewerbungsunterlagen oder Ihrer PR-Mappe bei und hängen ihn
gerahmt ins Büro.“
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